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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Rudolf Jordan: geb. in Berlin 4. Mai 1810 - gest. in Düsseldorf 26. März 1887
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0311

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ll. Iahrgang. tzefl 16

15. Mai )5§7



—rM Kerclusgegeberr von Ivieöuich 'Decht

„Tie Kunst fiir Alle" cricheint in haibmoimtlicheil Hestcu vou !>/-—2 Bogcu rcich illustricrteu Tcxtcs uud ca. 4 Biidcrbcilagcu in Uiuichlag. Abouucinentspreis iin
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Rudols Iordan
geb. iu Berli» Blui s8lO, t in Düsseldorf 26. März s887
vom Lerausgeber

diesem Meister verlor die Düsseldorfer Schule deu eigentlichen Begründer ihrer realistischen Sitten-
bildmalerei. Denn was vor ihm dort nach dieser Seite hin von Lessing, Schröter, Hasenclever u. a.
geschaffen ward, gehörte noch wesentlich der romantischen Richtung an. Es ist aber für den in Berlin von
jeher einheimisch gewesenen Geist ganz bezeichnend, daß alle unsere großen norddentschen Realisten von dort
ausgegangen, oder doch mit der spezifischen Art von Spree-Athen gründlich getränkt gewesen sind, Chodowiecki
wie Menzel, Krüger, Ed. Meyerheim und Jordan, oder neuerdings Fritz Werner, Gentz, Skarbina, Gussow
und nicht am wenigsten selbst A. v. Werner. Wer wollte nnn also bestreiten, daß das sein Recht in der
Knnst längst bewiesen, ja unter Umständen zu den eigenartigsten nnd glänzendsten neuen Ergebnissen geführt
habe? — Wenn wir heute in Deutschland eine wirklich nationale Kunst besitzen, so hat offenbar Berlin einen
nicht geringen Anteil an der Entwicklung derselben, ja man könnte fragen, ob er nicht größer sei, als der all'
unserer anderen Residenzen.
Davon, daß er ein echter Berliner ist, gab nnn unser Jordan, der erst Stallmeister werden sollte
und dann auf Wachs Veranlassung zur Malerei übertrat, gleich bei seinem ersten Auftreten ein höchst lustiges
Beispiel. Als er nämlich in dessen antikisierender Schule einen Pegasus malen sollte, welchen Nymphen mit
Nektar tränken, brachte er statt dessen einen alten lahmen Schimmel, dem zwei Pferdeknechte zn saufen geben.
Da ward er von dem tief empörten Meister hohen Stils fortgejagt. Denn schon damals wie heute gab es
in Berlin immer eine auf hohen Stelzen gehende akademische Knnst, die Hellas und Rom nie verließ und mit
tiefster Verachtung auf die nationale und volkstümliche herabsah, welche mit ihrer Theatergarderobe von
olympischen Göttern und Helden nichts anzufangen wußte.
Jordan trat nun zuerst bei den Neufchateller Jägern ein, bei denen damals alle verlorenen Berliner
Kinder ihr Dienstjahr abmachten. Eine Reise nach Rügen, t829, brachte ihn dann auf die für ihn allein
passende Bahn einer unmittelbaren Wiedergabe des wirklichen Lebens. Trotz jenes ersten lustigen Anlanfs
ward die nächste Frucht indes eine sehr ernsthafte. Er malte nämlich einen alten Fischer und sein Weib, die
zum Fenster entsetzt aufs rasende Meer hinausschauen, wo wohl der Sohn ums Leben ringt, während sein
Kind neben ihnen auf dem Boden spielt. Das war eine ebenso ergreifende, als hochpoetische Auffassung
einfach menschlicher Verhältnisse, die durch ihre schlichte Wahrheit nnr um so packender wirkte. Zugleich war
es aber auch der erste Schritt aus einer konventionellen Fabelwelt in die wirkliche. — Der Künstler verlegte
jetzt, um 1832, seinen Wohnsitz nach Düsseldorf, wo man sür seine Bestrebungen immer noch eher Verständnis
hatte, als in dem durch den herrschenden nngesunden Klassizismus um alle Empfindung fürs Natürliche
gekommenen damaligen Berlin. Bald darauf besuchte er Helgoland, dessen Bevölkerung ihm nun ein unerschöpf-
liches Material bot. Er brachte von dort zunächst die Studien zu jenem schon 1834 so berühmt gewordenen
„Heiratsantrag auf Helgoland" mit, dessen derber Seemanns-Humor, nach dem vielen gemalten Süß-
wasser jener Zeit, unermeßlichen Beifall fand und seinen Ruf in ganz Deutschland verbreitete. Man atmete
in der That förmlich auf, endlich einmal glanbwürdige Menschen von unserem Fleisch und Blnt nnd nicht blos
r>>- Uunft für rlll- II. Lt
 
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