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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Aus Rom
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Pecht, Friedrich: Die kunsthistorische Sammlung Eulemann in Hannover
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunst-Literatur und vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0382

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Aus Rom — Sammlung Lulemann in Hannover — personal- uud Ateliernachrichten

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empfunden und die Körper ebenso kräftig als kühn modelliert,
komint in beiden der Affekt in Gefahr und Tod zur packenden
Geltung. Mau frage uur nicht wofiir? Denn die beiden könnlen
eben so gut gemeiue Wegelagerer sein oder sich gegen solche zu
verteidigen haben. Der Adel der Linien wie der Aufsassung fehlt
aufs beklagenswerteste.
Jn einem drittel Lebensgröße ausgefiihrt, veranlaßte mich
der vortreffliche Brvnzeguß dieser Gruppe zu einem Besuche der
hiesigen Erzgießerei, welche der Röiner Nelli vou kleinen Anfängen
ins Große erweitert, seit etwa zehn Jahren mit ebensoviel Umsicht
als Geschick betreibt. — Über hundert Arbeiter sind das ganze
Jahr bei Nelli beschäftigt: denn mit dem gleichzeiligen Gnße vvn
Kolossal-Statuen geht daS Formen vou antiken und modernen
Statuen und Statuetten, Ornameiiten nnd zierlichen Luxusgegen-
ständen, wie Vasen, Leuchter, Ampeln bequem Hand ni Hand.
Daneben wird auch in Eisen gegossen, wie die eleganten Gitter
nnd Thore, die fiir den Quirinal in Arbeit sind; kurzum es
herrscht da eine rastlose, verständige Thätigkeit, der man, vollends
im energielosen Rom, seine Aiierkemiung um so riickhaltloser zollen
mnß, als sie hier den Kniistlern aller Nationen zugute kommt.
Welch' ein Borteil siir diese, der kostspieligen und gefährlichen
Fahrt ihrer Gipsmodelle iiber die Alpen enthoben zn sein! Des-
halb sieht man im Saale der Modelle in Nellis Gießerei anßer
den Einheimischen bereits eine ?lnzahl ausländischer Namen, die
meisten von ainerikanischem Klange, vertreten. Unser berühmter
Landsmann Sommer scheint uns darunter so ziemlich der einzige
Deutsche. Wie mit der Nationalität, steht er mit seinen Arbeiten
in diesem Wirrsaal von Gestalten vornehm gesondert und fordert
durch seine geniale Erfindungsgabe, die gerade mit jenem feinen
Stilgefiihle verbunden ist, dessen Mangel an den heutigen Jtalienern
sich so kläglich zeigt, znr freudigsten?lnerkeiinung heraus. — Doch
von ihm ein andermal. — Unversehens bin ich von den Toten zu
den Lebendigen gekommeii. Jedem das Seine!

Die Lunsthistorische Sammlung Lulemann
in Dannover
^u den hervorragendsten Kunstsanimluiigen der Stadt Hannover
gehört die von deni verstorbeneii Senator Culeinann
hinterlassene Sanimlung kunsthistorischer Altertümer. Glücklicher-
weise ist es gelnngen, dieselben am Orte zu behalten, indeni es
der Stadtvertretung durch eine staatliche Beihülfe von 300,000 Mk.
ermöglicht wurde, den reichen Nachlaß für 600,000 Mark in
städtischen Besitz zu bringen. Alle Abteilungen der Sammlung,
erste Drucke, mittelalterliche Gemälde, Kupfersiiche, Sknlpturen,
Kunstwerke kirchlicher Ornamciitik in Silber, Emaille, Elfenbein
und Holz, bischöfliche Ornamente, Münzen: sie alle enthalten
eine große Zahl hochbedentender Unica. Die thatsächliche Bedeu-
tung der Sanimlung und ihr praktischer Nutzen wird sich aber erst
ergeben, weiin sie mit der Kestnerschen im Kestnerninseum zn-
samnien Tlufnahme gefunden haben wird. Der Bau dieses
Mnsenms ist durch die großartige Schenkung des Rentier
Herniann Kestner (eines Enkels der als Goethes Lotte be-
kannten Frau) ermöglicht worden. Er übertrug der Stadt seine
reichen Sammlungen, enthalteiid ägiiptische, griechische, etrurische
und rvmische Allertümer mit Einschlnß von Münzen, iowie Vasen;
neue Knnstgegenstttiide, Olgemälde, Majoliken, eineKiipferstichsamm-
lung von etwa 8000 Blatt, eine Saminliing von Haiidzeichiinngen,
Miinzen und Medaillen, eine Bibliothek von über 10,000 Bänden,
darunter eine reichhaltige Sammlung von Volksliedern aller
Nationen. Zuni Bau des Mnseums, das nicht nur Naum für
die Kestnersche Sammlung, sondern anch für späiere Erwerbungen
haben soll, gewährte Kestner anßerdem eine Beihülfe von 100,000
Mark. Gewiß wird das Kestner-Nlnseum einschließlich der dann
leichter zugänglichen Cnlemaniisaiiimluiig, sür die Stadt ein nener
Anziehungspunkt in ihrer Kunstbedeiitniig sein, auch werden die
reichen Schätze als knnstgewerbliche Vorbilder ihren lünternden
und bildenden Einfluß auf die Thätigkeit der Knnsthandwerker
auszuüben verniögen.
Eine Veröfsentlichung eines kleinen Teiles der Sammlnng
Ciilemann in geschlossener Folge sNepräsentanten aus allen
Jahrhundertenfortschreitendjveranstaltete durch eine photographische
Ausgabe die Kunsthandlung von Th. Schulze in Hannover.
_ k.

Personal- nnd Kteliernnchrichten
ßj F. von Defregger hat soeben ein neues figuren-
reicheS Genrebild vollendct. Zwei junge Maler benützen die
Soinnierferien dcr Akademie zur „Ersten Studienreise" — das ist
der Titel des Bildes — und plaudern vor einem tirolischen
Banernhnuse mit drei schmucken Tvchtern der Berge. Zwei
jüngere Mädchen, eine alte Bauersirau und der die Malutensilien
tragende Bauernbursche bilden die Nebenfiguren. Jn Farbe und
in Charakteristik ist das Bild eine der besten Leistungen Defreggers :
die Gegensätze des nvrddeutschen Wesens der jungen Künstler und
der Naturfrische der Tirolermadl gelangen sicher nnd mit vielem
Huiiwr zum Ansdrnck. Um das Original bewirbt sich die Karls-
ruher Galerie.
jß Fr. Gurlitt in Berlin wurde zuin Hofkunsthändler
der Kaiserin ernaniit. Es sind jetzt sieben Jahre verflossen, seit
Fr. Gnrlitt in Berlin einen Kunstsalon eröffnete. Bald genug
hat das Berliner knnstsinnige Publikum zn bemerken Gelegenheit
gehabt, daß Herr Gurlitt nicht blos Kunstkaufmann, sondern auch
Kuiistfreuiid ist und die Herren Böcklin, Uhde, Skarbina ic. haben
allen Grund, für die verständnisvolle Förderung ihrer exklusiven
Kunstrichtnng Herrn Gurlitt dankbar zu sein. Wenn er voriges
Jahr den ehrenvollen Auftrag vom Minister erhislt, sür die
Berliner Ansstellung bei ausländischen Künstlern Propaganda zu
niachcn, wenn jetzt die obenerwähnte Auszeichnung seitens des
Berliner Hofes ihm zu teil ward, so kann die Red. d. Bl. diese
Fakta nur als eine gerechte Würdigung der Verdienste jenes
Mannes uin Hebung des Kunstinteresses in Berlin bezeichnen.
— Am 4. Jnni wnrde die kirchliche Trauung Franz von
Lenbachs mit seiner jungen Frau in der Salvatorkirche zu
Breslau vollzogen. Der Zeremonie wohnten u. a. auch der greise
Generalfeldmarschall Graf Moltke und Graf Perpcncher, der
Oberhofinarschall Sr. Majestät des Kaisers, bei. Den Toast aus
das junge Ehepaar brachte der „große Schweiger" Graf Moltke,
aus.
L. 'iV. Venedig, 13. Juni 1887. Tief erschüttert ward
Benedigs Künstlerschaft durch den jähen Tod des Giacomo
Favretto. Seineuniverselle Bedentung als erster Maler Venedigs
ist längst anerkannt. Man stritt sich in letzter Zeit um seine
Werke. Hochgeehrt nach jeder Richtung blieb er, ininitten seiner
sich stets steigernden Trinmphe immer derselbe einfache, anspruchslose,
gute Mensch, ein treuer Sohn nnd Bruder. 1849 geboren von
armen Eltern, war seine kurze Lausbahn gleich von Ansang an
von der Sonne des Glückes, der wohlverdienten Erfolge beschienen.
Ein raschverlaufendes hitziges Fieber setzte gestern seinem rastlosen
Streben ein frühzeitiges Ziel. Der Tod erfolgte um 11 Uhr den 12.
Juni. Reich mit Blnmen sind seine 3 schönen, farbensreudigen
Bilder auf der dlusstellung geschmückt worden. Morgen wird
sein glänzendes Leichenbegängnis von Seiten der Stadt in S. Marco
gefeiert werden. Die italienische Kunst hat einen großen Verlust
zn beklagen.
— Berlin. Zu Juroren sür die diesjährige akademische
Kunst-Ausstelluiig im Landes-Ausstellungs-Palast wnrden vom
Verein Berliner Knnstler die Maler Koner und Salzmann
nnd die Bildhauer Hundrieser und Kafssack erwählt.
— Jn der letzten Jnternationalen Knnstansstellung
zu München vom I. 1883 erweckte daS Gipsmodell eines
Brunnens von Otto König in Wien das Jnteresse der Königin
Olga von Württemberg in so hohem Grade, daß sie den Künstler
mir der Anssührung des BrunnenS für den Königsplatz vor dem
königl. Palais in Stuttgart beauflragte. Derselbe hat jetzt
das Tonmodell für den Bronzeguß vollendet. Die Hauptfigur
des Brunnens stellt eine jngendlich schöne Mutter dar, die ihr
Knäblein über das Waschbecken stellt und sich rüstet, das
heflig remonstrierende Söhnchen aus einem Schwamm mit Wasser
zu bespritzen.
— An die Stelle des verstorbenen Proi. Henzen in Nom
soll — nach einer Mitteilnng der Nat.-Ztg. — der Sekretär deS
archäologischen Jnstituts in Athen, Prosessor Petersen, treten.
— LandschaftSmaler Lud wig Marak ist nach Mitteilung
der Allg. Kunstchronik als Professor an die Akademie nach Prag
berufen worden.
vm Wenig länger als drei Monate nach dem Heimgange
A. v. Wil les ist ihm in Düsseldorf ein zweiter liebevoller Schil-
derer der rheinischen Romantik in den Tod gefolgt: Kaspar
Scheuren, allbekannt und beliebt dnrch seine gemüt- und poesie-
vollen, durch tiefe Harmonie und liebenswürdig-melancholische
Stimmung ausgezeichnelen Landschaften, ist am 12. Juni im
Z8'
 
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