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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Ferdinand von Miller: geb. 18. Okt. 1813 - gest. 11. Febr. 1887 ; ein Nekrolog
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Pecht, Friedrich: Unsere Bilder, [16]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0226

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172

Ferd. v. Mller

Unsere Bilder

Serdinand von Niller,
geb. ;8. Gkt. 1815, f d. ii. Lebr. 1887.
Lin Nekrolog von Kr. ^echt
die kräftigsten Charaktere, die ursprünglichsten Be-
gabungen der Nation imnier wieder aus dem dunkeln
Schoße der Masse zuwachsen, dafür ist der eben dahin-
geschiedene bcrühmte Erzgießer o. Miller neben Makart
nnd Defregger bei uns das glänzendste Beispiel. Jn ihm,
der kaum je ordentlichen Schulunterricht genossen, verlor
die dentsche Knnst einen ihrer eistügsten Förderer, München
seinen hervorragendsten und gemeinnützigsten Biirger,
Deutschland einen feurigen Patrioten. Vereinigte er doch
hohe Jntelligenz, angeborne Weltklngheit, praktischen Sinn
nnd anßerordentliche Thatkraft in seltenem Grade mit
idealem Wollen und immer bereiter Aufopfernngsfähigkeit.
Dabei war dieser durch eigene Kraft zu hohen Ehren ge-
lnngte Mann, der im Reichs- und Landtage mit seiner
natürlichen Beredsamkeit und der Kraft seines Willens
so vieles Wohlthätige gewirkt, die Jnteressen der natio-
nalen Kunst unermiidlich vertreten hat, ein ächter, noch
mehr vom Gemiit als vom Verstand beherrschter Süd-
deutscher, voll glühender Liebe für seiue Heimat und ein
von der tiefsten Religiosität durchdrungener Katholik. Jn
unserer an großen Jntelligenzen und schwachen Charak-
teren so reichen Zeit war diese so recht aus einem Stück
gehämmerte, mit der ganzen Frische des selbstgemachten
Mannes ausgcstattete Kernnatur eine wahre Erquickung
und besaß deshalb eine zahllose Menge von Freunden und
Verehrern. Umgeben von seinen acht Sohnen, die alle
gut geraten, mehrere sogar sehr ausgezeichnete Männer
geworden sind, glich er einem Patriarchen, war nicht
weniger das wahre Muster eines guten Familienvaters,
wie im öffentlichen Leben ein Vorbild jeder Bürgertugend.
Hat er durch seine glänzenden Leistungen der Münchener
Erzgießerei einen Weltruf, sich selber ein großes Ver-
mögen errungen, obwohl er für seine zahlreichen Arbeiter
väterlich sorgte, für jeden Leidenden eine offene Hand
besaß, so liegt doch sein Hanptverdienst wenigstens in der
zweiten Hälfte seines unermüdlichen Wirkens, in dem außer-
ordentlichen Anfschwnng, den er erst der Metalltechnik,
dann dem ganzen Kunstgewerbe in München gab. Schon
in den fünfziger Jahren stiftete er nnt anderen die Schule
des Vereins zur Ausbildung der Gewerbe, wie diesen
Verein selber und ward dann, nachdem er in der Mitte
der siebziger Jahre die Gießerei seinen Söhnen überlassen,
die Seele des durch ihn neu belebten Kunstgewerbevereins.
Er allein setzte jene berühmte Kunst- und kunstgewerbliche
Ausstellung von 1876 durch, von welcher sich recht eigent-
lich der Aufschwung des deutschen Kunstgewerbes her-
schreibt, und hat damals neun Monate lang als ihr Vor-
stand eine ganz unerhörte Thätigkeit entfaltet, — leider
auch dnrch solche Selbstaufopferung den Grund zu der
Herzkrankheit gelegt, der er schließlich erlag. Denn von
der eifrigsten Erfüllung einmal übernommener Pflichten
konnte ihn nichts abhalten. Die bei uns so verbreiteten
Rücksichten für die eigene Bequemlichkeit kannte er nicht.
So gab es denn keine gemeinnützige Unternehmung in
München, wo der „alte Miller" nicht mit an der Spitze
gestanden hätte, sei es die Dampfschifffahrt auf dem Starn-
bergersee, die Eisenbahn nach Tegernsee, die neuen Mün-
chener Kirchenbauten, zu deren einem er sogar den Bau-
platz schenkte, die Centennarfeier des Königs Ludwig, wie

er einst 1870 im Ständesaal durch seinen Übertritt den
Anschluß Bayerns an das übrige Deutschland entschieden,
1872 die Ausschreibung einer Snmnie von zwei Millionen
Gulden aus der sranzösischen Kriegsentschädigung für den
Bau der neuen Akademie durchgedrückt hatte.
Läßt daher sein Tod eine breite, schwer auszufüllende
Lücke, so ist doch glücklich jedes Gemeinwesen zu nennen,
das solche Bürger zählt.

Wnlerre Wil'öev
a Altmeister Hähnels prächtige Evagruppe schon im
dritten Heft bei Gelegenheit der Berliner Ausstellung
besprochen worden, zu deren Zierden sie gehörte, ebenso
des Dänen Henningsen „Begräbnis" in ersten Hest des
II. Jahrganges, so bleibt uns heute von Vollbildern zu-
nächst nur des Wieners Siegmd. L'Allemand Reiter-
bild des Landon und des Düsseldorfers Fritz Schnitzler
„Schafbad" übrig. Letzterer ist, wie man sieht, ein frischer
hoffnungsvoller Naturalist, der das laute Drängen und
Treiben in dem hessischen Bauernhos mit viel Lebendigkeit
und guiem Sinn für farbige Wirkung geschildert hat,
wenn ihm auch noch die Bewegung der einzelnen Figuren
nicht immer gleich glücklich gelingt. Gut charakterisiert sind
sie aber alle, sogar die Schafe, so daß kein Zweifel bleibt,
daß dieser junge Künstler eine Zukunft hat, da er eine
ebenso gesunde Naturempfindung, als entschiedenes male-
risches Talent besitzt. — Selten entspricht das Bild einer
geschichtlichen Persönlichkeit so sehr der Vorstellung, die
man sich nach ihren Thaten von ihr gemacht, als L'Alle-
mands Laudon. Das Schneidige, Entschlossene, Kühne ist
vortrefflich in dem Gesicht ausgesprochen und mit dem
historischen Charakter des österreichischen Militärs verei-
nigt. Dabei ist das Bild in einem seinen Grau
koloriert, das mit dem Rot und Weiß der Uniform
einen sehr glücklichen Akkord bildet, so daß man den
Sieger von Kunersdorf schwerlich besser hätte darstellen
können. — Bekanntlich wird die Darstellung nwderner
Kriegsgeschichte und ihrer Helden den Malern meistens
durch die oft ganz unsinnigen Forderungen der Herren
Beste er oder der Dargestellten vergällt, so daß die lang
unter diesem militärischen Zopf leidenden Künstler oft
selber nicht mehr das Wesentliche bei einem solchen Bild
vom Gamaschentum unterscheiden können und ihre Werke
als vom Regimentsschneider gemalt erscheinen. Daß
L'Allemand Besseres zu geben im stande ist, das hat er
hier wenigstens bewiesen, wo er wirklich sich zum Dichter
aufschwang, der lebendige Menschen und nicht blos hauben-
stockartige Uniformträger vorzuführen versteht. — Offenbar
war es eine liebe Enkelin der Here von Eudor, die Herr
Koehler so einnehmend schilderte, als wenn er sie als
Schwiegermutter besessen hätte. Gewiß hat dieser Deutsch-
amerikaner aber Humor und Iankeeschlauheit genug, sonst
wären ihm nach diesem Porträt sicherlich die Augen vom
Original ausgekratzt worden, das irgend ein Jndianerdorf
durch seine Gegenwart zu verschönern und europamüde
tzluswanderer anzulocken bestimmt scheint. — Dennoch ist
etwas an dem Kopfe, was bei nähereni Zusehen entschieden
interessiert, und in seiner dämonischen Art an die Abstam-
mung von jener alttestamentarischen Seherin denken läßt.
— Jn die heitere Welt der Renaissance mit all ihrer
zierlichen Anmut, ihrem köstlichen Humor versetzt uns da-
 
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