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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Unsere Bilder, [16]
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Vicenti, Carl Ferdinand von.: Friederich Amerling gest.
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0228

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Unsere Bilder — Friedrich Amcrliiig s- — personal- nnd Ateliernachrichtcn

gegen die prüchtige Hintergrunddekc>ratic>n, welche der
jetzige Tircktvr der dtnrnberger Kunstschule fnr dns Knrls-
ruher Künstlerheiin komponiert hat, als er noch Professor
dort war. Es möchte schwer sein, desgleichen liebens-
würdiger zn erfinden, reizender zu beleben, und wir wün-
schcn nur, daß Hammer bald Gelegenheit finden möchte,
sein so glänzendes dekoratives Talent in Nürnberg an
wirklicheu Bauten wie in Karlsruhe, wozu die alte Reichs-
stadt doch so glänzende Gelegenheiten bietet, und nicht
blos beim Schulmeistern zu erproben. Hütte man das
früher begriffeu, so würen uns denn auch Mißgeburten
wie das letzte Ausstellnugsgebäude dort erspart geblieben.
Deun nächst dem Reichtuni der Ersiudnngskraft besitzt
Hammer auch einen so feinen Farbensinn, wie er unter
unsern Architekteu nur selteu zu siudeu ist, uud ein Stil-
gefühl, welches den starken nationalen Zug nie verläugnet,
also für Nürnberg wie geschaffen wäre.
Es geuügt aber nicht, talentvolle Müuner zu besitzen,
man muß sie auch zu beuützen verstehen.
Fr. Pechk

Irieörich Anrer-'ting f
Der grvße Bildnismalcr des vormärzlicheii Wien ist tot.
Ein sast Viernndachtziger, ist er am 14. Jauuar an Ent-
kräftung gestorben. Wieu ist durch diesen Heimgang iim ein
Original ärmer. War doch der hagere Maiin in der Saint-
bluse mit dem scharfgeschiüttenen Kops imd dem Breitkrämper
bis vor knrzeni noch eine markante Wiener Figur. Biographisch
ist Amerling in ivenigeii Sützen erschöpft, kiinstgeschichtlich wird
man ihm seine besondere Rolle anweisen müsseii. ?lrm geboren,
kämpfte er sich durch eine harte Jugend; er trieb als Kunstaka-
denüker allerhand Noterwerb, ging mit den ersten knappen Er-
sparnisseu auf die Wanderuug uach England zu Lamrence und
uach Paris zu Horace Vernet. Die italienische Kuustfahrt ward
ihm durch den akademücheu Preis, deu er davongetragen, ermög-
licht. Heimgekehrt wußte er das Erwanderte so überraschend zu
verwerten, daß er init eineni Niale als ein sertiger Künstler da-
stand. Der Erfolg blieb nicht aus, ein allgemeiner, langan-
daueruder. Amerling ward der Liebling der dlristokratie, ein hoch-
begüustigter Bildnismaler des Hoses und aller jener Kreise, welche
damit zusammenhingen. Es gehörte zum guten Ton, von Amerling
gemall zu werden, und während des Meisters Kunstübung iu
diesem allgemeineii Beifalle erstarkte, kam goldener Segen in sein
Haus. Er baute sich ein wunderbares Künstlerschlößchen an einem
der Linienwälle Wiens, füllte es mit köstlichen Sainmlerschätzen
au, und ward einer der Wenigcii des Wiener Klinstvölkchens der
seiner Kuust mit voller Hingabe leben konnte. Mit dem monu-
meutalen Porträt Pflegte er das ideale Genre, welches damalS
zahlreiche Bewunderer zählte, und es gab weder eine Ahnengalerie
noch eine Bildersammlung, die nicht einen Amerling besessen hätte.
Als dann nach einem Menschenalter unerhörter Erfolge seiue Zeit
auf die Neige ging, trat Amerling nicht etwa schmollend zurürk;
uein, er blieb seiuer Liebe für Wien treu und nahin den regsten
Anteil an der Kunstentwicklung seiner Vaterstadt. Reiche Ehren
und Auszeichnungen waren auf sein Haupt niedergegangen,
viermal hatte er sich vermählt, und sein von Kunst- und Familien-
freuden gesegnetes Haus bildete eine Pflegestütte schöuer Lebens-
genüsse bis an des Meisters Ende.
Das Werk Friedrich Amerlings war ein reichumfassendes.
Seine Bilder hier aufzuzählen, würde kauin von Jnteresse sein.
Alle Welt weiß, daß der Meister drei Ki'aiser aus dem Hause
Habsburg, fast alle Kinder aus dem Hause Öesterreich, zahl-
lose Vertreter des Hochadels uud des modenacheifernden
Finanzadels und zugleich eine gauze Reihe berühmter Mäimer wie
Thorwaldsen, Oehlenschläger, Rauch, Schadow, Grillparzer,
Massimo d'Azeglio und andere gemalt hat. Die Jüugeren haben
bisweilen auf die „theatralische Pose" uud den idealisierenden Stil
Amerlings als Bildnismaler hingewiesen; freilich ein Genremaler
als Porträtist war er nicht, obwohl seine Kunst für damals schon
naturalistisch geuug war. Seiue Bilduisse hatten alle eiuen nionu-
mentalen Zug, welcher natürlich in den Kaiserporträts am über-

zcugendsten hervortrai. „Aber, Amerling, das ist ja mein Frauzl
nicht", svll die Kaiseriu Earoline Augusta beim Anblick des bc-
rühmteu Kaiser Frani.Bildnisses, welches heute im Laxeuburger
Speisesaaltrakte aufgestellt ist, ausgcrufen habeu, wvrnuf her
Meister erwiderte: „Majestät, ich hab' eben an den Beherrscher
so vieler Millioneu gedacht". J„ diesen Worteu liegt der gauze
BildniSmaler Amerling. Grillparzer schrieb unter sein vou
Amerling gemaltes Porträt:
„Jch hcib' auch Menschen qemalt wie du,
Und wagte Ähnlichkeit zu hoffen,
Doch stinunte die Menge nicht iinmcr zll,
Am wcnigsten, dic ich am mcistcn gctroffcn!"
Ja, 'llmerliiig war ein Menscheiimaler, weuii auch nicht mehr
in dem Sinne, wie die Menscheumalerei heute geübt und
verlangt wird. Seine Malweise, wie seine Ausfasjung entsprachen
genau uud glücklich der Zeit, deren gesellschaftliche Träger seiiiem
Piusel gesessen; sie war eine weichere, intimere, feinere, freudigere,
optimistischere, wenn man so will, als die schärfere, skeptische
heutige Zcit. Sie ist hinab, aber die Bildnisje AmerlingS werden
leben, in Wahrheit, lebendig, wenn seine sonsiigen Bilder, die
historischen, wie sein Jdcalgenre, wofür man heutzutage absolui
kein Verständnis mehr hat, nur mehr ein Scheinleben iu den
Galerien führen. lliur als Bildnismaler uämlich hängt dlmerling
nüt der Kuiistentwickelung in Osterreich und jpeziell Wien zusammen,
sonst nicht. Schule hat er deiin auch keine gemacht, und die Kunst-
geschichte wird ihn für sich allein unterbringen müssen. Er nahm
keinen thätigen Teil an dem Kunstringen seiner Zeit und den
dasselbe bewegenden Problemeii und Jdealen — er ging zeitlebens
seinen eigeuen Weg. Seine Kunst hatte, trotz der strengen Zeich-
nung, welche den Slltwiener Meistern eigen ist, trotz des Froh-
inutes, der ihr inne wohnte, etwas von vornehmem Jmport; die
Technik hatte er Lawrence und den Franzosen abgelauert, das warme
Kolorit holte er sich bei den Venetianern. Dies alles aber ver-
einigte sich so innig nnd fest in ihm als Kunstindividualität, daß
er keine Schüler haben konnte. Gerade so war es bei Makart,
der mit diesem seinen Borgänger, der ihn überleben sollte, gar
manches gemein hatte.
tL. v. Dincenli
Personal- und NteliernnchrichtLn
—r. Die Akadenüe der KUnste zu Berlin hat in der
letzten statutenmäßigen Wahlversammlung ihren um ihr Gedeihen
und um die Hebung aller Kunstzweige im preußiichen Staat
wohlverdienteu Kurator, den Staatsminister llr. v. Goßler, znm
Ehrennütgliede, und in derselben Versammlung den Architekten
Schuüeden, den Bildhauer G. Eberlein — beide in Berlin wohn-
haft — sowie den Bildhauer Victor Tilgner, in Wien, zu ordent-
lichen Mitgliedern erwählt. Man hatte in Künstlerkreisen ge-
hofft, daß in Hinblick auf die akademische Jubiläums-Kunstaus-
stellung die diesjährige Wahlversammlung der dlkademie einc
große Ülnzahl bedeutender Künstler dcs Jn- nnd Auslandes als
Mitglieder zuführen würde, und es herrscht daher jetzt in den
interessierten Kreisen ob des gezeitigten Nesultates, namentlich
darüber, daß nicht ein einziger Maler gewählt worden, großes
Erstaunen.
dk. Budapest. Die Preisrichier der hiesigen Gesellschaft für
bildende Kuust haben, wie hier schon nütgeteilt wurde, drei Bilder
zuni MuukLcsli-Stipendium (6000 Francs) zugelassen, und zwar:
„Gülbaba" von Frauz Eijenhut, „Vor dem Richter" von
Alexander Bihari und „Der Unverbesserliche" von Otto Korok-
ni)ai. Diese drei Bilder sind zu MunkLcsy nach Paris gesendek
worden, danüt er im Siune des Stistungsbriefes die Wahl lresse.
Der Meister hat sich für Otto Koroknyai's „Unverbesserlicheu"
entschiedeu und sonüt das Stipendium vvn 6000 Francs ihm zu-
erkanut. Kvroknyai ist ein noch junger Mann, gegenwärtig
Benczur's Schüler an der Pefter Akadenüe. Seine Studieu
begaun er au der Wieuer dlkadenüe bei Wurziuger, spüter war
er Schüler Eisenmenger's und Feuerbachs. Jni Auslande beschickte
er verschiedene Ausstellungen, und iu der Heimat hat er sich durch
die zwei Geurebilder „?lch, wie bist du gewachsen" und der „Un-
verbesserliche" eiuen bekanuten Nanieu errungen, da diese Bilder
in der Pester Jiüiilüiinis-Ausstellung sehr belobt wurden. Das
letztgenannle Bild ist im Besitz des Königs; es stellt einen im
Wirtshaus saufenden Baiiern dar, den sein Weib, nüt dem Kinde
am ?lrm, vergebens abzuholen versucht.
?lrnold Böcklin, gewiß einer der originellsten und
vielseitigsten lebenden Kllnstler, hat eine Pietä vollendet, welche
 
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