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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Brandes, Otto: Vor dem "Salon": Pariser Kunstplauderei
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Daelen, Eduard: Wilhelm Busch: zu seinem 55. Geburtstage
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0281

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vor dem 5alon. Von D. Brandes. — Wilhelm Busch. von Ld. Daelen

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Korbe eines anderen Ballons, natürlich immer im Äther,
porträtiert. Nian ist jetzt soweit in der Luftschiffahrt!
Wenn ich hier noch eine Ausstellung der Werke des
jüngst verstorbenen Kupferstechers Gaillard und einen sen-
sationellen Vortrag Charcots, des großen Jrrenarztes, ge-
nannt habe, dann habe ich wohl so ziemlich rekapituliert,
was uns würdig und geschickt für die große Kunstaus-
stellung machen kann. Der große Nervenpathologe hat
vor kurzem nümlich über die Besesseueir iu der Kunst ge-
sprvchen. Er hat erzählt, daß er bei den Meistern

Studien über die Modelle, die sie hiezu benutzten, ge-
macht, und daß diese zu dem Resultat geführt, daß die
großen Künstler wie Rubens in der That hysterisch-
epileptische Pcrsonen als Modelle wählten.
Der zu erwartende Salon ist überaus reich beschickt
worden. Über 7000 Bilder liegen der Jury zur Sichtnng
vor. „Und sehen Sie. mein Herr", sagte mir neulich auf
die malerische Hochflut dentend ein Galeriediener, „aus
der meisten Leinwand geht die Ölfarbe nicht wieder
heraus".

Wilhelm Busch
Arr feirrem 55. Kebrrr'tstcrge
von Ld. Daelen


Aus W. Buschs Skizzenbuch

6>Lis vor einiger Zeit war man gewohnt, jedes Jahr auf dem
Büchermarkt ein neues Werkchen von WilhelmWusch erscheinen
zu sehen, von allen Verehrern echten Humors mit Jubel begrüßt und
willkommen geheißen. Das hat seit ein paar Jahren aufgehört. Der
allbeliebte Erwecker des heitersten Lachens scheint verstummt, —
auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Totgesagt und totgeglaubt wurde
er schon lange, doch glücklicherweise erfreut er sich noch der rüstigsten
Gesundheit. Der Tag des Erscheinens dieses Heftes, der 15. April,
ist sein fünfundfünfzigster Geburtstag und ladet also besonders zu
einem Rückblick auf dieses erfolgreiche Leben ein.
Die Wiege Wilhelm Buschs stand in dem stattlichsten Bauern-
hause des hannöver'schen Fleckens Wiedensahl, wo er am 15. April
1832 als Erstgeborener des Kaufmanns Friedrich Busch zur Welt kam.
Seine Mutter besaß eine für ihre Verhältnisse mehr als gewöhnliche
Bildung, vor allem aber war sie das Muster einer guten Hausfrau.
Als Neunjähriger kam Wilhelm zu dem Bruder seiner Mutter, Pastor
Kleine (im benachbarten Ebergötzen), einem vortrefflichen protestantischen
Landgeistlichen, der durch seine verständige Erziehungs- und Unterrichts-
weise den allerwesentlichsten Einfluß auf die günstige Entwicklung des
begabten Knaben geübt hat. Des letzteren klares Fassungsvermögen
bekundete sich namentlich beim Studium der Mathematik, und so wnrde
er bei der Wahl eines Berufs zum Maschinenbauer bestimmt. Des-
halb bezog er zur würdigen Vorbereitung mit sechzehn Jahren das
Polytechnikum zu Hauuover, „ausgerüstet mit einem Sonett nebst
zweifelhafter Technik der vier Grundrechnungsarten", wie er selbst in
einer kurzen Autobiographie erzählt. Doch trotz aller Mathematik
konnte er sich in der Mechanik nicht heimisch finden. Nach ein paar
Jahren kam die Neigung zur Malerei unwiderstehlich zum Durch-
bruch, und so wurde denn der Vater überredet, ihn Maler werden zu
lassen. Ein Studiengenosse, Namens Klemme, der bereits die Düssel-
dorfer Akademie besuchte, bewog ihn, sich auch dorthin zur Ausbildung
zu wenden.
Durch Klemme wurde er mit dem ebenfalls die Akädemie be-
suchenden Ed. Schulz-Briesen befreundet, und diese drei bildeten für
die nächste Zeit ein unzertrennliches Trifolium. Jm Antikensaal aber
suchte sich Busch mit der „klassischen Form" abzufinden, die er allen
Ernstes studierte.

Bald trieb es Klemme und Schulz-Briesen nach Antwerpen,
dessen Akademie damals einen bedeutenden Ruf genoß. Sie schrieben dem in Düsseldorf zurückgebliebenen Freunde
begeisterte Briefe, so daß dieser schleunigst zusammenpackte und gleichfalls nach Antwerpen zog, wo er Aufnahme in
der Malklasse fand.
„Jch wohnte am Eck der Käsbrücke", erzählt Busch, „bei einem Bartscherer. Er hieß Jan und sie hieß Mie.
Zu gelinder Abendstunde saß ich mit ihnen vor der Hausthüre, im grünen Schlafrock, die Thonpfeife im Munde, und die
Nachbarn kamen auch herzu: der Korbflechter, der Uhrmacher, der Blechschläger; die Töchter in schwarzlackierten Holzschuhen.
Jan und Mie waren ein zärtliches Pärchen, sie dick, er dünn; sie barbierten mich abwechselnd, verpflegten mich in einer
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