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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Raupp, Karl: Willingshausen: ein Studienplatz deutscher Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0028

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WillingslMUsen. Nacl, der Vlskizze von Aarl Rauxp


WittirrgsHcruferr
Lin?tudienxlatz dcutscher Rünstlcr
Beschrieben in Wort uud Bild von Prof. A. Aaupp

Nns IVillingshuuftn. Skizze von Aarl Rauxp

an dem längstvertrauten, urgesunden deutschen Bauernleben
Herz und Empfindung nach dem sinnvLrwirrenden Wirbel
der welschen Metropole aufzufrischen, die Kraft zu finden
zu iinmer neuem Schaffen.
Selbstverstäiidlich ist dieser berühmteste Schilderer
des kurhessischen Bauern im Schwalmgrunde auch ein
durchaus populärer Mann geworden. Den „Knaus"
kannte dort jedermann, hatte der ja so manches Jahr hin-
durch gleichsam mitgelebt, in jungen Jahren auch mit-
getrunken, mitgelacht und initgetanzt, und der Stolz auf
das Schmollis war offenbar nicht gering, den ein solcher
Bauernfreund seinem künstlerischen Verherrlicher vielleicht in
sröhlicher Stunde einst angetragen und niemals vergessen hatte.
Jch sage „hatte": denn es war das Iahr 1865,
als ich zum erstenmale Willingshausen aufsuchte und der
biedere Renommist damals schon ein recht alter Knabe.

wei Stunden abseits von der Eisenbahn, welche von Marburg nach
Kassel führt, landeinwärts von der Station Treysa, liegt das
Dörfchen Willingshausen. Wenig gekannt ist sein Name, wenn
auch nahezu die ganze gebildete Welt alle die mannigfach künst-
lerischen Werke schätzt und bewundert, denen dieser stille Winkel
deutschen Landes der fruchtbare Boden gewesen, in welchem hoch-
bedeutende künstlerische Jntention ihre besten Wurzeln getrieben.
Den malerischen Partien des einsamen Dorfes, den wald-
gekrönten Hügeln des Thales, das die klare Flut der Schwalni
durchströmt, den kernhaften Gestalten der Bauern, den frischen
Burschen und schönen Mädchen des Schwalmgrundes, all diesen
hat vor allem die Kunst eines Ludwig Knaus und niit ihni eines
Vautier, Jakob Becker, wie einer stattlichen Reihe uamhafter
Düsseldorfer Genremaler unvergängliche Denkmale gesetzt.
Knaus, den berühmtesten deutschen Genremaler, zog es
wieder und immer wieder in das engbegrenzte kurhessische Thal.
Hier fand der Künstler einst die Anregung zu den ersten Bildern,
welche ihren Schöpfer überraschend schnell auf die Höhe des
Ruhmes trugen, nach Willingshausen zog es den, nach längerem
Aufenthalte Paris verlassen den, dortviel bewundertenMaler, um hier
Jch mag wohl der erste Münchener Künstler gewesen
sein, der sich in Begleitung seines gleichalterigen Freundes
und damaligen Schülers, des Genremalers Aug. Heyn,
in diese unbestrittene Domäne der Düsseldorfer Schule
gewagt hatte.
Meinem ersten Lehrer, Prof. Jakob Becker in
Frankfurt a. M., war eben als ehemaligem Düsseldorfer
Künstler bekanntermaßen der Schwalmgrund zur Fund-
grube so mancher herrlichen Schöpfung geworden. Diese
ersten empfangenen Eindrücke durch das Schaffen des
Meisters wirkten selbst noch in München, in Pilotys
Schule, auf mich, die Reise dahin mußte einmal gemacht
werden.
Es ist freilich schon etwas lange her, um davon noch
erzählen zu können, allein — einmal bin ich nicht schuld, daß
die „Kunst für Alle" so viel später gegründet wurde und dann


 
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