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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 4
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Marle, Raimond van: Ein Bildnis des Giorgione
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0130

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Giorgione

Kreuztragung in San Rocco, Venedig

EIN BILDNIS DES GIORGIONE
VON RAIMOND VAN MARLE
Das hier reproduzierte kleine Bildnis eines jungen bärtigen Mannes ist meiner Ansicht
nach eine Arbeit von Giorgio Barbarelli, genannt Giorgione1.
Obschon wir über das Leben dieses Meisters außerordentlich schlecht unterrichtet
sind und es sozusagen keine datierten Bilder von ihm gibt, ist es doch klar, daß er in
der venezianischen Malerei den Übergang von Giovanni Bellini zu Tizian bildet. Es
scheint mir deshalb festzustehen, daß als seine früheren Werke jene zu gelten haben,
die den Einfluß Bellinis am deutlichsten zeigen wie z. B. sein Hauptwerk die »Ma-
donna mit Heiligen« in Castelfranco, die »Philosophen« in Wien oder die »Feuer-
probe des Moses« und das »Urteil des Salomo« in den Uffizien. Elingegen erkennen
wir Giorgione als direkten Vorläufer und Lehrer Tizians in Gemälden, wie das Porträt
des ßrocardo in der Galerie von Budapest, im Hirten in Hampton Court, der »Madonna
mit Heiligen« in Madrid und vor allem in dem kreuztragenden Christus in San Rocco
zu Venedig, mit dem das hier veröffentlichte Porträt die größte Ähnlichkeit zeigt.
Über die Zuweisung von gewissen Bildern an Giorgione oder Tizian gehen die Mei-
nungen auseinander und verschiedene Gemälde wurden zu einer Zeit Giorgione, zu
einer anderen Tizian zugeschrieben. Im allgemeinen bin ich der Ansicht, daß die um-
strittenen Stücke in der Mehrzahl Arbeiten des Giorgione sind. Eine Ausnahme mache
ich im Hinblick auf die »Ehebrecherin« in Glasgow, welche gewöhnlich als Giorgione
1 Das Bildchen ist auf Leinwand gemalt. 26:21 cm groß. Aus der Zurichtung der Leinwand
geht deutlich hervor, daß das Gemälde nie größer war und es sich also nicht um ein Fragment
handelt.
 
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