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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 10
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Sammler und Markt
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Hubert Robert Landschaft
Versteigerung von Kunstwerken aus Leningrader Museen und Schlössern, If.Teil, am 4-/5. Juni bei R.Lepke,Berlin

Steinmadonna aus Hessen mit alter Polychromie,
von großem Wurf und schön geschwungener Um-
rißlinie.
Französischer Herkunft dürfte auch eine wohler-
haltene Madonna, die um i3io anzusetzen ist, sein.
Hoheitsvolle Haltung und Gestik machen sie zu
einem der besten Beispiele französischer Hoch-
gotik in deutschem Privatbesitz. Deutsche Werke
dieser Zeit sind die Marmorstat uelte einer Madon-
na, mit Resten alter Vergoldung, um 1820 entstan-
den, und die Gestalt einer lächelnden Jungfrau
aus Holz in alter Fassung. Beide übertragen aufs
glücklichste französische Vorbilder ins Deutsche.
Der Mitte des 14. Jahrhunderts entstammt ein ober-
rheinisches Heiliges Grab, ein unikales Werk im
Sinne mittelalterlicher »Krippenwiegen«, aus Holz
mit einer unberührten alten Polychromierung und
gepunztem Goldgrund, das aus dem Kloster Lich-
ten thal bei Baden-Baden herkommen soll. Derglei-
chen Zeit gehört der eichene Kruzifixus an, der
fälschlich der rheinischen Kunst zugeschrieben
wurde, aber in der Eigenwilligkeit der Auffassung
des Corpus Christi nur in der westfälischen Kunst
verwandte Gestaltungen findet.
In die zweite Hälfte des 14- Jahrhunderts führen
eine stattliche Steinmadonna, die einen in der
Moselgegend vorkommenden Ausläufer einesinLo-
thringen um i35o vielfach benutzten Typs dar-
stellt; eine zweite Holzmadonna aus der gleichen
Gegend, die schon eine Wendung zum Naturalis-
mus am Jahrhundertende nimmt; eine rhythmisch
komponierte mittelrheinische Madonna, das Kind

fehlt bedauerlicherweise, eine besonders gute Lei-
stung gotischer Bildhauerkunst am Ende des i/|.
Jahrhunderts; und zwei thronende Madonnen, die
den gewöhnlichen Typ rheinischer Sitzmadonnen
durch gefällige Faltengebung und lieblichen Ge-
sichlsausdruck zu variieren suchen.
Der Spätgotik gehört eine Fülle in leressanterWerkc
deutscher wie außerdeutscher Herkunft an. Pro-
ben der Madonnendarstellung bieten eine polychro-
mierte tiroler Holzmadonna um rjöo, eine zart
bewegte oberrheinische Maria aus einer Verkündi-
gung um 1/170 und eine in der Umgebung Rie-
menschneiders hervorgebrachte Marienfigur. Be-
merkenswerte Darstellungen von Heiligen aus die-
ser Zeit sind: eine Nußbaumstatuette der heiligen
Barbara, am Oberrhein entstanden; eine Holzfigur
des heiligen Quirinus mit dem Falken, eine Ulrner
Arbeit um 1/160 in originaler Fassung; eine schwä-
bische hölzerne Gestaltung des heiligen Panthaleon
von 1/190; ein rheinischer Christophorus um i5io
aus unbemaltem Holz; ein heiliger Eligius in alter
Fassung, ein bayrisches Werk aus derselben Ent-
stehungszeit. Eine letzte Gruppe stellen die Reliefs
dar, von denen kurz auf gezählt seien: eine Kreuz-
abnahme in alter Fassung, um i/|5o in Utrecht ent-
standen; eine unbemalte Grablegung, um i5io
gleichfalls in einer Utrechter Werkstatt geschaf-
fen; eine interessante Kreuztragung Christi, eine
rheinische Arbeit um 1620 aus Eichenholz und ori-
ginal erhaltener Polychromierung; und schließ-
lich zwei schöne süddeutsche Reliefs mit der Ver-
kündigung und Anbetung der Könige, Teile eines

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