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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Die Berliner Jubiläums-Ausstellung, [8]
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Die Berliner Iubiläums-Ausstellung. von Lr. Pecht

scharfen, Präzisen Art, die auch ein anderer Däne, Otto Bach e, bei seiner Jagdgesellschaft zu Pferde zeigt, wo die
Tiere und ihre Reiter gleich gut charakterisiert sind, und die der Kopenhagener Schule überhaupt eigen, wie
sie denn mit dem etwas nervösen und reizbareu Nationalcharakrer zusammenhängt. Einmal wirkt diese Art
aber doch erschütternd, bei Heuningseus „Begräbnis" in Kopenhagen, wo wir den Sarg schon in der
Kirchhofpforte verschwinden sehen, dem zwei Waisen, ein Knabe und ein Mädchen, verweint solgen, während
ein Ehepaar, das sie wohl anfgenommeu, trübselig im Schnee als einzige Begleitung folgt, hinter der man
in die dunkelnde, leere und schneebedeckte Gasse weit hinabsieht. Gerade durch diese die Armen und Unglück-
lichen immer treffende trostlose Vereinsamung ist die Szene doppelt beklemmend in ihrer schlichten Wahrheit.
Viel tröstlicher mutet da noch ein Bauernbegräbnis Werenskiölds, eines Norwegers an, wo sieben Männer
und eine Frau um einen eben mit den letzten Schollen überdeckten Grabhügel zu einem Gebet vereinigt stehen,
das einer von ihnen vorliest, die Männer hemdärmelig und einer rauher und eckiger als der andere. Dennoch
macht die auf einer einsamen, sonnigen Höhe, mit weiter Aussicht aus das unten liegende Thal und hohe ferne
Berge vor sich gehende, völlig prunklose Szene einen erhabenen hochpoetischen Eindruck. Man fühlt da
so recht den engen Zusammenhang dieser Menschen mit der sie umgebenden rauhen, aber großartigen Natur,
und daß diese Erde da nur wieder bekommen hat, was ihr einst eutsprossen war. — Die Schauer solcher nor-
dischen Natur, aber auch ihre Großartigkeit führt uns dann Sinding in einem Winterbild aus den Lofoten
vor, wo alles rund um die schimmernde Wasserfläche der Fjorde herum im Schnee begraben und vom
Schatten des sinkenden Tages überdeckt liegt, und nur die riesige Schnee- und Eismasse eines mächtigen Ge-
birgsstockes im Hintergrunde noch im vollen Sonnenlicht erglänzt. Das ist nicht ohne Großartigkeit und
poetische Naturanschauung gegeben. Fritz Thaulow schildert dann noch einen solchen sonuigen Wintertag
in Norwegen, wo vorn ein weites Schneefeld den ganzen Vorder- und Mittelgrund füllt, in dem man die
Fußspuren von einzelnen Wanderern deutlich verfolgen kaun, deren einige mit ihren Schneeschuhen eben den
Hügel heruuter gerutscht kommen, während man hinter demselben ein paar Häuser in weiter Ferne vor einem
Wald im Sonnenschein erglänzen sieht, die einem die ungeheuere Einsamkeit, in der man hier im Norden
lebt, erst recht versinnlichen, weil alles mit großer Feinheit gegeben ist.
Frithjof Smith-Hald gibt dann einen Sommertag an der norwegischen Küste mit Fischzug brillant
wieder, und der Däne Christensen eine Landschaft am Juler See. Ein anderer, Kroyer, zeigt einige
Fischer, die, auf der Düne am Strand liegend und im blassen Mondlicht nach einem Boote ausschauend, ganz
geisterhaft anmnten würden, wenn Geister sich überhaupt in hohen Wasserstiefeln oder Holzschuhen zu bewegen
pflegteu, was man billig bezweifeln muß. Jn dasselbe gespensterhaste Grau ist auch ein von zwei Füchsen
oder Hunden beschnüffelter toter Bär gehüllt, den Äarl Uchermann uns lebensgroß vorführt. Wir schließen
unsere Übersicht mit dem einzigen aber vortrefflichen Porträt des Organisten Mathisen-Hansen, das Jem-
dorsf in Kopenhagen gemalt, um zu

5. Hiußl'cnrd
überzugehen, das mit seinen Bildern auch nur ein Kabinett füllt, wie das kleine Dänemark. — Obwohl nun
diese russische Kunst wenige gemeinsame Züge zeigt, da die Künstler sich fast alle, wie die Norweger und
Schweden, im Ausland gebildet haben, so glaubt man doch in eine fremde Welt zu treten, wenn man in dies
Zimmer tritt, während man sich bei den Skandinaviern durchaus unter Verwandten findet. Das Slaventum
ist aber in allem und jedem so grundverschieden von unserer Volksart, es spricht — aus den Bildern wenigstens
— noch ein so starkes Stück bald brutaler, bald gutmütiger Barbarei, daß man instinktiv abgestoßen wird.
Am auffallendsten wird dos bei dem Bildc Wenigs, eines Deutschrussen, das den falschen Demetrius dar-
stellt, der eben irgend eineu im Bilde unsichtbaren Gegner zu erblicken scheint, über den er herfallen möchte
und nur mit Mühe vvn einem Begleiter zurückgehalten wird, während eine Frau angstvoll aus dem dunklen
Hintergrundc hervorkommt. Teilnahme erweckt diese Bestie von Mensch nun gar nicht, aber Abscheu, was der
Maler wohl auch beabsichtigte, dagegen ist das Bild wenigstens sehr lcbendig. Fast denselbeu Eindruck erhält
man aber vou einem Bilde Kiwschenkos, das einen Kriegsrat der hohen Offiziere der Armee 1812 darstellt,
die in einer armseligen Bauernhütte um einen Tisch versammelt sind. Es ist sehr schade, daß der überhaupt
sehr wortarme Katalog uns uicht die Namen der Herren nennt, die da im Dorfe Filach offenbar über den
Rückzug vor Napoleon beraten. Vielleicht eutwickelt da gerade einer von ihnen den Plan, die Franzosen bis
Moskau zu locken und sie durch dessen Jnbrandsteckung zu veruichteu. Als ob ihuen etwas dergleichen vor-
geschlagen würde, sehen die Herren wenigstens aus, da die einen offenbar sehr zum Widerstand gereizt sind
während die andern Tücke zeigen. Hier ist die Barbarei allerdings lackiert, bricht aber durch die dünue Lack-
schichte sehr sichtbar heraus. Dabei siud die Charaktere derb aber ausdrucksvoll gegeben. Uugefirnißl, aber viel
gutmütiger findet man das Barbarentum dann in einer Marktszene zu Moskau von Woldemar Makowsky,
die sehr lebhast an manche Beichreibungen Turgenjews erinnert, wo der Schnaps auch eine so große Rolle
spielt. — Höchst malerisch ist aber dies Gewimmel durchaus. Tomaschewsky zeigt uus dann Peter den
 
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