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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Die Berliner Jubiläums-Ausstellung, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0024

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8

Die Berliner Iubiläums-Ausstellung. Von Fr. pecht


Irühlingswolkrn. (Lagunr von Vrnedig.) Von G. Liardi

gelauschten Zug zeigt, sondern alles aus anderen Knnstwerken entlehnt, der in seinen Köpfen immer nur der
Antike nachgeahmte Typen — reine Masken — gibt und daher völlig außer stande war, auf seine Nation zu
wirken. Daß man aus dem einen Regenerator der deutschen Kunst machen will, während er sie nur versteinert
hätte, wenn er irgend einen Einfluß auszuüben im stande gewesen wäre, das ist einsach lächerlich. Fiel der-
gleichen denn den Künstlern des Altertums jemals ein, oder schus ein Phidias nicht vielmehr den panathenäischen
Festzug, so wie er ihn alle Jahre sah? Stellte nicht selbst der idealisierendste aller Renaissancekünstler,
Michelangelo, einen Julms II. und den Pensiero, wie dessen Vetter Medici mit unerreichter Meisterschaft dar?
— Das einzige Mal, wo Carstens es versncht, mit seiner Nation oder Zeit in Berührung zu kommen, in einer
Skizze zur Schlacht von Roßbach, wird er haarsträubend abgeschmackt. Wirklich ansprechend ist er nur bei
Allegorien, wie der „Nacht" und der „Geburt des Lichts". Wie ganz anders packte das selbst Cornelius an,
als er gleich zu Faust und Nibelungen griff l
Da hat der ehrliche Berliner Philister Chodowiecki, der doch offene Augen für das hatte, was ihm
vor der Nase lag, einen unendlich größeren und wohlthätigeren Einfluß ausgeübt als der eigensinnige
Schleswiger. Menzel und Rauch, ja fast alle heutigen deutschen Künstler find bei ihm in die Schule gegangen.
Von ihm sind ein paar artige Bildchen da. — Eine Reihe sehr hübsch kolorierter und lebendiger, aber nichts
weniger als geistvoll charakterisierter Porträte berühmter Personen gibt dann der Schweizer Graff, der
jedenfalls noch ein viel größerer Philister war als Chodowiecki. — Lessing wie Friedrich den Großen,
Mendelssohn wie. Hagedorn sieht er immer nur von der Schnupftabakseite an. Das Puder liegt fingerdick auf
allem, was er macht, wie ihm denn deshalb auch Chodowieckis und sein eigener Kopf am besten gelangen,
während man seinen Lessing nur mit dem Rietschels zu vergleichen braucht, um sich des Unterschieds sofort
bewußt zu werden, der zwischen einem großen Künstler und einem geschickten Handwerker besteht, der seine
maniriert knollige Formengebung in alles hineinträgt.
Über die vielen vorhandenen Zeichnungen des Cornelius und seiner Genossen, wie seiner Schule, gehe
ich lieber ganz hinweg, weil wir Gleichzeitige da offenbar nicht objektiv genug sind, um zu einem abschließenden
Urteil zu kommen. Ohne hohe Achtung zu empfinden wird sie niemand betrachten können, da sie nie leer
sind wie der Zopf, was auch sonst ihre Fehler sein mögen. Nur auf ein ganz liebenswürdiges Bild, das
Julius Schnorr schon 1817 malte, „der heilige Rochus Almosen spendend" möchte ich hier ausmerksam
machen, da es die reine fast kindliche Art des jugendlichen Meisters mit unwiderstehlicher Anmut und Un-
geschicklichkeit wiederspiegelt. Man bedauert nur, daß er davon abging und in Rom bald alle die Naivität
verlor, die ihn hier so sehr ziert, um oft gespreizt und immer theatralisch zu werden, — wie es denn
stehender Charakterzug dieser ganzen klassizistischen Romantiker nicht nur, sondern der Naturalisten ebensogut
ist, es fast nie zur Uubefangenheit des echten Kunstwerks zu bringen. Ganz naiv steht selbst ein Ludwig
Richter der Natur nur selteu gegenüber.

(Fortsetzung folgt)
 
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