Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

DOI Artikel:
Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Aphorismen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0051

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ro

Personal- u. Atelier-Nacbrichten. — Denkmäler rc. — Ausstellungen, Zammlungen rc.

erschienenen Lebensbeschreibung seines Vaters Albrecht Adam,
von D. H. Holland, enthalten.
* Der Dresdener Bildhauer Friedrich Offermann hat
eine sehr gelungene Statuette des Ritters Don Quichotte soeben
vollendet. Das Bild, welches Cervantes Saavedra in seinem
köstlichen Buche von dem edlen Ritter entwirft, dessen innere
Welt sich so gar nicht mit der äußeren deckt, ist hier mit gliicklichem
Humor und seiner Charakteristik plastisch wiedergegeben. Das
stolz emporgerichtete Haupt, die herabgezogenen Mundwinkel, die
dldlernase, die leuchtenden Augen, der grostartige Ernst, der auf
den Zügen licgt: das ist der F-anatiker, den kcme noch so üble
Erfahrung von seiner wahnwitzigen Überzeugung abbringen kann;
das ist der Held, der allerorten und zu jeder Zeit für seine
Meinung mit dem Schwerie eintritt. llud wie er dasteht! Welche
Grandezza! Das linke Bein vorgesestt, das lange Schwert mit
theatralischer Gebärde weit von sich auf den Boden gestüstt, jede
Muskel gespannt nnd dabei so — spindeldürr! Das Kvstüm
unterstüüt die ungemein komische Wirknng nicht minder als die
hier völlig angebrachte Bemalung. Nameutlich wirksam ist der
sabelhafte spiste Kragen, der sich zwiscbcn dem Pauzer und dem
Girafscuhalse kühn herausschiebt. Wie gcsagt, die wirksame Ver-
eiingung der Gegensätze erscheint vorzüglich gelungen: ieder Zoll
cin Ritter, jeder Zoli komische Person. — Besonders merkivürdig
ist noch, dast der Schöpser dieser Gestalt ein Schüler Hähnels ist.
* * Berlin. Bei der jept vorgenommeneu umfaug-
reichen Restauration des aiten Berliner LchlosseS werden auch
die bis jeüt leer stehenden Pvstamente an der Hofseite der Schloß-
kapelle ihren Figurenschmuck erhalteu. Ausgeführt werden vier
Statuen: der Glaube, die Hostnung, die Liebe und das Gebet,
jcde in Höhe von 3 Metern. Mit der Anfertigung der erste»
Skizzen war der inzwischen verstorbene Bildhauer K arl Schuler
beauftragt. Die nuiimehr vvm Hvfmarschallamt gebilligten Mo-
dclle sind von den Bildhauern Pohle und Reuter angefertigt.
Die Ansführung in schlesischem Sandstein ist den Bildhauern
Lock und Wegner hierselbst übertragen.
* Der Dresdener Historienmaler Wenzel Schwarz
arbeitet gegenivnrtig an einem grohen historischen Gemälde, zu
dem er bedcutende Studien in Rom gemacht hat. Es stcllt
Kaiser Hadrian dar, der eine angeklagte Christin freitästt. —
Prof. Dvnadini malt sür das Treppenhaus eines feinsinnigen
Dresdener Kunstfreundes eine groste Kompositivn, darstellend Diana
auf der Jagd. Ebenda befindet sich schon ein schönes Bild von
dem erstgenannten Maler: die Vision des heiligen Hubertus.

Drnkmäler rtr.
* * Berlin. Das Komitee zur Errichtung eines Lessing-
Denkmals in Berlin macht als Ergänzung der im März aus-
geschriebenen Koiikurrenzbedingungen bekannt, daß die betreffenden
Eutwürfe unter ostener ?lngabe des Namens des Verfassers in
der Zeil vom l. bis 8. Dezember d. Js. an den Jnspektor der
sllkademie der Künste, Herrn Nechnungsrat Schwertfeger, llnter
den Linden 38, einzusenden sind. Tie öffentliche Aussteltung der
Entwürfe erfolgt in der kgl. Slkademie vom 1ö. Dezember 1886
bis zum 22. Januar 1887. Tas Preisgericht wird aus 9 Mit-
gliedern bestehen. llnter denselben befinden sich als Vertreter der
preußischen Regierung Direktor der Nationalgalerie llr. Jordan
und der Generaldirektor der kgl. Museen Schöne: ebenso als
Bevollmächtigte des Magistrats der Stadt Berliu der Bürger-
meister Dun cker und der Stadtbaurat Hobrecht.
O. L. Jm meerbespülten Carcassonne, welches einst der
Waffenplatz Cäsars war und dessen schöne öffentliche Gebäude
wie die auS dem 13. Jahrhundert stammenden Kirchen St. Michel
und St. Vincent der Stadt ein ehrivürdiges Gepräge verleihen
hat man vor einigen Tagen dem Kämpen der Rcpublik, jhny
dcu Proudhon den Bayard der Demokratie nannte, hat man
Barbes, der die Hälfte seines Lebens sür die Freiheit Frankreichs
im Kerkcr zubrachte, ein Denkmal errichtet. Obwohl BarbeS
ein Sohn des Guadeloupe, ist er doch ein Adoptivkind Car-
cassonnes, wo er seine Jugend verlebte und wo dem Ruhelosen
die Gruft bereitet worden. Das Denkmal des alten Revolu-
tionärs, der mit Blanqui der Führer der Lociete ckes saisous
war, und der den Orleans, wie den Napoleons einen gleichen
unversöhnlichen Hast geschworen, ist aus der Hand des Bildhauers
Falguiere. Die Bronze-Statue stellt ihn dar aufrecht, im
Überrock, nachdenklich, die eine Hand in die Seite gestemmt, zu
seinen Füßen ein Gewehr, darunter die Fnschrift: „Frei leben —

oder sterben." Trotzdem der Freiheitskämpfer zweimal zum Tode
verurteilt war, ist es zum Sterben sür die Freiheit bei ihm nicht
gekommen, aber auch mit dem Freileben ist es bei einem Manne,
der die Hälfte seines Daseins im Gefängnis gesessen, nicht weit
hergewesen, und darum ist die Jnschrift emphatischer als für das
Denkmal geeignet. Obwohl es aus dem Nahmen unserer Kunst-
zeitschrist herausfällt, ist es doch zu charakteristisch, uin uicht hier
erwähnt zu werden, daß bei der Einweihung dieser Statue der
alte Hast und die Rancüne zwischen den Republikauern unter
einander zuni Ausbruch gekvmmen, so daß die Statue zweimal
enthüllt — geweiht wäre ein euphemistischer Ausdruck — wurde.
Erst ividmeten sich die gemästigten Republikaner dieser Operation
und einige Stunden später die Radikalen unter unermestlichem
Gejohle der crsteren. Jn diesem Falle dürfte kaum das alte:
„Doppelt reistt nicht" am Platze sein.
* Der Georgsplatz zu Dresden, dessen eine Seite die iu
gvtischem Stile erbaute Kreuzschule einnimmt, hat zu Hähncls
Körnerstandbild am 1. September ciueu ncuen büdnerischen Schmuck
erhalten, ein Denkmal Julius Ottos, des weithin bekannten Kom-
ponisten uud Liedermeisters. Das Denkmal ist ein Werk des
Dresdcncr Biidhauers Or. Kietz und ungefähr im Stile des
Schilling'schen Rietscheldeukmals in Dresden gehalten. Auf eiuem
doppelten Granitunterbau erhebt sich das Postament in grünem
Siiemt, gekrönt von der Kolossalbüste des Gefeierten, dessen Name
die Jnschrift ohne weiteren Zusatz verküudet. Am Fnste des Posta-
meiits sitzen und stehen vier jugendliche Sänger in Lebensgröste
und singeu nach eineni aufgeschlagenen Notenbuchc, angeblich das
Lied vom treueu deutschen Herzen. Während sich die Büste durch
lhre Ähnlichkeit auszcichnet, lassen die konventionell aufgefastten
Ziige der vier jugendlichcn Sänger jeucn NaiuraliSmus vermissen,
der geciguet wäre, fvlche Gestalten zu Lieblingen des Publikums
zu macheu. Der Eiscr, mit dem sie siugen, kommt allerdings zum
Ausdruck, iu der Kompvsitiou ist das alte gute Rczept mit Ge-
schick durchgesührt.

Ausstellungen, Summlungen rlr.
** Berliu. Der Schlust der Jubiläums-Ans-
stcllung wird uach der jetzt ersolgten Bekamitmachung des
Senats der Akademie nicht vor Sonntag den 17. Oktober
erfolgen.
— i Die Berliner akademische JubiläumS-Kunstausstellung
erfreut sich fortgesetzt eines regen Besuches, der sich nach der in-
zwischen bekannt gewordenen Verteiluug von goldenen Medaillen
uud ehrenvollen Anerkennungen noch lebhafter gestaltete, als in
den Wvchcn zuvor. Mit Riicksicht hieraus wird die Ausstellung
selbst erst am 17. oder auch — wenn daS Wetter einigermasten
günstig bleibt erst am 30. Oktober geschlossen werden. — Die
Ausstellung ward bisher von weit über einer Million zahlender
Personen besucht. An Entree sind bereits .700,000 M., die sich
aus Beträgcn von 25, 40, 45, 47^, 50 Pfg. und 1 M. zu-
sammensetzeu, vereiunahmt tvorden. Rechnet man zu diesem Be-
trage noch eine Eiunahme vou nur 15,000 M. für die letzten
Tage des September und den Oktober, ferner 55,000 M. sür
die von Anfang an verausgabten Saisonkarten, 20,000 M. aus
dem Verlagsrechte für den Vertrieb der Ausstelluiigskataloge,
ferner etwa 40,000 M. Reingewiun aus der Lotterie der Jubi-
läums-Kunstausstellung, sowie die definitiv gewährten Zuschiisse
von 200,000 M., die je zur Hälste die pieustische Regierung und
die Stadt Berlin in wohlwollendster Förderung des llnterneh-
mens gewährten, so ergibt sich eine Gesamteinnahme von ca.
860,000 M., welchem Betrage allerdings ebensv bedeutende Aus-
gabeu gegeuübersteheu. Lassen sich letztere zur Zeit auch noch
mcht aiinähernd seststellen, so iverden sie in eingeweihten Kreisen
immerhin auf 800,000 M. geschätzt, so dast trotz dieser Höhe auch
der sinanzielle Erfvlg der «lusstelliing immerhin noch als ein
sehr günstiger bezeichnet werden muß, da ja der Wert der dauern-
den Einrichtungen innerhalb des Gebäudes ein bedeutender ist.
Jn einem der nächsten Heste werdeu wir auf diese Punkte zurück-
zukommen suchen.
r Nach langer sommerlicher Ode brachte der Münchener
Kunstverein in letzter Woche das Erstliugswerk eines jungen
Polen: M. Trebacz, welches berechtigtes Aufsehen einegte.
„Der barmherzige Samariter", das ist der Vorwurf dieses in
großen Dimeusionen ausgeführten, vielversprechenden Bildes, das
sich gleichmästig durch treffliche Charakteristik wie sorgsames Akt-
studium auszeichnet und im Laufe des Winters in unserem Blatte
erscheinen wird.
 
Annotationen