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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Lindenberg, Paul: Die Osteria auf der Berliner Jubiläums-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0071

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Die Gsteria auf der Berliner Iubilämns-Ansstellung. von Paul Lindenberg


aus, und gern eutrichtet ein jeder den Obolus, der von
den Nichtkünstlern für das Nähertreten in die geheiligten
Hallen gefordert wird.
Die eigentliche Bestimmung der Osteria habeu wir
bereits augedeutet, sie soll deu in Berlin ansässigen oder
dort zum Besuch weilenden Künstlern eine Heimstätte seiu,
damit sie dort „unter sich" verweileu kvniien, nicht beengt
und gestört von dem zahlreichen Fremdenverkehr. Aus
diesem Grunde wird denn auch dem zahlenden Publikum
der Eintritt nur bis zu einer bestimmten Nachmittags-
stunde gestattet, während dami die sämtlichen Räume den
Meistern und Jüngern der Knnst reserviert bleibeu. —
Es war ein guter Gedanke, die Ausstellung durch diese
Osteria zu bereichern, und als er zuerst im „Verein
Berliner Künstler" auftauchte, wurde er sofort mit großem
Enthusiasmus begrüßt. Als Baukommission wurden die

Maler Ehrentraut und Souchay, sowie der Architckt
Hoffacker gewählt, und uachdem dieselben mit vieler Mühe
den jetzigcn Platz — dicht neben dem ägyptischen Tempel
— ausfindig geniacht, realisierte sich mehr und niehr die
Jdee der geplanten Ausführung: eine Art Künstlerkueipe
zu schafsen, wie niau sie häufig im unteren Jtalien findet,
eiu halb vcrfalleues, rvinanlisches Gebäude, geschmückt mit
den bildlichen Eriiiuerungen seiuer bisherigen der Kunst
beflissenen Bewohner. Maler Ehrentraut führte einen
aguarellierten Entwurf aus, nud vom Vorstand dcs
Künstlervereins wurde nun nvch Baurat Tiede znr
Kommission hinziigezogen, welchcr mit wahrem Feuereifer
uud mit hingebendcm Verstündnis, stets die künstlerischen
Jnteittionen seinerMitarbeiter bcrücksichtigend, dieAusführung
dcs Baucs, zn welchcm der Pächter des Ausstellungsparkes,
Herr Drehcr, eincn bedeutendeu niatcriellen Zuschuß gegeben,


Imiercs

leitete. Unermüdlich, von frühester bis spütester Stunde,
arbeiteten zahllose fleißige Hände au dem Werke, welches
denn auch wenigstens äußerlich zur Erössnung der Aus-
stellung fertig gestellt wurde, während bald darauf auch
das Jnnere seiner Vollendung entgegen ging. Und als
ein wahrhaft vollendetes Ganze stand nun die Osteria da,
und ihre Erbaner dürfen des herzlichsten Dankes aller,
die Sinn für frohsinnigen Humor, für launige Satire
haben, sicher sein!
Keck, eigenartig, charaktcristisch, so prüsentiert sich
von anßen die Osteria. Eine Vorhalle und weitbuchtige
Öffnungen ermöglichen teilweise den Einblick in das Jnnere;
rechts führt eine Treppe auf das flache Dach empor, wo
gleichfalls, wie unten, Platz genommen werden kann.
Regelrechte Fenster existieren natürlich nicht, hier nnd da,
vollständig launisch, lugt eins durch blühende Oleander und

üppiges Weingerüuk hindurch; zwci verwitterte hölzernc
Balkons trngen viel zur Echtheit bei, überhaupt ist dic
langjührige Witterungseiiiflüsje andeuteude Färbung aus-
gezeichnet gelungen, wer es nicht weiß, würde von einem
ehrwürdigen Alter des Baues fest überzeugt seiu; das
deuten der heruntergefallene Mörtel, die abgestoßenen
Ecken, die frei hervorstehenden Backsteine an. An der
Außenseite ist bereits für reichen künstlerischen Schmuck
gesorgt, und zwar kommen hier verschiedene plaulos in die
Bordermauer eingefügte Reliefs zu ihrem Recht, die voll-
ständig den Eindruck machen, als wären sie Funde aus
altklassischer Zeit, die, nachdem sie lange genug in der
Erde geruht, zufällig an das Tageslicht gekommen sind
und hier die geeignetste Verwendung erhalten haben. Da
speit ein Satyrkopf das Wasser in einen aus seiner äußeren
langen Seite einen Bacchantenzug zeigenden mächtigen Sar-
 
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