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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Lindenberg, Paul: Die Osteria auf der Berliner Jubiläums-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0073

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Don psul Lindenberq

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der Hmterwcind vertreten; das Motw ist dem „Trompeter
von Säckingen" entnommen, den Text bilden die darunter
befindlichen Worte: „Liebe und Trompetenblasen sind wohl
gut zu manchen Dingen." Die Farben dieses Bildes sind
sehr sein, das Ganze macht einen äußerst stimmungsvollen Ein-
druck. Zwei seltsame, sagenhafte Froschkönige „Paddex II."
und „Paddex III." säumen das Gemälde ein, nach letzterem
streckt ein von R. Friese gemalter Löwe, dem seine Lebens-
gefährtin folgt, die Pranken aus. Jn der linken Ecke
dieser Wand ließ P. Meyerheim seinem Humor die Zügel
schießeu; eine ganze Kette hüpfender Affeu und Äffchen,
Kakadus, Marabus ic. rühren von ihm, unter Beihilfe
der plastischen Kunst, her. Die rechte Ecke füllten K. Saltz-
mann und Müller-Kurzwelly, ersterer mit einem drolli-
gen Stadtbahnbilde, letzterer mit einer sehr tüchtigen Hafen-
ansicht; in dieser Ecke ist besonders die Verwertung dcs
Raumes zu loben. Die rechte (östliche) Seitenwand hat
von Paul Souchay ein größeres farbenreiches und treff-
lich komponiertes Bild: „Die Vision des San Luca",
erhalten; dem greisen, auf Wolken ruhenden und an einem
Heiligenbilde fleißig arbeitenden Schutzpatron der Maler
erscheint eine holde, aber etwas lockere weibliche Gestalt,
in den Armen rundbauchige Flascheu haltend, gefüllt mit
dem edelsten Naß; dem Heiligen scheint diese Vision
nicht ganz unangenehm zu seiu! — Einen Fahuenträger
aus dem 30 jährigen Kriege malte I. Lulves, eine zarte
Frühlingslandschaft E. Hildebrand und eine gobelinartig
ausgeführte Landschaft mit einem sinnenden Kuttenbruder
im Vordergrunde A. Hertel. Ein Nelicf rührt von
Bergmeier her: ein „homerischer" Kampf um einen ge-
füllten Weinschlauch, auch dieses mit einer „rätselhaften"
Jnschrift verfehen.. — Die breite, fogenannte vordere
Wand konnte naturgemäß nur in ihren oberen, resp. Seiten-
teileu bemalt werden. Jn der Mitte finden wir (von
W. Wiegmann) eine übermütige „Huldigung des Gorilla".
als des „Stammvaters" des Menschengefchlechts, daneben
(von G. Guthknecht) eine ausgelassene „Trinker-Phantasie",
sowie etwas oberhalb (von Emil Döpler jr.) eine anmuts-
volle Gruppe mit der leicht zu verstehenden Bezeichnung:
„Ohne Glück, Modell und Gunst ist alle Kunst umsunst";
die darunter befindliche „Tarantella" von H. Louis —
ein Aialer mit einer jungen Jtalienerin Tarantella tan-
zend und hierbei in seinen Farbkasten tretend — ist von
drastischer Wirkung, amüsant und flott ferner A. von
Heydens aus einer von Amoretten getragenen Palette
stehender Maler, der kühn den Himmel, welcher zu einem


I.. k. Relief

Künstlerfeste ein griesgrämiges Gesicht macht, mit „Pin-
kertsblau" anstreicht.
Dies also sind die Räume, in denen sich häufig das
sröhlichste Künstlerleben abspielt, besonders abends, wenn
die heiteren Klänge der Mnsikkapellen Herüber>challen, wenu
draußen die Menschenwogen hin- und herfluten, weun
drinneu die Glühlampen entflammen und den farbenvollen
Schmuck der Wäude in neuer Beleuchtung erscbeinen
lassen. Die Osteria bildet ein wertvolles Denkmal in dem
Entwickelungsgange des „Vereins Berliner Künstler",
möchte doch aus ihr, aus dieser flotten „Sommer-Wohnuug",
ein beständiges, massives, gediegenes „Künstlerheim" her-
vorgehen, welches auch den Stürmen des Winters trotzt,
und daß dies einstmals geschehen wird, dazu sind ja bereits
einige, wenn auch vorlüufig nur schwacheAnzeichen vorhanden!


Der Brunnen
 
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