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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Das Kunstgewerbe auf der Berliner Jubiläums-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0097

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vcm Friedrich Pecht

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Iapanischrs Zimmer. vc»i R. von Seydlitz

Ungefähr dasselbe kann man von den Münchener Arbeiten sagen, so zunächst von denen des besten
nnserer Kleinmeister, Fritz v. Miller, der ein Trinkhorn, Kruzifix, Kristallgefüß nnd eine Kassette für den
Kaiser von Rußland gebracht hat, die alle in ihrer zierlichen, jedes Blatt beseelenden, echt dentschen Geist
atmenden Ausführnng direkt an die besten Zeiten der deutschen und italienischen Renaissance hinanreichen.
Ohne Zweisel haben diese Werke alle, die den Wert des Stoffs durch die Feinheit der Arbeit zu
ersetzen snchen müssen, etwas kleinliches und provinzielles neben der großartigen Verschwendung der Berliner,
die überall den Mitteln eines großen Reichs entspricht und sein Machtbewnßtsein ansdrückt. Dennoch wird
man sie viel länger betrachten können, weil hier alles individuellen Reiz, das hat, was man Rasse heißt und
was jenen entschieden fehlt. Das gilt auch von dem Hubertushirsch Gedons, sowie dem Tafelaufsatz sür die
Universität Würzbnrg, trotz dessen zerstreuten Komposition, da Halbreiters köstliche Aussührnng sie bald vergessen
macht, dann dem von R. Seitz komponierten, von Lossow ausgeführteu Prnnkgefäß als Behälter sür wohl-
riechendes Wasser, einem wahren Juwel von Zierlichkeit, wo überall die feinsten malerischen Kontraste das
Ganze beleben. — Nicht weniger interessant und sinnvoll waren die beiden in Form von Schiffen ausgeführten
Tafelaufsätze für Direktor v. Piloty und der noch schönere nnd reichere für Direktor Schilling, deren
ersterer von Barth, Schneider und Wichmann komponiert, von Eckert modelliert ward, während dies
beim letzteren durch Brochier und v. Cramer ganz vorzüglich geschah und beide bei Harrach in Silber
getrieben wurden. Da ist denn wiederum alles beseelt nnd von poetischen Gedanken getragen, atmet ein
kräftiges und humoristisches Leben in den anmntvollsten und sinnigsten Formen statt der vollkommen sinnlosen
Ornamentik des Barockstils mit ihrer trostlosen Einförmigkeit, die den Handwerkern so sympathisch ist, weil
man da gar nicht nachzudenken braucht, und bald jeder diese ewigen Schnecken machen kann. — Auch die Ju-
welenschale und Silber-Terrine von Winterhalter zeigten den so nationalen Münchener Stil. Ebenso eigenartig
stilvoll waren dann die ArbeitenO tt o Hup p s in Schleißheim, so der Handspiegel, der Säbel und die Urkunden-
rolle, welche alle dieselbe, den deutschen Kunstcharakter, wie ihn Dürer zuerst ausgebildet, so schars heraus-
kehrende, nervige und geistvolle Art zeigen. Ganz originell und geistvoll ersunden wie ausgeführt, waren serner
zwei Trinkgefäße in Form von Kegelkugeln, in Silber mit Vergoldung und Email, Geschenke einer Kegelgesell-
schaft, die von Ferd. Barth und Rud. Seitz entworfen und von Halbreiter ausgeführt sind. Ebenso
ein Handspiegel mit Ständerund Leuchtern, von Vogel entworfen und von Gröser ausgeführt. So kamen
nun noch eine ganze Reihe von Arbeiten aus den Ateliers von Winterh alter, Wollenweber, Haymann,
Elchinger, der die Verbindung von Perlen, edlen Steinen, Email und Gold oder Silber zu reizenden
koloristischen Effekten in seinen Schmucksachen am besten versteht, und von Jagemann, der die köstlichen Uhr-
gehänse fertigt bis zu Stäble, deffen Messingarbeiten ebenso verdienstlich sind, als die von Kellner kom-
ponierten nnd von Heinr. Seitz in Kupfer getriebenen Arbeiten, welche eine ganz besonders charakteroolleSpezialitär
ausmachen, ebenso wie die Zinnarbeiten L ichtingers und die Futteralarbeiten Attenkofers. Diese Münchener
Schule, die ihren eigenen Stil vollkommen selbständig aus den Gesetzen des Materials und der jeweiligen Technik
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