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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Die vervielfältigende Kunst auf der Berliner Jubiläumsausstellung: ein Nachwort
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0138

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Die vervielfältigende Nunst auf der Berliner Iudilaumsausstellung.
Ein Nachwort vau Fr. Pccht

ie grosze Ausdehnung der graphischeu Künste in
Deutschlaud gehört mit zu den auffalleiidsteu Er-
scheinuugeii unserer au solcheu doch so reicheu Zeit. Deuu
uach der beispiellos raschen Verbreituug, welche die Pho-
tographie bei uus gefundeii, hätte maii doch glaubcu sollen,
daß sie alleu auderen Veroielfältiguugsmcthoden deu größten
Äibbruch thun niüsse. Auffalleuderweise trat das genaue
Gegeuteil eiu: daß Kupferstich uud Holzschuitt eher uoch
zuuehmeu und uur die Lithographie geuötigt wird, sich
auf deu Farbeudruck zu beschräuken. Dies unerwartete
Resultat kam öor allem daher, daß die Photographie
einerseits für Kupferstich uud Holzschnitt gar sehr in
Dienst genoinmen wurde, um ihneu die Lösung ihrer Auf-
gabeu zu erleichtern uud andererseits diese durch die Kou-
kurrenz des Lichtdrucks genötigt wurden, sich sehr erheb-
lich zu oerbessern und sich dafür aus die Gebiete zu be-
schräuken, wo die Photographie am wenigsten mit ihnen
wetteiferu konute. So waudte sich der Kupferstich vor
allem der Radierung zu oder suchte selbst bei Anwenduug
des Grabstichels jeue gehaltene und geschlossene malerische
Wirkung zu erreicheu, welche der Photographie, besouders
bei alteu Bilderu am schwerstcu erreichbar ist.
Die Photographie ist eiue wescutlich plebejische Kuust;
uuruhig, iudiskret und würdelos, kaun sie selbst iu ihrcu
besten Werken uur selteu oder uie die vornehme Zurück-
haltung, das mouumentale Weseu eiues guteu Kupferstiches
erreicheu, macht daher als Zimmcrverzierung nie den edeln
Eiudruck, der jenem eigen ist, weun er seine Vorteile
auszunützen versteht. Noch weniger kaun sie als das
scclculose Produkt einer Maschiue selbstvcrständtich an deu
feinen küustlerischen Reiz der Radierung hiureicheu, weuu
die Nadel von einem wirklichen Bteister geführt
wird. Darum habeu uuserc Photographen sich komischer-
iveise jetzt alle anf die Photogravüre geworfen, eiue
Technik, wclche die Vorzüge des .Kupferstiches mit dencu
des Lichtbildes zu vereiuigeu trachtet, im Gruude aber
uur die Vorteile des eineu aufgibt, um die des anderu
doch uur uuvollkommeu zu erreicheu.
Bis jetzt ist Müncheu der Sitz, wie der nieisten
Malcr, so auch der meisteu Kupferstecher geblieben, die
vvu da aus ihre Blätter in ganz Deutschlaud versenden,
doch zähleu auch Berliu, Düsseldorf und Wieu eine Anzahl
tüchtiger Meister. Was die Radierer betrifft, so stehen
hier die Maler-Radierer an der Spitze, unter den Kupfer-
stecheru habeu sich Raab uud Krauskopf in Hünchen,
Unger, Wörnle und Hecht in Wien, Böttcher in
Berliu, besvnders aber Maunfeld dort vorzugsweise
dieser Technik gewidmet. Der weitaus beste unter den
Berlinern, Kliuger, hatte leider nicht ausgestellt.
Zuni Schönsten uuter dem Vorhandenen gehörte
jedenfalls Köppings (in Paris) Radierung der Sindici
der Tuchmacherzuuft nach Rembrandt, sowie der Morgen
nach Jules Breton von demselben. Hechts Radie-
rungen nach Lenbach'schen Porträten dürften auch kaum
zu überbieten sein in Bezug auf geschickte Wiedergabe der
Eigeutümlichkeiten des Meisters.
Unter den vorhandenen monumentalen Stichen nahm
Louis Jacobys Schule von Athen nach Raffael durch
das Verständnis und die gute allgemeine Wirkung den

ersteu Platz ein, und durch die verständuisvolle Treue
Burgers (in Müucheu) Stich der Madouna della Sedia ;
auch Dröhmer iu Berliu hatteeiugutes Blatt uach diesem
Bilde gestocheu. Kohlscheiu in Düsseldorf gab dnnu
die Madonna au lliuAs vou Raffael uud Staug ebcuda
Raffaels Sposalizio, und der Münchner Schultheiß die
beiden Portrüts dcr Saskia uud des Mädchens mit der
Nelke von Rembraudt, Eilers aus Berlin aber eiu
Bild nach van Dyck. Sehr gut sind auch die Stiche
Bnukels nach Robert Behschlag, da sie die farbige
Wirkung des Ganzeu wie deu lllnsdruck der Figureu gleich
treu wiedergebeu. Diese wie die Hccht'schen uud uoch viele
audere Blätter haben aber in der Aumüller'schen Kunst-
haudlung iu Müncheu eiueu Verleger gcfuuden, wie es kaum
eiuen zweiteu gleich nutcrnehmenden iu Deutschland gibt. Zum
besten gehören dann jcdenfalls Prof. Vogels (in München)
Stiche uach der Prinzcssiu Lonise de Tassis von vau Dyck
nnd nach Piloths Hcinrich VIII., die Aumllller auch
vertreibt.
Unter deu vieleu Radieruugen siud dann noch die
Blochs iu Kopeuhageu, die trefflicheu Blätter der Radier-
Klubs in Düsseldorf uud auch iu Weimar, dann die archi-
tektouischeu Stiche vou Haig iu Stockholm, vou Klaus
iu Wieu die vier Jahreszeiten uach Marak, von Maun-
feld die köstlichen Blätter der Pragcr Synagoge und dcr
Grüber der Mausseldcr uach Graeb, von Doris Raab
eiu Bild uach Jakobides, vou Ricardo de los Rios
sehr pikaute Radicruugen uach Besuard zu erwähneu, die
durch ihre Weichheit uud Farbigkeit besvuders angeuehi»
auffalleu. Zu dem weitaus besten uuter dem Vorhaudenen
gehörten indes eiue Anzahl Süidicnköpse von Karl
Staufser-Bern, iu welcheu dieser ausgezeichnete Portrnt-
maler diesmal alle Stecher vom Fach durch die Meister-
schaft uud vollkommeue Originalität, mit welcher er Nadel
und Stichel führt, überbotcn hat. Wir bringeu darnm
zwei derselben, obwohl die Autotypic selbstverständlich sie
nur unvollkommen wiederzugcben im stande war. Vor-
tresilich sind auch die Wörnle'schen Radierungeu nach
Gabriel Max' Christuskopf, dann nach Bildern von Achen-
bach, Gussow uud Zügel. Ebenso gab Krauskopf gutc
Blätter uach Hals uud Röth, Bröker in Berlin uach
eigeuer Zeichnung. Die zahlreich vertreteueu Uuger'scheu
Radierungen siud ja bekauut, uicht miuder, daß sie doch
mehr den Stecher selber, als die betreffenden Maler wieder-
gebeu. Unter deu Landschaften wäre dann uoch eiuer
Radieruug Vollenweiders uach Calame zu gedeuken,
womit wir die Übersicht über die hier doch nur sehr
lückenhaft vertretene Technik des Kupferstiches schließen
wollen.
Etwas reicher war der Holzschnitt vorhandeu, indes
doch auch nur von Deutschland, wo die großen Firmen
von Brend'amour in Düsseldorf, C omm anns ebeudort,
Heuer L Kirmsein Berlin, Jericke in Leipzig. Klin-
kicht in Freiburg i. B., Knesing und Walla in
München ein sehr reiches Material boten, das freilich fast
ausschließlich für die Bedürfnisse der großen illustrierten
Blätter berechnet ist. Darunter sind die Porträte Klin-
kichts und Knesings Wiedergaben der Bilder vou Hugo
Kauffmann, Jakobides, Guido v. Maffei, Keller, Uhde,
 
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