Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

DOI Artikel:
Raupp, Karl: Tempi passati!: München und seine erste große Kunstausstellung im Glaspalast
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0242

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1?einpi pLLZLti. Von K. Ranpp

185

und zum Ausruhen in den Pausen der Kunstschau ein-
ladet."
Nun, diese Wünsche sind in der Hauptsache längst
in Erfüllung gegangen und dem einst ungenügsam Be-
gehrenden würden denn doch die Augen gewaltig sich er-
weitern, könnte er die Pinakothek wie den einzig schönen
Königsplatz von heute mit der beklagten Vergangenheit
wieder vergleichen. Recht bescheiden war denn auch die
äußere Physiognomie der guten Stadt München, als die-
selbe, eingedenk ihres künstlerischen Rufes die Schöpfungen
eines halben Jahrhunderts auf dem Gebiete der deutschen
bildenden Kunst in dem gläsernen Palast versammelte und

gegeben. Über alle Erwartung zahlreich gestaltete sich der
Besuch dieser ersten Ausstellung. Gastlich empfing die
Münchener Künstlerschaft die Kunstgenossen aus allen
Gauen des weiten Vaterlandes. Gehoben von dem Gefühl
der ersten gemeinschaftlichen nationalen That auf dem Ge-
biet der Kuust, fanden sich die Künstler und ihre Gäste
am Vorabend der Künstlerversammlung im ersten Stock
des Hotel Schafroth in der Dienersgasse zusammen. Hier
hatte die Gesellschaft der damals älteren Künstler, hervor-
gegangen aus dem berühmten „Stubenvoll", sich ihr Heim
gegründet und ihr Lokal mit recht unbequemer Gotik, so
wie man dieselbe einstmals verstand, ausgestattet. Nebenan,


z > M i
kLM«

Das llünstlerfest auf dem skarnbergrr see gelegentlich der drunstausstellung ;u Wünchen l858

die Welt zum Besuche lud. Es war dies, wie schon ge-
sagt, im Sommer 1858.
Die Choleragefahr hatte zwar kaum vier Jahre vor-
her die Kunst-Residenzstadt an der Jsar in eine recht
schlimme Nachrede versetzt, so daß noch lange nachher
eine Reise dahiu zu den höchst gefährlichen und wohl zu
überlegendeu Dingen gerechnet ward. Fast verwegen
schiens dem Denkmal dieser schlimmen Zeit, dem odiösen
Glaspalast, ein neues großartig geplantes Unternehmen
anzuvertrauen. Jedoch die Anziehungskraft der Müuchener
Stadt erwies sich größer als die Furcht vor ihrem Klima.
Alle Gasthöfe waren gefüllt, das gebildete Deutschland
hatte sich, so schien es. ein Rendezvous im Glaspalast
Die Aunst für Alle II.

nur durch eine Thüre getrennt, sangen die einstmals
Jüngeren ihren Pslichtgesang als jüngst gegründeter
„Küustler-Gesangverein" nnd nur bei festlichen Gelegen-
heiten, wie jetzt wieder, öffnete sich die Scheidewand zu
den alten Herren. Jeder Bahnzug brachte an dieseni
Tag und Abend neue Genossen von Nah uud Fern,
freudiger, lanter, begeisterter Gruß schallte den Ankommen-
den entgegen und erfüllte die sonst so stillen Räume des
älteren Künstlervereins mit wachsendem Jubel. Auch der
Maler Erust Schalk aus Fraukfurt a. M. befand sich
unter den Gästeu, welche mit dem letzten Abendzug ge-
kommen waren. Die hochgehenden Wogen des Enthnsias-
mus ließeu die ängstlicheu Bedenken schwinden, welche das
24
 
Annotationen