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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0251

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vermischte Nachrichten — Uunst-Litteratur

192

H Professor Friedrich Auqust v. Kaulbach aus
Miinchen war unlängst vor den Berliner Gerichten erschienen,
um als Zeuge gegen den Kunsthändler Hermann Karl
Wloczyk aus Hambnrg aufzutreten, der der unbesugten
Nachbildung eines Werkes der bildenden Kiinste beschuldigt
war. Es handelte sich um eine Nachbildung des bekanuten
Kaulbachschen Bildes „Die Lautenschlägerin", welches zur Zeit
iu der Belvedere-Galerie in Wien sich befindet. Dsr Angeklagte
hatte im Jahre 1884 Nnter den Linden 59a eiu Filialgeschäft
erösfnet, in welchem er eine Lautenschlägerin von Emauuel
Delmarco feilhielt, welchc uach dem Gutachten des Sachver-
ständigenvereins zweifellos eiue Nachbildung des Kaulbach'schen
Vildes, wenn auch iu unkvrrekter Dlusfiihrung war. Der An-
gcklagte gab au, daß er das fragliche Bild von einem Kunsi-
häudler in Wien als Kvmmissionsartikel erhalten habe, seines
Wissens könue er sich nicht strasbar gemacht habeu, denn ihm
sci es nicht bekannt gewesen, daß das Bild ein Plagiat sei.
Professor v. Kaulbach erklärle, datz es ihm um eine Bestrafung
des Angeklagten bei Stellung des Strafantrages uicht zu thun
gewesen, sonderu er habe nur den Schutz der Gerichte angerufen
im Jnteresse der Kunst, welche durch derartige Nachahmungen
geschädigt wiirde. Da dem Angeklagten nicht die Wisseutlichkeit
iiachgewiesen werden konnte, daß das in Rede stehende Bild eine
Nachahmung war, so hielt der Staatsanwalt nur die Anklage
wegen Fahrlässigkeit aufrccht, wofiir er eine Geldstrafe von
59 Mark beantragte. Der Gerichtshos erkannte aber auf Frei-
sprechung des Angeklagten, weil das Gesetz eine fahrlässige
Handlungsweise im Sinne der Anklage nicht mit Strafe bedroht.
Dagegen murde auf Einziehung des betr. Bildes erkannt. sB. T.)
vm Die deutsche Gesellschaft zur Beförderung
rationeller Malverfahreu hielt am 18. Februar ihre
Gcneralversanimlung ab. Die Gesellschaft hat sich bekanntlich die
Verbesserung der technischen Hilfsmittcl des Malers und die
Hebung und Förderung aller dahin zielenden Bestrebungen zur
Äufgabe gemacht und, wie sich aus dem Bericht des Vorsitzenden,
Prvf. W. Lindenschniit, ergab, bereits weittragende Erfolge zu
vcrzeichnen. Jn den Vorstand trateu bei der Neuwahl die Maler
Benz und Ed. Stadler, an Stelle der krankheitshalber Aus-
geschiedeneu, Prof. Or. Feichting er und Dedreux, eiu. Vor-
sitzender blieb Prof. W. Lindenschmit. —Autzer dem geschäft-
lichen Teil brachte der ?lbend noch einen nileressanten Vortrag
des Düsseldorfers Chemikers Horadam über „Mussinifarben".
vm Die Künstler Roms veranstalteten in den Räunien
ihres neuen „internationaleu Kiinstlerheiins" im Palazzo Patrizi
aiu 20. Februar einen Bali, welcher sich zu einem der glänzend-
steu Feste des — infolge der kriegerischeu Wetterwolken am
italienischen Hinimel uud der Ungunst der Witterung allerdings
arg verküminerten — diesjährigeu Karnevals gestaltete und nahe
au 1500 Persouen vereinigte. Der llnterschied dieses Balles vou
denjenigen früherer Jahre im alten Künstlerheim war ein augen-
sälliger. Die ersten Gesellschaftskreise der ewigen Stadt nahnieu
daran, und zwar ihre Damen vielfach in prachtvolleu Toiletten,
teil, dafür aber lietz sich auch kaum hier uud da eine Maske
blicken. — WaS das Fest gegeu seine Borgänger an gesellschaft-
lichein Glanz gewonnen, hatte es an künstlerischer Eigenart ent-
schieden verloreu.
O Ju dem Rechtsstreit der Photographischen Gesellschaft
iu Berlin mit dem Münchener Kunsthändler Scholl hat jetzt
auch der erste Strafseuat deS Neichsgerichts das Verdikt des Land-
gerichtes bestätigt. Scholl ist darnach wegen unbefugler Verviel-
fültigung des bekannlen Gemäldes „Königin Luise" vou G. Richter
dnrch Ölfarbendruck zu einer Geldstrafe von 50 V!k. und zur
Znhlung einer Schadenersatzsunime an die Photogr. Gesellschaft
verurteilt.
vm Von der spanischen Regierung wurde die Wieder-
herstellung des jüngst abgebrannten Alcazar von Toledo
beschlossen, welche sich auf eine einfache Renovierung beschränken
soll und etwa eine Million kosteu wird. Das Schloß, welches
bckanntlich zuletzt als Militärakademie dieute, wird danu zu keinem
profanen Zwecke wieder benutzt, sondern als uationales Denkmal
bchütet werden.
O Aus Aulatz des 90. Geburtsfestes Sr. Majestät des
Kaisers werden sänitliche Schulen Berlins eine Büste oder ein
Ölbild des greiseu Monarchen zum Geschenk erhalten. Die
Kosten werden mit 40,000 Mark bestritten, welche zur Geburtstags-
feier ausgeworfen siud; im Bedarfsfalle wird diese Sunime noch
rrhöht werden.

Kunstlittrratur und vrrvielfältigende Runst
Albrecht Dürer von L. Kaufmanu. 2. Aufl. mit
einer Heliogravüre, füns Lichtdrucken und neun Holzschnitten. Frei-
burg, Herder. 1887. Brosch. Mk. 6, geb. Mk. 8. Leben und Werke
des Meisters haben hier einen ebenso verständnisvollen wie be-
geisterten Jnterpreteu gefundcn. Zunächst hält sich das gediegen
geschriebene Buch von sogen. „tiefgehenden Forjchungen", deren
schlietzliche Resultate sehr oft dem bekannten in Geburtsmehen sich
befindenden Berge zum Verwechseln gleichen, glücklicherweise fern
und wendet sich srischweg an das Volk und zwar zunächst an das
katholische, dem es die Betrachtung und Genutz der Werke klar
uud deshalb fatzlich verinittelt. Es wird manche ärgern, datz der
grotze Meister mit guteu Gründen hier für die alte Kirche reklamiert
wird, das schadet aber gar nichts. Es ist das eine sehr heilsame
und nötige Neaktion gegen das Gebahreu der Herren Thausing,
von Retberg und Genossen, den Künstler mit der lluverfroren-
heit moderner Geschichtsmacherei ä la Treitschke für die Reformatiou
in Beschlag zu nehineu. ?lbgesehen davon, dah der Meister sich
durch seine Werke für jeden unbefangenen Betrachter als innigen
Verehrer deS katholischen Kultus beweist, sein Leben, seine hand-
schristlichen Äutzerungen, sein Verhältnis zu den Hochgebildetsten
seiner Zeit, die ebenfalls Anhänger der alten Kirche geblieben sind
und die, sehr gelinde ausgedriickt, der Goethe'scheu Ansicht waren,
„datz das Lutherlum ruhige Bildung zuriickdrängt", rechtsertigeu
die Kaufmann'sche Beweisführung vollständig.
-t I. v. Falke, die Wieuer Porzellanfabrik. Wien, Gerold.
15 Mk. Eine trefsliche Monographie über diese eiust großen Rus
genießende Anstalt, welche infolge ihrer llnfähigkeit mit deu
Forderungeu der Zeit fortzuschreiten 1864 eingiug, uachdem sie
auderthalb Jahrhunoerte gedauert und in der Rokokozeit, wo sie
die Gesetze des Materials besser verstand, viel Hübsches erzeugt
hatte. Au der antikisierenden Richtuug ging sie zu Grunde, ward
langweilig und abgeschmackt in ihren Produktionen. Was damals
uicht verdorbeu wurde, verdarb vollends der danu eiutretende,
blos auf Rentabilität sehende „kaufmännische Betrieb", der ganz
vergaß, daß eiue solche Staatsanstalt künstlerisches Borbild fiir
alle anderen seiu mutz oder keine Berechtigung hat. Die schön
ausgestattete Äbhandluug stellt uus eine Reihe weiterer über die
einzelnen Abteilungeu der Sammluugen des österreichischen Mu-
seums in Aussicht, deueu man mit Bergnügen entgegensehen kann.
Autzerordentlich wohlthätig märe es, wenu der Versasser uuS
aus dem reichen Schatze ssiner Erfahrungen einmal eine Gejchichte
all deS llnheils gebeu wollte, welcheS dieser „kausmännische Be-
trieb" schon in der deutschen Kuustindustrie angerichtet hat, wo
ihm regelmätzig Kunst- uud Slilverständnis, wie gesunder Patrio-
tisnius gleich sehr abgingen und nur zu oft heute noch abgchen.
BesonderS wcnii er uns daneben die Fabrikanten schilderte, welche
ihre Judustriezweige wieder cmporbrachten, weil sie jene beideu
Erfordernisse bejahen, oder sich uach und uach errangen.
-t Katalog der graphischen Ausstellung in Wieu 1886.
v. v c. O. Berggruen. Gesellschaft sürvervielf. K u n st. Pr.-Asg.
12 Mk. DiejeS Werk ist uicht nur sehr geeiguet, über den dermaligen
Stand der graphischen Künste in Deutschland zu orientieren, sonderu
es bringt dem Leser auch in einer Reihe ost sehr reizender, fast immer
genügender Jllustrationen eineu lebendigen Begriff der Mehrzahl
der jetzt vorzugsweise gebrauchten Vervielfältigungsmethoden bei.
Die Eleganz der illusstattung macht es nicht nunder zu einem
sehr interessanteu Album vou enlschiedenem Kuustwert. BesouderS
ist hier noch auf die Einleitung des Herausgebers hinzuweisen,
die in kurzen Worten eine gleichwohl genügende Darstellung des
dermaligen Standes der graphischen Künste gibt. Sie trisst in den
Resultateu so ziemlich nut dem zusammen, was hier erst neulich
in den Berichteu vou der Berliner Ausstellung über die Materie
gesagt worden und vervollständigt dasselbe.

Truckschlcr-Bcrichtigmii,. Auz S. IS7 in Hcft lü, Zeile 1 der rcchten
Spaltc sind dic Worte i „wiirc nur... bcibehalten bliebe" zu streichen.
Acdaltlwnsschluß dicses LcNes: 1. Märj — AusgaSe: 1L. März

Zllbalt des ^wolkteil stwstc'S: Lerl: Historisches Porirät und Allegorie
m der iiwdcrnen Slulptur. Von Gnstao Ebe — Karl Ranpp. Boin
Herausgeber — lempi pLssLti. Bon K. Naupp — DaS Lübeckcr Gcibel-
Denkmal. Von G. Voß — Unsere Bilder. Bom Herausgeber — Kunu-
noNzcn rc. — Kitderöeitagen: Jm Schutze der Mutter. Von K. Naupp
— ^unges^Volk. Von K. Naupp — Slreit der Königinnen. Von Frank
Kirchbach — Gute Freunde. Von Paul Meyerheim

Redigiert unter verantwortlichkeit der verlagsanstalt für Kunst und wissenschaft vorm. Fr. Bruckmann (vorstand: A. Brnckmann)
 
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