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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Unsere Bilder, [18]
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Daelen, Eduard: Ein Grab-Monument von Karl Janssen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0265

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2vr

Unsere Bilder. Uom kserausgeber

Lin Grabmonuincnt. von Uarl Ianssen

das Ganze gebreitet wird. der mit den gewöhnlichen Jn-
spiratinnen der Jdenlisten ans dcm Gipssaal aber anch
gar nichts zu schafsen hat.
Zu den Meisteru, die es hier in München erst seit
eiuigen Jahren, aber da fast plätzlich zu graßem Anscheu
gebracht haben, gehört nnstrcitig Karl Seiler. Deuu bis zur
Ausstellung twn l883 wußte mnn fast nichts vvn ihm, da er
sich, obwvhl hier gebildet, nach dcm Fcldzug twu 1870, dcn
er mitgemacht, crst iu Düsscldorf, dauu lange iu Frank-
reich und England aufhielt, nach welch letzterem anch alle
seine Bildcr gingeu, so daß ihr erstes Anftaucheu nls iu
ihrer Art twlleudete Meisterwerke damals durchaus übcr-
raschte. — Hat er sich in Paris offenbar den reizend
pikantcn, scharfen Vortrag des Watteau und dcs Fortuny
sehr angeseheu, so gehört doch dcr köstliche Hunwr, deu
er in seinen Kabinettsstücken entwickelt, ganz ihm. Datwn
gibt unscr Bild ein prächtigcs Zengnis, wie er die
Zopfzeit nicht uur an ihren Röcken studiert, sonderu auch
die darin steckendeu Menscheu bcgrifsen hat. Wer bezweifelt,
daß der Kammerhcrr rechts, als Begleiter Seiner Durch-

laucht, des Malers Leinwand mit so piel mchr gefälligcr
Ausmerksamkeit als innerem Anteil betrachtet? Daß er aber
oicl Menuett getanzt habe, sieht nian schon an der Stellnng
seiner Füße ebenso sicher, als cinem aus dem Kvpfe deutlich
wird, daß er seiu spanisches Rohr gelegentlich anch dazu
beuutzen iverde, die Hoflakaien über ihre Pslichteu zu be-
lehreu. Jhre Durchlaucht aber, die das Bild mit dcr
Loupe ausehen, sind offenbar dessen Käufer und wollcn
sich überzeugen, ob die darauf Dargestellten auch alle
Knöpfe an den Röcken haben. Als Kenuer — von
Knöpfen — und Käufer zuglcich macht die Durchlaucht
denn auch eine Menge von Bemerkungcn, die unser Raffael
in kurzen Hosen offenbar mit mehr frommer Ergebung
als Verguügen hinnimmt, nachdem er durch den unvcr-
mnteteu Besuch überrascht uud ihm herablasseud uicht
eiumal gestattet wordeu ist, sich zu erheben und seinen
Rock anzuziehen. Ob er aber, wenn die Herreu erst fort
sind, letzteres nicht dennoch thun und schleunig seinen
Ärger über alle souveränen Kunstkcnner verlaufen wcrde,
wer möchte dafür gutstehen?

Lin Graü-Mamlment von Aarl Mnssen

eim von Düsseldorf als Kunststadt die Rede ist, so hat inan
dabei m der Regel vor allem die hier seit langer Zeit flo-
rierende Malerei im Auge. Jm Vergleich zu ihr hat eben die
Schwesterkuust, die Bildhauerei, noch gar wenig vou sich reden
gemacht; es hieß hiu uud wieder, daß sie wie ein Veilcheu im
Berborgeneu blühe. Mau merkte aber uichts davon. Wies doch
die beriihmte Kunststadt außer dem alten „Jan-Wilm" auf dem
Marktplatz bis vor wenigen Jahren nicht ein uenuenswertes
öffentliches Mouument auf und der oft gehörte Vorwurf, daß
Düsseldorf in seiuem Äußeni den Charnkter einer Kunststadt so
gut wie gar nicht dokumentiere, ließ sich leider mit schlagendeu Ar-
gumenien kaum widerlegen. Darin ist aber seit etwa zehn
Jahren eiu bedeuteudes Streben zum Besseren erkennbar. Das
zeigt sich erfreulicher Weise auch auf dem städt. F-riedhofe. Hier war
jeuer Vorwurf ganz besonders zutreffend. Dabei brauchte mau
gar iiicht einmal die mit rcichen und künstlerisch wertvvllen
Cpitaphien geschmückten Kirchhöse der meisteii italienischeu Städte
iu Vergleich zu ziehen, auch manche deutsche Stadt, welche in
küustlerischer Beziehuug durchaus nicht mil Düsseldorf rivalisieren
köunte, hat einen monumeiital hervorragendereu Friedhof.
Seit einiger Zeit besitzt uun aber auch der Düsseldorfer
F-riedhof wenigsteus ein Grabdenkmal, das seiner hoheu Bedeu-
tung und Würde iu jeder Beziehuug eutspricht. Dies ist das
vou Karl Jansseu ausgeführte, welches unser Bild wiedergibt.
Es schmückt das Grab des im Jahre 1880 verstorbeuen Kom-
merzienrates Albert Poensgen, eines hochangeseheneii Groß-
industriellen, der wegen seiner vorzüglichen Herzenseigeuschasten,
uamentlich wegeu seiuer großmütigen Milde und J-reigebigkeit,
eine uugemeiu große Beliebtheit iu nllen Kreisen genoß. Die
Trauer über seinen Tod mar deshalb uubeschreiblich. Nur ein
echter, gvttbegnadeter Kiinstler durfte es unteniehmen, diese so
allgemeiu uud tiefempfuudene Trauer zum verklärteu Ausdruck
zu bringen. Ein glückliches Geschick leitete die F-amilie Poensgen
bei der Wahl, als sie dem jungen Bildhauer Karl Janssen, der
bis dahin erst ein allerdings viel Taleut zeigender Schüler der
Kunstakadcmie war, deu Auftrag gab, eiu Grabmonumeut füi
deu Verstorbenen anzusertigen.
Seine Huldgestalt der traiieruden Liebe, welche die Zeichen
des unvergänglicheu Nachrnhms, des treuinnigen Gedeukens,
Lorbeerkrnnze und Paluien, darbringeud, vom Schmerz überwät-
tigt am Grabe uiedergesuukeu ist, hat die Kuiist mit einer solcheu
holden Schönheit und edlen Haiuivnie durchgeistigt, daß dieser
Hauch wie ein 8kuf aus höheren Sphärcn die Seele zur Ver-
söhnuug, zum reiusten Troste erhebt. Diesem läuterndeu Ein-
druck wird sich kein Beschauer, welcher der weihevollen Stätte
naht, verschließen können. llnd ebenso ivie dem Empffnden des
liebendeu Herzens ist hier nuch alleu künstlerischen Aufvrderungeu,
was die techuische Ausführuug, den Aufbau, die Abwägung der

Prvportionen rc. anbetrifft, vollkommeu Genüge geleistet. Von
eineui jungen Künstler, welcher mit seiner Erstlingsarbeit gleich
ein solches Meisterwerk zu geben verstand und damit freudige
Hosfuungen auf die Zukunft hervorruft, dürfen wohl einige
üähere Ängaben über seinen bisherigen Entwicklungsgaug auf
allgemeiues Jnteresse rechnen.
Karl Janssen wurde geboreu am 29. Mai 1855 zu Düssel-
dorf als der jüngste Sohn des Kupserstechers Th. W. Janssen,
dessen altester Sohu der Historienmaler Peter Jansseu, Professor
der Düsseldorfer Kunstakademie ist. Karl besuchte die letztere als
Schüler der Bildhauerklasse. Als solcher ging er 1878 in einer
Konkurrenz um deu Preis der Wetter'schen Stiftung als Sieger
hervor mit der Zeichnung eines Frieses, den Kreuzzug Friedrich
Barbarossas darstelleud. Der Preis bestaud in einer Summe
von 1000 Thalern zum Zweck einer Romreise. Janssen konnte
dieselbe nicht gleich autreten; da kam die Bestelluug der Familie
Poensgen hinzu und uuu mußten dem Wunsche, diese ernste
Aufgabe umgeben von den geheiligten Denkmälern der ewigen
Roiiia auszuführen, alle Hemmuisse weichen. So wurde denn
1881 die Reise unteriiommen uud die Arbeit dort iu carrarischem
Marmor vollendet. Ein folgender ähnlicher Auftrag, ein Grab-
moiiument für deu Kommerztenrat Tielsch in Altwasser
sSchlesiens wurde ebenfalls in Rom ausgeführt. Jn den letzten
Jahren ist der junge Künstler durch verschiedeue Nufträge wieder
au seiue Hcimat gefesselt worden. So modellierte er hier, zu-
sainmen mit seinem Kvllegeu Josep h Tüshaus den figürlichen
Sckimuck zu dem prächtigen Pult, welches die deutschen Eiien-
iiidustriellen dem Minister von Stosch als Ehrengescheuk widmeten
uud das, vou Professor Schill entworfen, von Bollgold in
Silber ausgesührt wurde. Demselben harmonischen Zusammen-
ichaffen vou Janssen und Tüshaus verdankte die Begrüßungs-
gruppe der Rheinprovinz, welche bei der letzten Anweseuheit des
Kaisers iu Diisseldors den Mittelpunkt des dekorativen Schmuckes
beim Fest im Ständehause bildete, ihre Entstehung. Diese Gruppe
stellte den zum Willkommgruß sich ueigenden Bater Rhein im
Kreise seiner cinmutigen Töchter Mosel, Düssel, Wupper und
Ruhr dar, unv fand durch ihren entzückenden Liebreiz sowohl
bei dem hohen Gast, dem zu Ehreu sie entstanden, wie auch bei
allen Beschauern eine so begeisterte Aufnahme, daß dem Künstler-
paar von den Ständen der Rheinprovinz ein zur Ausführung
in daueiiidem Material jdie Dekoration lvar in Gips ausgeführt)
bestimmtes Modell besteltt wurde. Durch die Ausführung dieses
Denkmals wird nach seiner Aufstellung das künstlerische dlussehen
der Stadt sicherlich ebensosehr gemiunen, wie solches durch das
Jaussen'sche Grabmonument bei ihrem Friedhof bereits der Fall
ivar. llnd hoffentlich wird dadurch der Künstler auch seiner
Vaterstadt zu dauerndem Schaffen gewonnen, zu seinem und
ihrem Ruhme. ß, paclen
 
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