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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Unsere Bilder, [22]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0344

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Unsere Bilder. vom kjerausgeber

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In drn Ponkinischrn Aümpsrn. von Lnrique Serra

qlanben, jn, von ihrer Überlegenheit fast jo überzengt
werdcn, als sie selber. Ein Gevatter Handschuhmacher, an
dessen Leder man glaubt, ist aber in der Kunst mehr wert,
als ein Gott, an dem man zweifelt, deshalb sind die
Schneider und Hnndschuhmacher, die Gänsemädchen und
Kammerkatzen jetzt so oben auf in der Malerei.
Den Reiz italienischer Kirchenfeste zeigt uns Eurigue
Serra, wohl einer der vielen in Rom lebendeu Spanier.
Da der Katholizismus des Südens ja überhaupt weit ent-
ferut ist, so sauertvpfisch uud streitsüchtig zu sein, als er
es anderwärts unter grauerem Hinimel oft wird, so hat
er auch sehr früh begriffen, daß man seinen Dienerinnen
im Ganzen doch weit den Vorzug vor den Dienern gibt,
und schickt daruni auch bei allen Prozessiouen womvglich
eine Schar weißgekleideter Jungfrauen voraus. Hier den
Säugerchor der „Marientöchter", die offeubar ihre Augen
nicht nur znm Notenlesen zu gebrauchen wissen. Aber
wem lachte das Herz nicht, wenn er so einer Schar lieber
Kinder begcgnet, die mit ihren reinen Stimmen froinme
Gesänge in die würzige Morgenluft hinein erschallen lassen?
Wenu sie, so wie hier, aus dem dunklen Grün heraus-
komnieu und als Folie alte Mönchsgesichter hinter sich
haben, so erscheinen sie uns als die reinsten Engel. Weih-
rauchduft, Glockengeläute und Böllerschießen vollenden dann
die Berauschung, die uns den Himmel offen sehen läßt,
der ja ohne schöne heilige Jungfrauen ohnehin sehr lang-
weitig wäre. Weit nicht so bestechend seheu die Herren
Patres in der Klosterbibliothck aus, ivenn sie gerade liberale
Zeitungen lesen, aber auch hier hat sie Serra frappant wahr
geschildert und ohne den sentimaleu Anstrich, den ja der
Jtaliener überhaupt nicht kennt.
Den veredelnden Einfluß Passinis sieht man bei
Alexander Zezzos, der niit Ruben und Blaas auch zu dem

Kreise gehört, welcher sich dort um den deutschen Meister
gebildet. Hicr bringt er nns das Porträt der schönen
Tochter desselben, deren Bild wohl allen im Gedächtnis
blciben ivird, die je das Glück gehabt, sie dort unter blühen-
den Oleanderbüschen am Canal grande anmutsvoll ihres
Zlmtcs als Wirtin znr Seite des Vaters walteu zu schen.
Daß alle Wege nach Rom führen, davon gibt unser
heutiges Blatt cin letztes aufsallendes Beispiel indein
es uns mit Oswald Ächeubachs „Vin nppin nuovn"
schließen läßt, die ja bekanntlich direkt auf den Lateran zu-
führt. Es ist dem Meister vortrefflich gelungen, uns die
majestütische Trauer und Einsamkeit ahnen zn lassen, die
uns mit unwiderstehlichcr Macht gefangen nehnien, wenn
nian dvrt vor der Terrasse der Kirche auf der alten
römischen Stadtmauer stehend, die Blicke hinab auf die
Straße und über die trümmerbesäte Canipagna weg auf
die fernen Albanerberge oder über ein einsames Ruinen-
feld nach St. Croce hingleiten läßt. Es war das
noch vor zehn Jahren der poetischste Platz in ganz Rom,
von eineni schwermütigen Zauber, der seines gleichen in
ganz Europa nicht mehr fand, umgeben von den stnninien
und doch so beredten Zeugen zweimaliger durch ein Jahr-
tausend getrennter Weltherrschaft. Jetzt haben sie wohl,
wie die nebenan liegende Villa Massini der Bauspekulation
weichen müssen, die mit ihren häßlichen Mietkasernen den
doppelt geweihten Boden schnöde entheiligt. Da ist man
denn dem Künstler doppelt dankbar, der uns in einem
gemalten Gedicht voll Herrlicher Pracht erhält, was im
Leben untergehen mußte.
Herr Grönvold führt uns dann den richtigen Leichen-
bitter vor, der zum Begräbnis all dieser versunkenen
Herrlichkeit einlädt. Es ist ein „Herr Registrator", der
sie bereits in seine Akten eingetragen hat, so daß man sie
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