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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Die Tiermalerei in der Münchener Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0352

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2?q

Die Liermalcrci in der Dmnchencr Runst



§kizze van Viktvr kvcisliaiipt

Beide Gattungen treten denn auch
in der Münchener Schule sofort zu An-
fang unseres Jahrhunderts auf. Da
letzteres bekanntlich zunächst etwas un-
rnhiger war, so zeigt nns denn auch
der, welcher eigentlich diese Schule init
seinen Aquarellen nnd Radierungen er-
öffnete, der treffliche I. A. Klein, die
Pferde, Ochsen nnd Schafe, die er vor-
zugswcise inalte, in ihren Berührnngen
mit dcm Menschen dnrchans als die
Gescheutercn nnd Gebildetercn. Sie sind
in der That seincn Soldaten und Banern,
Haiidwcrksbnrschen und Milchmüdchen
weit vorznzichen, sind weniger stcif nnd
langweilig als diese, obwohl das gegen-
seitige Vcrhültnis spätcr nie mchr diese
Jntimität zeigt, svndern bestündig au
Jniiigkeit abnimmt. Schon bei seinem Zeit-
genosseii, dem Schlachtenmaler Albrecht
Adam, hat cs sich sehr zu Nngunstcn
der Pferde, die cr fast ausschließlich darstellt, vcrändert, da dcr Reiter hier bcreits dic Zügel crgriffen hat nnd
dcr arme Ganl gewöhnlich nnr büßen mnß, was jcner verbrochcn, auf die Schneefelder Rnßlaiids nnd in die
Steinwüsten Spaniens geschleppt wird. War schon bei dcn Achäern das Hcroentum mcist ein sehr nnsreiwilliges,
so zeigt nns Adam dessen Schattenseiteu bci den Gänlen noch viel dentlichcr als Klein.
„Niemand ist ein Held, wenn man cs nicht siehtl" behanptet bckanntlich der boshafte Larvchefviicauld,
nnd das Pferd, welches von allen Tiercn am meisten Beifallsliebe besitzt, bcstätigt durchweg diesen Satz in
Adams Schilderungen, da cs nnr in gnter Gcscllschaft, bei der Attacke oder dem Wettrcnnen Mnt zeigt, sonst
aber gewöhnlich die Ohren hängen läßt, besvnders wenn die Rationcn verkürzt iverden.
Weit frenndlicher inutet uns die Tierwelt bei dem bald nach wicderhergestelltem Frieden 1815 auf-
tretendem Wagenbaur an. Er ist der cigentliche Vatcr der oberbayerischen Jdyllen in der Malerei. Wie
Menschen und Tiere so innig mit der Landschaft verbnnden sind, in der sie sich bewegcn, wie der tiefste
Friedcn zwischcn ihnen herrscht nnd das allgemeine Stiinmrecht schvn anf Ochsen und Schafe übertragen ist,
falls sie sich vvn ihren frommen Hirten willig anf die grünen Triftcn führen lassen, das ist bei ihm wahrhaft
vorbildlich für spätere Zeiten zu sehen. Denn der cchte Llünstler ist ja iininer cine Arl von Prophet, anch
wenn cr gar nichts davon wciß. Das hcute noch nngetrübtc Natnrlebcn, das nnseren oberbayerischen Alpen
anch eincn so unendlichen Reiz gibt, es besteht fast ganz noch so, wie zn Wagenbaners Periode, wo cs anf
seinen Tafeln mit beneideiiswerter Anspruchslosigkeit geschildert wird. Sie sind Meisterstücke von harmloser
Poesie, nnd niemand kann es dem alten König Max Joseph verdenken, wenn er an ihncn weit mehr Gcfallen
fand, als an des Cornelius griechischen Helden, die in des „narretcn Krvnpriiizcn Haus", wic die damaligen
Münchener die Glyptothek getanft hatten, gerade zn jencr Zeit zn wüten anfingen. Wir Mvdernen freilich lieben
die Harmlosigkeit, Unschnld nnd besonders die Frömmigkcit
anch ganz außerordentlich aber vorzugsweise an andern.
Dies ist überhanpt ein Hauptgrnnd, weshalb die Tiermalerei
gcrade in raffiniertcii Zeiten immer so sehr gcschützt wird,
wie fie gleich der hentigen Banernmalerci odcr der Kinder-
darstellnng uns naive Existenzen, das mchr oder weniger
liebenswürdig Uiibewußte vorführt. — Freilich hindert uns
die Begeisterung für die Läminer nnd Schafe gar nicht, den
Umgang mit ihnen oder den Schöpscn noch vorzuzichen,
wenn sic gebraten sind und ihre Wolle zu Or. Jäger'schen
Hcindcn verwendet wird.
Auf die Wagenbaur'sche Unschnld fvlgte der schon
viel weniger harmlosc Peter Hcß, der uns anch ins Ge-
birge führte und der breitgestirntcn Rindcr glatte Scharen
in Partenkirchen am frühen Morgen schon durch göttliche
Kuhhirten auf die Weide treiben ließ nnd uns damit das

Aus Iulius Adams ^kizzcubuch
 
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