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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Paetus: Dresdner Kunst-Zustände
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Lindenberg, Paul: Das neue Heim des "Vereins Berliner Künstler"
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0364

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Dresdener Kunst-Zustände — Das neue Ljeim des „vereins Berliner Künstler". von paul Lindenberg

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und die Besucher widmen ihnen nicht die gebührende Auf-
merksamkeit, schenken ihnen höchstens im Vorübeigehen
einige Blicke, wenn sie ermüdet von den Hauptsehens-
würdigkeiten die Säle verlassen. Die Aussichten des kknter-
nehmens erscheinen günstig. Se. Majestät der König Albert
hat ihm seinen Schutz zugesagt. Preisrichter werden sein
die Herren Prof. Dr. Adolph Menzel und Prof. Anton
von Werner in Berlin, Hubert Herkomer in London (?),
Hofrat Prvf. Panwels, Prof. Erwin Öhme und Prof.
Julins Scholtz in Dresden. Die bedeutendsten Bertreter
der obigen Kunstzweige haben ihre Beteiligung zugesagt
nnd eben jetzt sind gegen 2000 Einladungen in alle Kunst-
städte des Jn- und Auslandes abgegangen. So hoffcn
wir, daß das klnternehmen der Kunstgenossenschaft zu
gutem Ende gedeihen wird. kknzweifelhaft würde ein
günstiger Erfolg nnserem Streben nach Hebung der
Dresdener Kunst ein starkes Rückgrat leihen. Wir hoffen
dazu auf die thatkräftige Unterstützung der deutschen Künstler.
kknzweifelhaft würde eine glänzende Ausstellung auch von
Aquarell- nnd Pastellgemälden hier manchem die Augen
ösfnen, welch' trauriger Schund hier oft mit dem Namen
Kunst belegt wird.
Denn leider können wir nicht sagen, daß sich in
Dresden gegenwärtig viel Kennerschaft nnd Iknterstützung
der wahren Kunst finde. So werden z. B. die meisten
Bildnisse von Ministern, Landtagspräsidenten n. s. w. u. s. w.
hier — Sie werden es kaum glauben — beim Photo-
graphen bestellt. Daß in Dresden Prof. Pohle und Prof.
Kießling leben, deren Werke jene an nnd für sich ja ganz
tüchtigen Leistnngen nm das zehnfache überragen, das
scheint man in Dresden nicht zn ahnen. Daß durch solche
kknterstützung des Handwerksmäßigen von obenher der
Kunstsinn der mittleren Klassen nicht gefördert wird, be-
darf auch wohl keiner Erwähnung. Es gehört hier wahr-
haftig schon zum guten Tone, sich beim Photographen
nach Photographie malen zn lassen. Leider findet diese
Knnst hier in der Presse unausgesetzt ihre Fördernng.
Erwähnen wir zum Schlusse, daß noch nicht alle
Hoffnung auf Besserung verloreu ist. Es gibt hier einen
Stanim jüngerer Künstler — und manche älteren schließen
sich ihnen an —, die mit tüchtigem Können Thatkraft
nnd Streben verbinden, die mntig für Besserung kämpfen
nnd sich dnrch die Teilnahmslosigkeit und Gegner-
schaft des alten Schlendrians darin nicht beirren lassen.
Es muß doch einmal wieder hier Frühling werden. Helfen
Sie dazu, geehrter Herr Redakteur, indem sie diesen
Ansichten in Jhrem geschätzten und einflußreichen Blatte
einen Platz gönnen. Jn Dresden kann ja eine freie
Stimme nur selten sich Gehör verschaffen; Jhr Blatt aber
ist dem Fortschritt der deutschen Kunst gewidmet, dem
anch wir unentwegt huldigen. Gestatten Sie endlich, daß
wir späterhin Jhnen über die jüngeren Künstler Dresdens
nochmal ausführlich schreiben.
Hochachtungsvoll
Jhr ergebener
Paetus

Oas neue Leim des „verems Berliner
Künstler"
von paul Lindenberg
„Still sind wir ausgezogen aus unsernr alten Nesl
Und baben bier ein neucs, ja neues gebaut uns schuiuck und fest!"
^j o sangen fröhlichen Herzens an einem der ersten Mai-
Abende die Angehörigen des „Vereins Berliner
Künstler" bei der Einweihnng ihres neuen Heims, das
sie sich stattlich nnd anheimelnd in den Räumen des
Architektenhauses an der Wilhelmstraße erbant haben.
Das „alte Nest", wie es in dem zitierten Verse des
Jnl. Wolff'schen Liedes heißt, hatte doch längst nicht mehr
genügt, und da der sehnliche Wnnsch, ein eigenes Künstler-
hans zu besitzen, vorläustg noch nicht in Erfüllung
gehen kann, siedelte man einstweilen ins Architekten-
hans über. Nnr knrze Zeit hatte die Bau- und Aus-
schmücknngs-Koinmission der Künstler zur Verfügnng, aber
was hat sie in derselben geleistet, wie behaglich hat sie —
nnter besonderer Leitung des Architekten Hofacker — die
neuen Ränme gestaltet! — Ein echtes, rechtes, liebenswür-
diges Künstlernest, bestehend ans gut belenchteten Aus-
stellnngs-Kompartiments, aus einem größeren Kneipsaal,
aus Billard-, Bibliothek- rc. Zimmern. Das Hanpt-
Jnteresse nimmt der mittlere Kneipsaal in Anspruch.
Grüne Gewinde ziehen sich von den an ihren Kapitälen
bnnt verzierten Sänlen, die Decke ist diskret bemalt und
mit den Wappen der Künstlerstädte versehen, schwere
Bronze - Kronlenchter von kunstvoller Arbeit hängen von
ihr herab. Bis zu Manneshöhe ist der Saal mit eichenen
Paneelen ausgeschlagen, deren Sims Krüge, Humpen,
Becher, Gläser, zierliche Statuetten, Büsten u. s. w. tragen,
ebenso wie die dnnkelgrünen altdentschen Terrakottenöfen.
Das edle Naß scheint in einem gewaltigen Ranchfang
ansgeschenkt zu werden, dessen Front einen mächtigen,
das Malerwappen im Schilde führenden Reichsadler trägt,
darunter aber den beherzigenswerten Vers:
„Bei schönem Weib, bei vollem Krug
Folgt immer eures Herzens Zug."
Die schmalere Rückseite des Saales nimmt eine lanschige
Wandvertiefung ein, bedeckt mit einer von A. Kips in
leuchtenden Farben gemalten aumutigen neapolitanischen
Villa; im Hintergrunde der Vesuv. Wunderhübsch und
änßerst wirksam sind einige der Nischen mit Trophäen,
Bannern rc. verziert, überhaupt ist Alles gethan, die Aus-
schmücknng abwechslungsvoll zu gestalten; da steht bei-
spielsweise eine Kolossal-Bowle, in deren schier unaus-
süllbaren Grnnd vier lüsterne Satyre sehen, wührend der
Hintergrund von drei Faun-Hermen gebildet wird, deren
köstliche Gesichter verkünden, daß sie „des süßen Weines
voll"; ein Prachtstück ist auch die altertümliche Standuhr
mit dem Kronos ob ihrem Haupte. Die eine Ecke des
Saales wird von einem herrlichen Kneipwinkel ausgefüllt,
gebildet durch eine darüber befindliche niedliche, mit
Fahnen, Bannern und Waffen drapierte Musik-Tribüne.
Wie behaglich sitzt es sich unter der letzteren auf diesen hoch-
lehnigen Bänken, an diesen derben eichenen Tischen, anf welche
das Licht von einer Seite durch bunte Bntzenscheiben fällt. Die
eine Wand dieser wohligen „scharfen Ecke" hat Röchling
mit den prüchtig-humorvollen Gestalteu der sieben Schwa-
ben bemalt und zwar wie sie eine ihrer berühmten
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