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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunst-Literatur und vervielf. Kunst
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Annstlitteratur und vervielfältigende Uurrst

204
Detailblldung und Technik so öde und lüderlich werden, daß die
an ein Kunstwerk zu stellenden Anforderungen der geistigen Durch-
bildung und Monnmentalitüt nberhaupt nicht mehr erreicht werden."
Bringt der Verfasser gerade als Architekt eine besondere Neigung
fiir diese Kunstperiode mit, so begreift sich das ohnehin, da sie in
der Baukunst mehr geleistet hat, als in jeder anderen, obwohl
oder weil ihr herrschendes Kunstprinzip ein malerisches war, wie
Ebe richtig hervorhebi. Wie sich vvn einem dlrchitekten nicht
anders erwarten läßt, sällt denn auch der Löwenanteil seiner
Arbeit der Baukunst zu, obwohl er auch Skulptur und Malerei,
wenigstens soweit sie in den Bereich der Monumentalkunst fallen,
mit Sinn nnd Verständnis behandelt. So macht er mit
Recht geltend, daß das, was man national in der Knnst
nennt, nicht darin besteht, daß man vollkommen Neues erfindet,
sondern daß man die anderen Zeiten und Völkern entlehnten
Formen dem eigenen Wesen entsprechend srei umbildet. Weil sie
dies in so vollendeter Weise thun, sind ein Michelangelo, Rubens
oder Rembrandt so eminent nationale Kiinstler. — Überhaupt
besteht der große Vorzng unscres Buches darin, daß es endlich
eine hochmerkwiirdige Kunslpcriode mit mehr Ernst nnd Grnnd-
lichkeit untersucht, als es von der bisherigen Kunstgeschichtschreibung
geschehen, und diese Untersuchung durch sehr reiche Jllustration
unterstiitzt, weshalb das Werk allen, die sich iiber dieselbe unter-
richten wollen, von ganzem Herzcn empfohlen werden kann. Selbst
da, wo man in der Wertschätzung des Einzelnen voni Verfasser
abweicht, wird man iinmer wenigstens zum Nachdenken und Priifen
angeregl werden.
pp Der kunstsinnige Berliner Verleger Rudolf Schuster,
welcher zu dem von ihm schon früher erivorbenen Lüderitzschen
Kniistverlag vor einigen Jahren noch die bedeutenden Verlags-
handlungen von Artaria L Fontaine, Julius Buddeus und Ernst
Milster hinzufügte, widmet neuerdings seine besvndere Aufmerk-
samkeit der Herstellung non Photogravuren nach Werken zeitge-
nössischer Künstler. Seine Erzeugnisse miissen um so rnehr Be-
wunderung erregen, wenn man bedenkt, daß R. Schuster aus dem
Gebiete der phvlographischen Technik durchaus Autodidakt ist. Bon
seinen neneren Verlagsblättern nennen wir hier: l. „Nvtkappchen"
im Walde dem Wols begegnend, eine hvchpoetijche Komposition
von Jul. v. Klosars, vortresslich in Phologravnre wiedergegeben.
Preis 1ä Mk. 2. „Der Krabbenfang", elegante Backfische, die
sich am Ostender Strand dies Vergnügen machen; von Verhas
lannig gemalt, in Photogravure gut wiedergegeben. 3. „Rotwild",
hübsches Jagdstiick von Henke. Photogravure. Prcis 15 Mk.
4. „Jm bairischen Moos". Neizendes Herbstbild von Wenglein.
Photogravure, welche den geistvollen Pmsel des Künstters vor-
trefslich wiedergibt. Preis 15 M. 5. „Die Toteninsel" von
Böcklin. Anch hier bringt die Phvtogravure, die düstere Feier-
lichkeit, das Grandiose des berühniten Bildes vollkommen genügend
zur Erscheinung. Preis 1ä Mk. 6. „Die Akropolis von Alhen".
Nach einer Photographie in Knpfer geätzt von Schnster. Dies
Blatt ist um so interessanter, alS es einein diese atheiiiensische
Triimmerwelt doch zeigt, wie sie wirklich ist, in ihrer ganzen er-
habenen Ode, und nicht, wie sie die Phantasie der Maler ge-
wöhnlich heranSputzt. Die Gravnre ist trefftich gelungen, was
nm so bemerkenswerter, als sie die Vergrößernng einer viermal
kleineren Naturaufnahme ist. Preis 30 Mk. 7. „Die Anbetung
der heil. 3 Könige" von Schrader. Photogravure, welche das be-
rühmte Bild, bejonders die )o liebliche Modonna, sehr besriedigend
wiedergibt. Preis 30 M. Ferner Stichnvvitäten: „Gute Bewir-
tnng — Schlechte Bezahlung. Gem. von Siegert, gest. von Dröh-
mer. Zwei lustige Blätter in -5gna tinta, sehr für Wandverzierung
in Gasthöfen geeignet. Preis 15 Mk. 9. „Madonna di San
Sisto" als Hatbsigurenbild und „Madonna della Sedia" von
Raffael, gest. v. Dröhmcr. Preis 15 Mk. 10. „Geschmack" und
„Gehör". Zivei Skizzen von Frz. Hals aus der Schweriner
Galerie, gest. von Brvckmüller. Preis ä. 6 Mk. Diese sänitlichen
Blätter sind vorzugsweise znm Schmuck der Zimmer bestimmt,
wofür sie soivohl ihr Gegenstand als das große F-ormat, besondcrs
aber die wirkungsvolle Ausführung ganz geeignet erscheinen läßt.
— Der Schuster'sche Verlag, der schon seit langer Zeit als der
siir mvderne Stiche ausgiebigste, besonders in Sujets aus der
preußischen Geschichte, bekannt ist, hat dnrch die eben angeführte
Kollektion wiederum bewiesen, daß sein kunstverstündiger Besitzer
auch serner an der Spipe des deutschen Stichverlages — eines große
Hingebung verlangenderErwerbszweiges — znmarschierengewiUtist.
-t Carl Eggers. Christan Daniel Rauch. 3. Bd. (Berlin,
Duncker. Pr. 7 M.) Unter den verschiedenen Biographien deutscher
Künstler gehört diese zu den hervorragendsten. Sowohl ob der
außerordentlichen Bedeutung des Mannes, dessen Wirksamkeit sie

schildert, ,als durch die verständnis- und liebevolle Art wie sie es
thut. Über den Künstler Rauch hier etwas zn sagen, ist kaum
nötig, da nnähnlich vielen anderen die wachsende Entsernung seine
Gestalt nur vergrößert hat. Er ist inimer noch der erste deutsche
Bildhauer, wie er es vor dreißig Jahren war, nnd das Haupt-
werk seines ebenso ruhmvollen als langen Lebens, daS F-riedrichs-
denkmal bleibt auch hente das beste Monument in Deutschland,
wie es immer daS volkstümlichste war. Selbst Schillings Gerniania
hat es nicht verdrängen können. Das ist denn sreilich ein un-
vergänglicher Ruhmestitel! Jn Eggers Buch gewiimt inan aber
auch den Menschen lieb, welchen uns Rietschels berühmte Biiste
in der faszinierenden Schönheit seiner Erscheinung so meisterhaft
schildert. Hat dieser dritte Band seiner Lebensbeschreibung wohl
lange Jahre anf sich warten lassen, so liest man ihn um so lieber,
ausgereift wie er es ist nnd in jedem einzelnen Detail mit einer
Sorgfalt nnd Gewissenhaftigkeit behandelt, wie sie nur äußerst
selten gesunden werden. Eggers hat den Verstand, seinen Helden
so viel alS möglich selber sprechen zu lassen, wo sich dann der noch im
?llter enthusiastische Künstler überaus liebenswürdig zeigt, der die
dlrbeiten der Zeitgenossen sast immer, oft ganz unglaublich, über-
schützt. Bewundert er also allerdings oft Dinge und Menschen, die
uns in ganz anderem Lichte erscheinen, so entwickelt er dagegen
in Beurteilung seines eigenen Verdienstes eine Strenge und Be-
scheidenheit, die man mancheni anderen, viel weniger hochstehenden,
wünschen möchte. Jininer aber mit der Wirkung, daß wir ihn
umsomehr lieben lernen. — Da er fast init allen bedeutenden
Männern seiner Zeit verkehrt, bald in München oder 8iom, bald
in Petersbnrg oder London, überall gleich gefeiert auftaucht, so
erweitert sich die Biographie oft fast zu einer Zeitgeschichte, wo
man dann sreilich oft mit den Urteilen des Nerfassers weniger
einverstanden ist, als niit denen über seinen Helden selber. Referent
erinnert sich heute nach 30 Jahren noch der blendenden Erschei-
nung des Vkannes, wie er eines abends in der Künstlerkneipe
beim „Hofrat" erschien und uns alle durch seine majestütische
Schönheit dennaßen verblüffte, daß wir es nicht einmal zu einem
ordentlichen Toaste auf ihn brachten. Ohne diese außerordentliche,
jedes Herz im Stnrm erobernde Ilnziehungskrast, die ihm vor
allem die Franen gewann, wäre sein meteorgleiches Anftanchen,
die Neigung, die ihm von allen Seiten, von Kaisern und Königen,
wie seinen Genvssen und Schiilern entgegengebracht ward, sast
unerklärlich. Sie wirkte um so anzichender, als sie offenbar nur
der Spiegel seiner Seele war, wie wir hier aus seinen Briesen
und Tagebiichern unwiderleglich sehen, die neben dem höchsten
Ernst in der Kunst uns ein liebevolles und liebebediirftiges Ge-
miit zeigen, welches durch das Gliick nie berauscht ward und init
merkwiirdiger Treue an den Jugendfreunden hing, eine jener
edeln Naturen, denen die Dankbarkeit ein Herzensbediirfnis war. —
Der vorliegende Band nun behandelt die Pcriode von 1830—56
mit AuSnahme der Hanptarbeit seines Lebens, dem -F-riedrichs-
denkmal, dessen Geschichte dem vierten nnd letzten Bande vorbe-
halten bleibt, den uns der Versasser bis zum nächsten Jahre
verspricht. Dafiir erhalten wir die Entstehungsgeschichte der vielen
Viktvrien siir die Walhalla und anderwärts, des Max Joseph-
und Diirer-Tenkmals, desjenigen Gneisenau's, der Polenfiirsten in
Posen, nnzähliger Büsten, der Tanaiden- und Euriidike-Figuren, der
Grabmäler fiir Niebuhr und Graf Jtzenplitz und vieler anderer,
cndlich die Geschichte seiner Schiiler, so vor allem Rietschels,
desjen innigster, neidlosester F-rennd Rauch später wnrde, nicht
minder seiner Beziehnngen zu König Friedrich Wilhclm IV., zu
Kaiser NikolauS, Alexnnder v. Humboldt, David d'Angers u. a.
so daß man die Zusaminendrängung so reichen Jnhalts in einen
mäßigen Band nur dadnrch erklüren kann, daß Eggers fast immer
Rauch daS Wort läßt, ivodurch denn aber auch die erquicklichste
Plastik und llnmittelbarkeit der Schildernng, ja, ein nnzweifelhaft
monumentaler Charakter derselben erzielt wird, der das Bnch zn
einem wirklichen Denkmal seines Helden macht. Besonders dank-
bar ist man Eggers auch, daß er all' dem Klatsch auS dem Wege
geht, welcher sich, wie bei allen großen Mnnnern, so auch
an Rnuchs F-ersen heftcte und im Grunde doch nnr die Be-
dientenhastigkeit derer charakterisiert, die ihn erfinden oder weiter
verbreiten. Ein großer Mann hat aber ein Recht, auch init
großem Maßstab gemessen zu werden.
Dedaklionsschkuk dicses KefLes: 18. 2uni — Äusgaöe: 2. ^ulr.
des NeilNZednleN Neflesi Tert: OltoBrandes. Ter Pariscr
Salon 1887 (sZorrs.) — H. E. von Berlcpsch. Las mir grad so einficl — Unsere
Bildcr. Bom Heransgcber — Aus Nom — Dic Sammlung Culemann in
Hannovcr — Kunstnotiäcn .'c. — Ritdervcrtagen: W. Dicz. Anbetung dcr
Hirtcn — K. Jäger, Kaiscr Max bei Türer (Toppelb.) — P. Flickcl,
Buchcnwald von Prerow.

Redigiert unter verantwortlichkeit der verlagsanstalt für Runst und wissenschaft vorin. Fr. Bruckmann (vorstand: A. Bruckmann)
Druck der Bruckmann'schen Bllchdruckerei in München
 
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