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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Brandes, Otto: Der Pariser Salon 1887, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0402

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l)on Vtto Brandes

Zt5


noch ^lamengs „Marine", Desbresses
„Mont Dore", eine Hochgebirgslandschaft mit
tiefgehenden Wolkeneinhängen erwähnen, sowie
die Moorlandschaft Dvons und die beiden
Landschaften Petitjeans, eine hellbelench-
tete Dorfstraße in Lothringen nnd ein Dorf
aus der Franche Comte, dessen Gebäude sich
in dem Wasser des Dorfteiches spiegeln.
Mehr und mehr tritt trotz des ver-
mehrten Kolonialbesitzes unter den französischen

Malern das, was man am besten als Orient-
malerei bezeichnet, zurück. Einer der tüchtigsten
ihrer Vertreter, Gnillaumet, von dem wir
im Salon noch ein arabisches Jnterienr aus-
gestellt finden, ist vor kurzem an der Schwind-
sucht gestorben. Neu und interessant ist immer
wieder Pasini, der uns türkische Artillerie
beim Pferdebeschlag vor einer Schmiede schildert,
die scheinbar in einer alten Moschee ihr Heim
anfgeschlagen. Ter vornehme mnsivische Schmuck
über den maurischen Portalen läßt diese
frühere Bestimmung wenigstens vermuten.
Sehr interessant ist auch Ferriers arabische
Schule, in welcher der graubärtige Koran-
meister einem lernwiderspenstigen Schüler
seine Lektion — auf die Fußsohlen erteilt.
Die kleinen Buben im Fez sind mit vielem
Fleiße beobachtet.
Von Tierbildern dürfte Dupres »Oans
le closr, Kuh und Kälbchen am Troge im
Freien, Lamberts Katzenfamilie, Pennets
Normannische Hunde, Gilberts Wildpret
nnd Vuillefroys Sprung Rehe zu er-
wähnen sein.
Über täuschend gemalte Lungengeschlinge
und Pfeffergurken, über Pfirsiche zuni Anbeißen
und saftdurchschimmernde Weintraubenbilder
darf ich wohl hinweggehen. Auch den Blumen-
malern begegnen wir in den Separat-Aus-
stellungen wieder.
Jm Pastell- nnd Aquarell-Porträt wird
Vortreffliches geleistet. Es ist aber nichts vorhanden, was
nicht ebenso gut in der Aquarell - Ausstellung bereits ver-
treten war. Auszunehmen sind des Römers Werner
„Singende Nonnen in Aracoeli", ein Bild, das ich in Rom
habe entstehen sehen, und dem zu begegnen ich mich hier
gefreut habe.
Jch bin am Schluß der Besprechung der Gemälde-Aus-
stcllung. — Und Bouguerau und Benjamin Constant
fragt vielleicht jemand verwundert. Mein Gott! Jch habe
kein Verständnis für die raffaelische Liniengebung Bou-
gueraus, für diese tadellos modellierten Kinderleiber, und
ich habe hier nur das Beste oder das Charnkteristische für
deu Fortschritt in der Malerei geben wollen. Auch mit
Benjamin Constants dekorativer Theodora, soviel von
ihr geredet wird, kann ich mich nicht befreunden. Das
Mumienhafte in noch so schvuem 5kostüme zieht mich nicht
an. Und wo ich zur Ernte zugelassen werde, suche ich
die Früchte an des Lebens grünem Baum zu pflücken und
nicht am dürren Ast.
Nachdem ich hier erwähnt, daß unser deutscher Lands-
maun Köpping aus Dresden, ein Schüler Waltners, mit
dcm Stich seiner Tuchmachcrgilde nach Rcmbrandt und

Herodias. von I. H. Henner
(Aariser Salon (88?)
deni Kalvarienberge nach Munkacsy sämtliche französische
und fremde Künstler überflügelt hat, daß die Ausstellung
treffliche Stiche wie der Mathey-Dorets nach Mun-
kacsys Mozart, derJules Jacquets nach Meissonniers
Sergeanten anfzuweisen hat, schließe ich meine Salon-
besprechung mit einem Blick auf die
Slulptur.
Es ist eine bekannte Thatsache, daß die Technik der
französischen Bildhauer eine bedeutende ist. Dieser Umstand
hat sie oft zu den seltsamsten Versuchen, zu den kühnsten
und gewagtesten Werken veranlaßt. Der diesjährige Salon
hat in solchen Waghalsigkeiten nichts aufzuweisen. Er ist
sogar erfindungsarm. Jm Gegensatz zu der Bilder-Aus-
stellüng ffnden wir aber hier allerhand Revanchegelüste
in Gips und Marmor übersetzt. Wir habeu da „eine
Verteidigung des heimatlichen Herdes", den niemand anzu-
greifen sucht, ein „Man wacht", „Der Schutz", „Die
Hoffnung", „Siegen oder Sterben" mit allerhand zier-
lichen Versen zur Erläuterung. Das Publikum geht mit
mäßigem Jnteresse an die Betrachtung dieser vielen recht
unbequemen Kriegsmonita heran. Auch ein Basrelicf, eine
 
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