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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Unsere Bilder, [27]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0443

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Unsere Bilder. !)om ks crausgeber


r-!8

gemiedenen höheren Klassen wagt, das zeigt uns dagegen
des Belgiers Verhas berühmte Schulmusterung, die durch
ihre liebenswürdige Frische überall das Publiknm mit Rccht
entzückt hat, wo sie auch hinkam. Wie die rosige Mädchen-
schar da überglücklich und schäkernd aufmarschiert, das ist
mit prächtigen Humor geschildert. Die Darstellnng des
ganzen dem Schauspiel beiwohnenden offiziellen Belgiens,

vom König angefangen bis zum letzten Volks-
vertreter aber gibt iu ihrer' photographisch - nüchternen
Treue dem Humor anderer vielleicht noch mehr Stoff. Es
ist eine Apotheose der befrackten Bourgeoisie und ihrer
offiziellen Tugend, die freilich seither durch den Anblick
ihres rücksichtslosen Egoismus in der brntalsten Ausbeu-
tung der unteren Klassen und der fast noch schlimnieren
Weigerung das Vaterland selbst verteidigen und die all-
gemeine Wehrpflicht einführen zu wollen, eine nichls
weniger als glänzende Beleuchtung erfahren hat. Die
Herren sehen denn auch wie die reinste Prosa neben der

fröhlichen Poesie ihrer Mädchen aus, die gerade durck
den Gcgensatz dieser nüchternen schivarzweißcn Eiiirahmung
erst recht gewinnt.
Offiziellc Tugcnd sehen wir dann noch eiuiual in
Menzels köstlichcr Studie des Fcldprvpstes Thicle, die
»u berühmten Krönungsbild Verwenduug gefuiidcn. Dcr
Kopf ist prächtig, es gehcn einein alle vier Evangclicn
samt dcr Apostelgeschichte aus,
wenn man ihn sieht. Er muß
mit diesem Ausdruck alle Hof-
damen entzückt, ja zu Thränen
gerührt hnben, ehe er nur
etwas sagte. Die verschiedenen
Versuche, die Menzel vorher
machte, ehe dicse offizielle
Miene in die richtigen Falten
gelegt war, zeigen uns dann
das Privatgesicht nnd seinen
sehr wesentlichen Unterschied
von der Kanzelmiene mit jener
impertinenten Ehrlichkeit, wie
ihrer eben nur unser Meister
fähig ist. Für gute Staats-
bürger und schlechte Christen
erscheint der Herr Propst aber
da noch weit interessaiiter und
geistvoller, denn die Gottselig-
keit läßt wie die Liebe die
Männer immcr dümmer und
die Frauen schöner erscheinen,
als sie es in der That sind.
Herr M. Grönvold führt
uns dann in seiuem „sonnigeu
Tag" zu einer Gesellschaft, dic
man dirckt aus Voß' Luise
geholt wähneu könnte, wo be-
kanntlich sovicl gelicbt und
nvch weit mehr gegessen wird.
Beides scheint indessen nicht
uachteilig auf den Durst ge-
wirkt zn haben, da die eben
anstoßende Gesellschaft bereitS
das Diner hinter sich hat und
bei jener aiigenehmen Stimm-
ung angclangt ist, wo die Be-
hauptung, alle Menschen seien
Brüder, nur noch bei den
Schwestern eiuigen leisen Zwei-
feln begegnet. Das anmutige
Bild des dcr Münchener Schule
zugehörigen Malers Grönvold
enthält seine Fortsetzung in
einem zwcitcn, wo cine junge Dame eben in der Betrach-
tnng des Medaillons eines solchen Bruders vvn ihrcm
Onkel oder gar Gatten belauscht wird, dem vor Über-
raschung über seine Entdeckung richtig sogar der Zopf in
die Höhe nnd nicht nur der Verstand stille steht. Denu se in
Bild ist es offenbar nicht, was die Dame nnter ihrer Jacke
versteckt hatte . . .
Das reizende malerische Talent des einstigen Diez-
Schülers Havenith, eines Engländers, lernen wir dann
in dem lieblichen Bilde kennen, wo ein klcincs Mädchen,
die Puppe im Arm, voll Mitleid ein totes Rch

Nus drm Tyklus „Das Tridrn drs Proxhrtrn Danirl." von L. G. Pfaiinschmidt
 
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