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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Voss, Georg: Die Berliner Kunstausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0469

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Die Berliner Aunstausstellung. von Georg Voß


Dir kleinr Dnsnnnr. von L. Larsson

Becker bringt ein großcs Hnnptwcrk „Papst Jnlins II.
besichtigt die ausgegrabene Statne des Apoll vom Bclve-
dere". Jm Gefolge des Papstes erkennt man die Cha-
rakterbilder der bedeutendsten Künstler der Zeit. Die
Schilderung der reichen Renaissance-Trachten ist wieder
mit großer Virtnosität durchgeführt. Noch wahrer im
Studinm zeigt sich Beckers Kolorit in dem Kostümbilde
eines jungen Müdchens in ländlicher Nationaltracht.
Anton von Werner hat ein Vildnis des Fürsten
Bismarck ausgestellt. Ter Maler hat dcn Ncichskanzler
während einer seiner Reden, bei Gelegcnheit der letzten
Militärdebatte im Reichstage selber, gezeichnct. Der Fürst
steht, den Mund zum Reden geöffnct, mit dem Notizblatt
hinter dem Ministertisch. Der Monumentalmaler der
Geschichte dcr Gegenwart, der in seinen Werken gern die
trenesten Protokolle des wirklichen Vorgangs gibt, hat sich
selbst in nebensächlichen Zügen an den wirklich beobachteten
Augenblick gehalten und stcllt den Kanzler dar, wie er
nach angestrengter Rede das Schuupftiich aus der Rock-
tasche zieht. Panl Meyerheim hat scin großes im
Austrage des Tanziger Museums gemaltes Porträt dcs
Kupfcrstechers Chodowiecki ausgestellt. Ter Künstker ist
mittcn in seincni Schaffen bci der Prüfung ciner frisch-
gcätztcn Knpferplatte außerordentlich wahr und lebendig
dargestellt. Auch von seinem Spezialgebiet, der Ticr-
malerei, briugt Mcyerheim einige wertvolle Arbcitcn.
Eine bcmerkcnswertc Prvbe von Meyerheims Lehrthätig-
keit an der Berliner Akademie sind die vorzüglichen Ticr-
darstellungcn seines Schülers Ernst Geyger, der sich
hier mit scinen Gemälden und Radicriingen als cine viel-
vcrsprechende Kraft eiugeführt hat. Auch Oskar Frenz e l,
Sinding und Stocks habcn anf dicsem Gebicte Treff-
liches gelcistet. Fritz Werner bringt nur cin kleincs
Architckturbild aus Tangermünde. Scin eigcntlichcs Fach,
die Schilderung des Soldatenlebens aus dcr Zeit Friedrich
dcs Großen, ist von W art h m ül ler in dem hnmorvollcn
Bildc: „Tcr jüngste Nckrut" vorzüglich bchandclt. Graf
Harrach bringt ein meistcrhaftes Männerpvrträt von
lcbenswahrer Charaktcristik. Scin großes rcligiöses Ge-
mälde: „Der zwvlfjährige Jcsus auf der Hcimkehr von
Jerusalem", ist nichr in der idealisicrendcn Bcrklärung
der romantischen Schule gehalten. Ernst Hildcbrandt
hat in einem esfektvollen Kolossalgemälde in dem pathe-
tischen Stil der ältercn Historienmalerei eine „Tullia
über dcn Leichnam ihres Vatcrs fahrend", dargcstellt.
Schlichter und ivahrcr in der Anffassung ist sein im Anf-
trage der kgl. prenßischen Ncgiernng für die Aula des
Gymnasiums zn Bielefeld gemaltes Bild: „Tas Abend-
mahl in beiderlei Gestalt". Paul Thumaun ist mit
eincm großcn Geniälde: „Die drei Parzen", erschienen,
das wiedernm von seiner hervorragenden Bcgnbung für
cincn linienschönen Aufban der Komposilioii im Sinne der
Antike zengt.
Untcr den Bcrliner Porträtmalern treten die jungen
Kräfte immer niehr in den Vordergrund. Gussow
allerdings behauptct seinen alten Ruf mehr als je durch
eiu sehr fein und sicher beobachtetes Männerbildnis.
Virtuos gemalt, doch seltsam in dem fast visionüren Aus-
druck der träumerischen Tlugen ist sein Porträt der Schrift-
stellerin Ossip Schubin. Gnssow ist diesmal mit sechs
Bildern glänzend vertreten. Ünter denselben befindet sich
eine sehr anziehend hiugewvrfene Laudschaft in der
Stimmung der Schule von Fontainebleau. Von unseren
 
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