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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Pecht, Friedrich: Die Münchener internationale Ausstellung von 1892, [9]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0013

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vom Herausgeber L

Glück, vorführte. Viel weniger geraten ist die wie eine geputzte Köchin aussehende „holländische Kunst" für
den Kunstpalast in Brüssel von Desenfans, die in der Hand die Malpinsel und hinter sich ein Spinnrad
hat. Vollends mißglückt ist dann noch die hilflos nüchterne Figur einer Aschenputtel von Namur, während
Oranien „der Schweiger" von Van der Stappen wieder ganz gut charakterisiert ward. Viel Talent zeigt
de Rudders Grabmal und sehr fein studiert erscheint de Haens totkranker Jüngling. Allerliebst wirkt auch
Dubois' „kleine Geigerin" und imponierend seine „Sarah" (Bernhard?). — Ungewöhnliche Energie zeigt
Lambeaux' mit einem Adler kämpfender Mann. Auch die Stierkämpfe Mignons sind sehr zu loben und
Van Beurdens „Lebensretter" ist jedenfalls ungewöhnlich lebendig. Auch des Schweizers Lanz „Pestalozzi",
der zwei Kinder belehrt, wäre gut erfunden, nur ist er etwas französiert. — Ein gut charakterisiertes Sieges-
denkmal für Ingolstadt bildet dann ein die Fahne hochhaltender bayerischer Infanterist von Drumm, da er
die schlichte Mannhaftigkeit der bayerischen Armee gelungen ausspricht. Auch ein Grabmonument in altchrist-
lichem Stil von demselben giebt ein gut bürgerliches Ehepaar in seiner Anspruchlosigkeit sehr gelungen wieder.
Die Fortschritte unsrer Bildhauerei zeigen sich indeß vielleicht am deutlichsten in der großen Zahl von oft mit
großer Feinheit durchgeführten Büsten. Die beste derselben ist indes von einem Schweden Hasselberg und
stellt einen Herrn de Geez dar. Auch desselben Büste des Prinzen Engen von Schweden giebt besonders die
Vornehmheit des jungen Mannes gut wieder. Ganz köstlichen Humor zeigt dann des gleichen Meisters
Mädchenfignr, die fröhlich lachend genau so, wie ein vor ihr stehender Frosch auf der Erde kauert. Da wir
damit bei den humoristischen Werken angekommen sind, so will ich hier gleich des jetzt den großen Skulpturen-
saal zierenden Gasteigerschen Brunnens erwähnen, wo ein sehr altbayerisch aussehender Faun als urkomischer
Wasserspeier mit seinem Strahl einen ihm nahenden, gut studierten Jungen über und über mit Wasser begießt.
Das ist ganz geeignet für ein echt volkstümliches Monnment! Sehr drollig ist dann anch des Berliners
Herter entzückter Fischer, der mit seinem Netz eine gewaltig zappelnde Nixe aus dem Wasser zieht, was eine
sehr hübsche Gruppe giebt. Der Spanier Marinas Garcia bringt dann einen beim Fischen von einem
Polypen umschlungenen, fürchterlich schreienden Jungen, den ein größerer mit aller Anstrengung aus dem
Wasser zu ziehen sucht, und der Däne Bissen eine allerliebste Jägerin, die triumphierend den von ihrem Pfeil
durchbohrten Vogel in die Höhe hält. Auch des Münchener Oppler „Sauhirt" zeigt ebenso viel Talent als
Humor, wie auch Schreiners reizend zirpende „Grille". — Zn den auch mehr komisch wirkenden Büsten zählt
daun des Römers Andreani sehr vollbusige „Messalina", die freilich über ihren Beruf niemand in Zweifel
läßt, aber jedenfalls virtuos durchgebildet erscheint. Natürlich ist auch die biblische Plastik reich vertreten, so
besonders durch die große und trefflich durchgeführte Marmorgruppe von Adam und Eva, die sich offenbar aus
guten Gründen vor dem lieben Gott zu fürchten aufangen, von Schulz aus Kopenhagen. Unter den ver-
schiedenen Christusfiguren sind drei des Antokolsky, der ihn sehr energisch und keineswegs sentimental auffaßt,
wohl die besten. Auch der Italiener Nono bringt einen schön erfundenen Erlöser, dessen feiner Kopf in
seiner Wirkung nur durch die den Blick sofort auf sich ziehende, ganz naturalistische Ausführung des
groben Gewebes seines Mantels arg beeinträchtigt wird. Die beste Madonna mit dem Kind, in ihrer
keuschen Schönheit direkt an die alten
Florentiner erinnernd, brachte dann
der Münchener Joseph Böhm,
und eine hl. Agnes von liebens-
würdiger Reinheit der eben aus
Rom zurückgekehrte B. Schmitt,
dem auch die trefflich studierte Jüng-
lingsgestalt eines „Glaukus in der
Arena" gehört. Ein betendes Kinder-
figürchen voll Unschuld von Denner-
lein ist auch dahin zu rechnen, wie
das Grabmonuments-Modell des
Kardinals Fürsten Schwarzenberg
von Myslbeck in Prag, das frei-
lich das Standesbewußtsein deutlicher
ausspricht als die Demut des kniend
Betenden, aber sonst höchst charakte-
ristisch ist.

Unter den vielen, der griech-
ischen Mythologie entnommenen
Figuren ist wohl der stötenblasende
Hirte von Gamp eine der besten,
 
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