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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Relling, ...: Die Ausstellung der "24" in Berlin
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Personal- und Ateliernachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischtes - Vom Kunstmarkt
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Die Ausstellung der „24" in Berlin, von vr. Relling. — Personal- und Atelier-Nachrichten.

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Partei, der aber alles angehört, was modern empfindet
und was einigermaßen ahnungsvoll in die Zukunft schaut.
Aber die 24 bedürfen seiner, denn was sie bewußt oder
unbewußt schließlich wollen, daß tritt bei Uhde am
klarsten und reinsten in die Erscheinung. Drei Bilder
hat Uhde ausgestellt. Gewiß wird das vortreffliche große
Bild mit den beiden lesenden Mädchen im Freien mit
Recht als die abgernndeste Leistung unter den dreien hin-
gestellt. Mir aber scheint das schmale Bild mit dem
blonden Kind aus dem Volke trotz des flüchtigen Bei-
werkes imposanter und charakteristischer für Uhde zu sein.
Das dritte ist ein feines Pastell und stellt das Leben
einer Holzhackerfamilie im Walde dar, mit dem innigen
und idyllischen Ton, den Uhde sonst nur in seinen reli-
giösen Bildern anschlägt. Von sonstigen hervorragenden
Neu-Müncheuern ist der einsame, grüblerische Wilhelm
Trüb ner mit einem besten Bilde vertreten, das eine
seltsame schwarzgekleidete Frau auf einem Kattunsopha
sitzend zeigt und eine ungewöhnlich gut gestimmte Farben-
studie vorstellt. Sein Einfluß macht sich bei den Jüngeren
am wenigsten geltend, nur bei dem einen Bilde Ernst
Opplers, ein junges Ehepaar am Frühstückstisch,
möchte man eine trübnerische Färbung erkennen. Freier
und selbständiger ist das anheimelnde Zimmerinterieur
von E. Oppler mit der alten Frau am Fenster. Den
Freiherrn von Habermann hat man wohl anderswo
besser kennen gelernt, als hier in dem dunkel gemalten
Mann in der Tracht des 17. Jahrhunderts. Auch
Bruno Piglhein, von unsrer letzten Ausstellung her
durch ein Idyll in der allerbesten Erinnerung, hat etwas
enttäuscht. Er malte diesmal ein anmutiges Mädchen
im grünen Mantel vor einem grauen Hintergrund auf
rotem Stuhl sitzend, auf dem Gesicht und der einen Hand
spielt ein feines Licht. Ganz neu war uns hier
H. Schlittgen, den wir bisher nur als flotten und
witzigen Zeichner der Fliegenden Blätter gekannt haben.
In zwei Pastellen malt er die prickelnde Anmut Eng-
lischer Balletszenen, mit den wirbelnden Farben, den
flimmernden Lichtern, die jedem Besucher Londons von
den Balletaufführungen in den Theatern am Leicester-
Square her in bester Erinnerung sind. Ein drittes Pastell
zeigt eine wunderbare Nacht am Meer, vorn ein Kind,
das von einer japanischen Papicrlaterne angestrahlt wird.
In weichen graugrünen, verschwommenen Landschaften
weiß Bruno Becker unendlich glücklich eine sanfte
poetische Stimmung zu geben. Ter Maler des ver-
lorenen Sohnes I. Block stellt sich mit dem diesmaligen
großen Gesellschaftsstück weniger günstig vor. Ein Ehe-
paar in Balltoilette vor einer von einem roten Licht-
schirm bedeckten Lampe, sie weint große Helle Thränen,
er krampst die Hand zusammen. Eine Ehebruchsstimmung
ist zu geistreich zu malen versucht. Auch R. Lepsius
idealisiertes Porträt von Ernst Curtius will wenig ge-
fallen und fast möchte man das Bild im Vergleich zu
den andern berlinisch nennen. Die kleinen Ölskizzen in
Schwarz und Weiß von F. Wahle sind sehr gut be-
obachtet und fein gezeichnet. Neben einer farben-
leuchtenden Landschaft stellte Hans Borchardt eine
bessere Waldszene mit einer Bank im Schatten aus, mit
flimmernden Sonnenlichtern.

Unter den wenigen plastischen Arbeiten die des talent-
vollen Wax Oppler, dem Bruder des doch wohl noch
hedeutendern Malers, zwei Porträtbüsten, darunter der

verschmitzt lachende Kopf eines Münchener Tiermalers
und eine kleine heitere Gruppe: der trunkene Herkules
von zwei Weibern geschleppt.

Für uns Böotier giebt die Ausstellung viel zu
sehen, viel zu loben, viel zu lernen und zu denken.
Eines wird auch der Gegner trotz etwaiger prinzipieller
Abweichung anerkennen müssen: ihr ehrliches Streben
im Dienste der frei gewählten Gottheiten. Ob es die
richtigen Götter sind, darüber können wir streiten, nicht
aber über den Eifer, mit dem sie ihnen dienen.

Vorläufig verhält sich die große Masse der Besucher in
der Ausstellung der 24 ablehnend und viele scheuen sich
auch nicht, ihrer Meinung in groben Worten lauten Aus-
druck zu geben. Ich hoffe aber doch, daß die 24 wegen
der wenigen Gerechten in Berlin im nächsten Jahr ihre
Ausstellung wiederholen werden.

-X-

Personal- u. Akrlirr-Nachrichten.

a. Berlin. Von mit der Kunst in Beziehung stehenden
Personen sind gelegentlich des letzten Lrdensfestes dekoriert worden
der Architekt und Konservator der Kunstdenkmäler, Geheimer
Oberregierungsrat Perstns mit dem Roten Adler-Orden 2. Kl.
mit Eichenlaub, und mit dem Roten Adler-Orden 4. Klasse der
Historienmaler Professor Paul Händler, Lehrer der hiesigen
Kunstschule, und der Kupferstecher Professor Louis Jacoby-
Charlottenburg, technischer Beirat für die artistischen Publikationen
der Königlichen Museen in Berlin.

Ir. Florenz. Der durch seine Aquarellgemälde in den
weitesten Kreisen geschätzte Maler, Professor Ludwig Passini
Hierselbst, ist zum ausländischen Ritter der F-riedensklasse des
preußischen Ordens paar Is mente für Wissenschaften und Künste
ernannt worden Die Akademie der Künste zu Berlin, deren
ordentliches Mitglied der Meister seit dem Jahre 1874 ist, ver-
anstaltete gelegentlich ihrer letzten großen Kunstausstellung eine
Sonderausstellung seiner Werke. U'52>

ll. Berlin. Zum ersten ständigen Sekretär der Akademie
der Künste ist durch Allerhöchste Kabinetsordre der Kunstgelehrte
Geheimer Regierungsrat vr. Robert Dohme vom l. Januar
d. I. ab ernannt worden. Derselbe hat bereits die fraglichen
Geschäfte nach dem Abgänge des Geheimen Regierungsrates
Or. jar. Karl Zöllner über ein Jahr lang kommissarisch wahr-
genommen. U^U

— Berlin. Im Verein Berliner Künstler ist Professor
A. von Werner zum Vorsitzenden, Professor Hans Meyer
zum ersten, Max Unger zum zweiten Schriftführer und
Ernst Körner zum Säckelwart gewählt worden. U-sii

O. L. Paris. Gegen Ende vorigen Jahres ist der Deko-
rationsmaler Pierre Galland in Paris infolge eines Ge-
hirnschlags gestorben. Galland gehörte in seinem Fache zu dcn
größten Meistern dieses Jahrhunderts. Er wurde im Jahre
1822 in Genf geboren, wo sich seine Eltern auf der Durchreise
nach Italien aufhielten. Die ersten künstlerischen Eindrücke er-
hielt der Knabe durch die Arbeiten seines Vaters, der ein Meister
der Ziselierkunst, Mitglied einer heute noch bestehenden hochge-
achteten Goldschmiede-Firma war. Als er mit 14 Jahren seinen
Vater verlor, zeichnete der kleine Pierre bereits recht geschmackvoll
und hatte sich schon in der Werkstatt seines Vaters nützlich zu
machen gewußt. Er trat nun vollständig als Lehrliug in das
Haus Fossat ein, bildete sein Auge, übte seine Hand und gewann
sich durch den Umgang mit Gold und dessen Behandlung bald
die Kenntnis von dem, was das Metall für seine spätere künst-
lerische Bethätigung ausgeben konnte. ^ Mit dem 18. Jahre Ver-
ließ Galland das Haus Fossat, um sich nach dem Rate seiner
Familie bei dem Architekten Labrouste, der wegen seiner Opposition
gegen den Stil des Empire und der Restauration für einen
Revolutionär galt, weiter auszubilden. Aber auch hier fand er
nicht die innere Befriedigung, die ihm erst ganz wurde, als er
der Neigung zur Malerei in dem Atelier von Dralling, der
Bandry und Henner ausgebildet hat, die Zügel schießen lassen
konnte. Er gab darum nicht die Architektur auf. Er arbeitete drei
Tage lang in der Woche bei Drolling^ und drei Tage bei
 
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