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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Hann, Pauline: New-Yorker Kunstbericht: (Frühjahrsausstellung in der Akademie, Leihausstellung im Fine Arts Building)
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischtes - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0333

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New-Porker Aunstbericbt. von P. kjann. — Personal- und Ateliernachrichten.

rieselnden Wasser, der Mai, wie ihn nur Daubigny zu
schildern weiß, und endlich die Ährenfelder, die Scnne,
das Licht und die ehrlichen, kräftigen Gestalten in Feld
und Obstgarten, wie sie Millet für alle Zeiten festge-
halten. Ihnen gehörte der Nordsaal fast ausschließlich.
Von deutschen Namen waren nur zwei, aber mit allen
Ehren vertreten, Böcklin mit „Nymphe und Satyr"
und Uhde mit einer „Holländischen Nähstube". Ihren
eigentlichen Charakter erhielt die Leihausstellung durch
die im Südsaal ausgestellten ältern Bilder, meistens der
englischen Schule angehörig, von welchen im Stillen eine
hübsche Anzahl aus den Schlössern ruinierter britischer
Adeliger in die Hände amerikanischer Millionäre über-
gegangen zu sein scheint. Porträtmaler wie Landschafter
waren reich vertreten, eine ganze Reihe Reynolds,
darunter zwei, die Porträts- und Genrebilder zugleich
sind, wie dieser Meister sie zu malen liebte. Das eine
davon, eine Dame in persischer Tracht, ist vom Zahn
der Zeit schlimm benagt worden, das andere „Nachdenken"
betitelt, bezeugt durch edle Linienführung, Einfachheit und
Größe der Auffassung, daß der Hofmaler Georg III.
trotz der fabelhaften Schnelligkeit, mit welcher er arbeitete,
ein König unter den Porträtisten war. Sein Nachfolger
im Hoftitel Lawrence, mit drei Bildern vertreten, die
noch jetzt voll Glanz, Leben und Kühnheit sind, erweckte
den Eindruck, als habe er in den zwei Edeldamen, die
er auf einem Bilde vereinigte, ebenso wie in den Por-
träts zweier Kinder, das er „Natur" betitelte, Schau-
spieler mit geschminkten Gesichtern und theatralischer
Haltung darstellen wollen. Gainsboroughs Porträts
in dieser Ausstellung erschienen schlecht erhalten, nur
einige seiner Landschaften bezeugten, daß er nicht nur
der Begründer der englischen Landschaftsmalerei, sondern
auch ein Meister war. Co Pley, der Bostoner, dem die
vornehmen Londoner Damen mit Vorliebe saßen, hatte
außer zwei einfachen, wenig hervorstechenden Männer-
bildnissen ein unleidlich geziertes „Mädchen mit einer
Taube", Gilbert Stuart, der amerikanische Maler
historischer Porträts einige seiner kräftig charakterisierten
Männer und verschwommenen, süßlichen Frauen. Von
Romney befand sich ein besonders interessantes Bild
in der Ausstellung, Mrs. Fitz-Herbert, die verlassene
Gattin Georg IV., ein scharsmarkiertes bedeutendes Gesicht,
mit Geist und Energie gemalt.

Auf dem Gebiete der Landschaft bot die Ausstellung
einen repräsentativen Charakter. Vor allem konnte man
den in seinem Vaterlande lange gering geachteten Propheten,
den die erfolgreichste französische Malerschule der Jetzt-
zeit als ihren Vater verehrt, ja der der ganzen modernen
Landschaftsmalerei ihren Weg gewiesen hat, John Con-
stable, beurteilen lernen. Die sechs Bilder, die von
ihm zu sehen waren, ein Sommermorgen im Dedham
Thale, Fluß Stour, eine Mühle — vielleicht dieselbe,
in welcher er geboren wurde, Weymouth-Bai, eine Schleuse,
Winander-Mere, ein See, alles aus seinem heimatlichen
Suffolk, zeigen das innige Anlehnen an die Natur, das
er und nach ihm die Schule von Barbizon zum Leitstern
ihres Schaffens erhoben. Noch erscheint er nicht ganz
frei von dem Bestreben, die Natur im Feiertagskleide
zu malen, noch liebt er Gewitterhimmel, vom Sturm
gepeitschtes Wasser, Wolken, durch welches die Sonne
hervorbricht. Darin ähnelt ihm die Schule von Norwich.
die sich in England, wenn auch in beschränkterem Maße

als die von Barbizon in Frankreich Einfluß erwarb. Von
ihrem Gründer, dem alten Crome, waren vier vor-
treffliche Landschaften da, die besten davon schienen mir
der „Weg zum Kalkofen" und der „Dock im Jarmouth".
Derselben Schule gehörten Colman und der jüngere Crome
an, der erstere mit „Mondschein am Aare" der letztere
mit „Dorf am Aare" vertreten. Den Turner, „Merkur
und Argus" betitelt, der eigentlich „Eine Farbensym-
phonie" heißen sollte, erwähnte ich bereits. Noch ver-
schafften sich einige ideale Landschaften Wilsons, ein
„Pfad zur Mühle" Barkers Respekt, wenn wir auch
gerade ihrem Gebiet, dem Verschönern der Natur, voll-
ständig entwachsen sind.

Personal- u. Atelier-Nachrichten.

r. kt. Wir haben gegenwärtig in München zwei interessante
kleine Separal-Ausstellungen bei den Kunsthändlern Littauer und
Neumann, von denen die erstere durch die „Gesellschaft deutscher
Aquarellisten" veranstaltete sehr tüchtige Arbeiten von Hans v.
Bartels, Arthur Kampf, Hans Hermann, Skarbina,
Fritz u. a. bringt. Das beste ist wohl ein holländischer Blumen-
laden vom enteren, der eine ganz merkwürdige Brillanz der
Färbung entwickelt, während Kampfs „Choleraschiff" oder seine
„Totenbahre" durch die Gewalt ihrer Stimmung fesseln. Har-
monisch anziehend ist Hermann in seinen holländischen Kanal-
bildern und prikelnd Pikant Skarbinas Berliner Straßenszene.
Jedenfalls zeigt die Ausstellung die allermodernsten Kunstrichtungen
von ihrer besten Seite. — Altes und Neues, Fremdes und Ein-
heimisches mischt dann überraschend geschickt und gediegen der
Neumannsche Bildersalon, der uns eine ganze Anzahl berühmter
Namen vorführt, ohne uns je durch aufdringliche Mittelmäßig-
keit zu langweilen. Da sieht man eine sehr pikante „Traviata"
und einen zweiten wunderschönen Frauenkopf von G- Max,
eine ganz köstlich studierte Landschaft von Leibl mit ihm selber
als Jäger auf dem Anstand, zwei prächtige Wengleins, Len-
bachs Schlangenkönigin, Defreggers reizend naiven Tabaks-
stopfer, zwei Mädchen von Fr. A. Kaulbach, zwei kostbare
alte Weiber von Diez, kleine Perlen von Pettenkofen,
Belten, Lossow, Grützner, Passini, H. Kauffmann
und Breling, endlich ein köstliches Kinderbild und ein Pastell
von Uhde, wie Landschaften von Andreas und Oswald
Achenbach. — Unter den Fremden zieht ein Wasserfall von
Calame, und eine kostbare Bilderkrämerin von Favretto,
beide Meisterwerke ihrer Art, zuerst die Blicke auf sich, an die
sich dann ein kleiner Corot, ein Salinas, zwei van Hannen,
ein zuckersüßer Mädchenkopf von Jaquet, eine reizende Fluß-
landschast von Webb, andres von Bl aas und ein köstliches
Frauenbild von Bertzik anschließen, sodaß man nicht leicht mehr-
überraschend Treffliches beisammen sehen könnte. poml

O. Berlin. Der Vorsteher des akademischen Meisterateliers
für Kupferstich und Radierung, Professor Karl Köpping hat
eine große Radierung vollendet, an der der Meister nahezu andert-
halb Jahre arbeitete. Es ist ein Werk eminenten Fleißes, von
vollendeter Meisterschaft der Technik und von hervorragend künst-
lerischer und poetischer Auffassung. Zum erstenmale hat sich mit
ihm der Meister in der Ausführung eines eigenen Entwurfes
versucht. Zwei nur halbbekleidete Frauengestallen im Schatten
eines von der Dämmerung übergossenen alten Laubwaldes, eine
Träumerei in echt Böcklinschem Geiste, treten dem Beschauer ent-
gegen, der weniger durch den Vorwurf, als durch den Reiz der
Darstellung und die koloristische Wirkung des Werkes gewonnen
wird. Das leichte Leuchten der Frauenkörper aus dem Innern,
das spielende Licht auf Blätter und Stämmen, alles vereinigt
sich zu faszinierender Wirkung. Es verlautet, daß der Meister
diese neueste Schöpfung auf der nächsten Ausstellung der Aka-
demie dem größeren Publikum zugänglich machen wird. Wie wir
höien, wird die Akademie in Zukunft in ihren alten Ausstellungs-
räumen im Akademiegebäude Unter den Linden Elite-Ausstellungen
mäßigen Umfangs von hervorragenden Werken aus allen Gebieten
der Kunst oder Sonderausstellungen von Werken großer Meister
veranstalten. leosoi

-- — München. Der Verein bildender Künstler zu München
entsendet nach Berlin als Delegierte die Herren Professor Albert
 
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