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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Heilbut, Emil: Das Marseiller Museum
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August Noack: zu seinem 70. Geburtstage
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0058

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Aus dem !Narseillcr Museum, von l). lselferich — August Noack

40

denken wir — vielleicht gerade gegenüber dieser einzigen
Präokkupation — an etwas Ewiges, an etwas Mensch-
liches, das mystisch angeschaut wurde.

Und dann zwingen wir — als Söhne der
modernen Welt — von dieser Art des Eindrucks uns
loszureißen und konstatieren die Kraft, welche verstand,
die Hand der Mutter so zu malen, daß sie sich dreht,
verstand, den Stoff ihres Kleides stofflich, doch so zu
malen, daß man seiner vergesse; verstand, die Neben-
sachen gut zu malen und doch so, daß man sie nicht
wahrnehme, dem Bilde ein sanftes Leuchten zu geben,
wie es nur die größten Maler gekonnt haben, etwa
wie es auf einigen Porträts des Velazquez ist, —
und bei alledem etwas vorwiegend Statuarisches zu ent-
falten, eine Gruppe zu formen wie von einem Michel-
angelo, der wnnderbarerweise intime Zärtlichkeit be-
sessen hätte!

Und nun denken Sie sich, daß das Bild viel
schöner ist, als meine schwache Schilderung es Ihnen Her-
vorrufen kann!

August Moacü

Zu seinem 70. Geburtstage

^T^ie Feier des
70. Geburts-
tages des Malers
Professor August
Noack in Darm-
stadt giebt Veran-
lassung, des Künst-
lers zu gedenken,
der abseits von dem
großen Kunstmarkt
als Darsteller der
religiösen Historie,
sowie als Porträt-
maler auf ein an Ar-
beit und Schaffens-
freudigkeit reiches
Leben zurückblickt
und als Künstler
und Mensch eines gleichgeachtcten Namens sich erfreut.
— Noack steht als Historiker auf dem Boden strenger
Forschung, verbunden mit hochidealer Auffassung und
Anschauungsweise und verhält sich, wie viele seiner Zeit-
genossen, gegenüber dem Radikalismus der Modernsten
in konservativer Stellung, das Gute annehmend, woher
es komme und jeden Fortschritt der Technik freudig be-
grüßend und empfangend.

Inmitten einer Zeit lebend, die in wenigen Jahr-
zehnten hinsichtlich der technischen Entwickelung in den
bildenden Künsten Fortschritte anfzuweisen hat, wie sie
gleicher Art früher etwa der Lauf eines Jahrhunderts
gezeitigt hatte, reicht Noacks erste künstlerische Ausbildung
noch in die Zeit zurück, wo aus Rom durch die Alt-
meister Cornelius, Veit, Overbeck und Genossen ein neues
Frühlingsbrausen ansging, das allmählich in Deutschland
den alten Schlendrian und Zopf der akademischen Ueber-
lieferungen wegfegte und ein frisches und fröhliches
Wiederaufleben deutscher Kunst anfachte.

Geboren am 27. September 1822 zu Darmstadt,
bezog Noack 1839 die Düsseldorfer Akademie, woselbst er
als Schüler von Sohn, Lessing und Schadow bis 1842
verblieb. Nach mehreren Jahren der Wanderschaft und
längerem Aufenthalt in München, besuchte er noch als
Schüler die neuaufblüheude Antwerpener Akademie und
ließ sich nach längeren Studienreisen in Holland, Belgien,
Frankreich und fast einjährigem Aufenthalt in Italien,
1855 dauernd in Darmstadt nieder, woselbst er durch
den Großherzog eine Anstellung als Hofmaler erhalten
hatte und im Dezember desselben Jahres den Bund der
Ehe schloß.

Der kunstsinnige Großherzog Ludwig III. bedachte
den Künstler auf eine Reihe von Jahren hinaus mit
Aufträgen historischer Darstellungen für Schenkungen an
Gemeinden, Kirchen und Private oder mit Ausführungen
von Porträts fürstlicher Personen.

Von den größeren historischen Darstellungen, denen
sich Noack nach den eingehendsten Studien zuwandt c,
sind hervorzuheben: „Der Besuch Philipps des Groß-
mütigen bei Luther zu Worms" (in der Galerie zu
Rostock), „Das Religionsgespräch zu Marburg", zwei-
mal ausgeführt (in der Darmstädter Galerie und im Be-
sitze der Stadt Marburg), „Paulus vor dem hohen Rat
in Jerusalem", noch unvollendet in dem Atelier des
Künstlers.

Von Darstellungen aus dem Leben des Heilandes
entstanden für die Kirche des Klosters Sucre coeur zu
Santiago in Chile zwei große Altarbilder, „Christus am
Olberg" und „Der auferstandene Christus", für die Fried-
hofskapelle in Darmstadt „Der auferstandene Christus
am Ostermorgen den beiden Marien erscheinend", das
Bild „Eines ist Not" in der Stadtkapelle in Darmstadt
und andre mehr.

In der Stadtkirchc zu Wimpfen am Neckar rettete
Noack ein großes 8 m hohes Wandgemälde, die Dar-
stellung des jüngsten Gerichts, vor gänzlichem Verfalle;
das Bild war völlig übertüncht und von einer Empor-
bühne durchschnitten. Zufällig auf Spuren von Malerei
aufmerksam geworden, entfernte er mit mühevollem Fleiß
die bergende Kalkdccke und wußte die Neuhcrstelluug des
wertvollen Bildes durchzusetzen, nachdem er ans Studien-
reisen im Schwabenlande die Anhaltspunkte zur Er-
neuerung der gänzlich fehlenden Teile gesammelt hatte
(Vgl. Lützows Zeitschrift für bildende Kunst, 1871, H. 9).

Als Gegenstück zu dem „Jüngsten Gericht" entwarf
der Künstler die Darstellung der Bergpredigt, welche
kürzlich in Hanfstaengls Verlag erschienen, im Großen
bis jetzt nicht zur Ausführung kam.

Eine weitere Rettung übertünchter Wandgemälde
erfolgte in der Kirche zu Partenheim in Rheinhessen.

Weiterhin beschäftigte sich der Künstler mit Ent-
würfen für Deckengemälde in der Kirche zu Gelnhausen,
deren Ausführung aus Geldmangel unterblieb, für Glas-
malereien zu Kirchenfeustern in Darmstadt und Oppenheim
u. a. m. Auf dem Gebiete der heiteren Kunst und der
Allegorie entstanden Gemälde für Speisesäle und Boudoirs
verschiedener Villen zu Frankfurt a. M., Schloß Rosen-
höhe bei Darmstadt und an andern Orten.

Als Porträtmaler genießt Noack mit Recht eine
wohlverdiente Anerkennung; zahlreiche Aufträge privater
und fürstlicher Persönlichkeiten sind ihm zu teil geworden.
Seit 1871 Professor an der technischen Hochschule in

A. Vvack
 
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