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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Pecht, Friedrich: Weihnachtsbücherschau [1]
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Pecht, Friedrich: Salomon Corrodi
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Architektur - Preisausschreiben - Ausstellungen und Sammlungen - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0081

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Meihnachtbücherschau

Salomon Corrodi — Personal- und Ateliernachrichten

Mengssche Museum von Abgüssen in Dresden noch weit nicht so
viel enthält als unser Werk, so kann man es wohl unentbehrlich
für den Anschauungsunterricht — den wirksamsten von allen —
nennen.

Gewissermassen eine sehr willkommene Ergänzung zu dem
vorigen Weil bildet die nun auch schon bis zur zehnten Lieferung
vorgeschrittene Sammlung „Griechischer und römischer Porträts"
(Preis der Lieferung 20 M.), weiche Friedrich Bruckmann
nach Anordnung und Auswahl Brunns und Heinr. Arndts
herausgiebt. Jedermann weiß, daß die griechischen und besonders
die römischen Porträtbüsten in ihrer Art ebenso unübeitroffen
dastehen, als die Götter und Heroenbilder der antiken Kunst.
Überdieß haben die großen Männer der Griechen und Römer
unsre Jugend so sehr beschäftigt, daß man selbst im Alter noch
dankbar ihre persönliche Bekanntschaft begrüßt, wie sie uns dies
Unternehmen zu vermitteln verspricht. Dasselbe konnte freilich
nur einer so umfassenden Bekanntschaft mit dem vorhandenen,
aber in der ganzen Welt zerstreuten Material gtlingen, wie es
den beiden Herausgebern zu Gebote steht, und so studiert man
denn auch die in den ersten Lieferungen enthaltenen Büßen von
Sophokles, Euripides u. a. m. mit um so größerem Entzücken,
als sie unsre Vorstellung von ihnen in überraschender Weise er-
gänzen. Welt geringer ist freilich das Vergnügen, wenn wir dann
in den folgenden Lieferungen doch gar zu viele große Unbe-
kannte erhalten, oder uns damit begnügen sollen, daß uns ein
halb Dutzend nasenlose Köpfe als „Barbaren" vorgefiihrt werden,
was bei ihrem Zustand durchaus nicht ausreicht, unser Interesse
zu erwecken. Die Museen des Kapitols und Vatikans, in Florenz,
Neapel und Paris oder London entbalten aber genug beglaubigte
Porträts, um es ein wenig überflüssig erscheinen zu lassen, uns
mit Kopenhagener anonymen Römerinnen zu beglücken, die genau
wie heutige Waschweiber aussehen.

Auch eine Ergänzung jener beiden Publikationen bil-
det das eben erschienene Buch „Griechische Göllerideale" von
Brunn (Preis geb. 9 M.), in welchem der Verfasser einige Vor-
lesungen gesammelt hat, die er über die berühmtesten hellenischen
Götterbilder gehalten. Das Fonnverständnis wie die fesselnde
Art des Vortrages rechtfertigen dieses Buch umsomehr, als der
Autor uns durch gute Autotypien der beschriebenen Bilder im
Text auch gleich in den Stand setzt, seinen geistvollen Ausführungen
mit vollem Verständnis folgen zu können.

Me Fortsetzung im nächste» Heftel

Hsloiiion Lorrodi

Pom Herausgeber

^Tjls n dem am
^ 4. Juli d. I.
gestorbenen „alten
Corrodi" verlor die
deutsche Künstler-
kolonie in Rom
einen ihrer ältenen
und bedeutendsten
Meister, wie er
wohl jedem in
freundlicher Er-
innerung geblieben
ist, der die ewige
Stadt und die dor-
tigen Künstlerkreise
im letzten halben
Jahrhundert be-
sucht. Einer ober
italienischen Fa-
milie angehörig, die
zu Ende des vor-
igen Jahrhunderts
Aalomon Corrodi. f 4- Juli ,»92 glaubenshalber

nach Zürich aus-
gewandert war,

wurde er dort im Jahre l8lü geboren. Einer sich früh ent-
wickelnden Neigung zur Kunst folgend, bildete er sich zunächst
in Zürich bei dem Aquarellmaler Wetzel aus und ging dann,
zwanzig Jahre alt, nach Italien, das er gleich bis nach Sizilien

hinab durchwanderte. Tann verweilte er in Rom, wo er, vor-
zugsweise bei Koch, Reinhard und Catel studierend, doch auch
mit allen andern bedeutenden Künstlern, besonders aber mit
Thorwaldsen viel verkehrte, der an dem jungen schönen Manne
so viel Gefallen fand, daß er auch seine ersten Arbeiten erwarb.
Nun wauderte er aber erst noch zwei Jahre in Oberitalien, Mai-
land, Venedig und Genua herum, ehe er sich bleibend in Rom
niederließ. Mit der dort in der Landschaft herrschenden stili-
sierenden Richtung konnte er sich aber je länger umsoweniger
befreunden und fühlte immer mehr das Bedürfnis, die Farben-
fülle der italienischen Natur unmittelbar wiederzugeben. So ward
er einer der frühesten Koloristen dort, dessen zart und sorgfältig
ausgeführten Aquarelle bald reißenden Abgang fanden, wozu die
überaus sympathische, biedere und männliche Persönlichkeit des
überdies noch im Alter bildschönen Künstlers allerdings nicht
wenig beitrug. Als Aquarell-Landschaftsmaler nahm er denn
bald die erste Stelle in Rom ein und behauptete sie lange Zeit,
sodaß man besonders die im Laufe der dreißiger Jahre auch bei
den Italienern aufblühende Wasserfarbenmalerei großenteils auf
seine Anregungen zurückführen kann. Seine Motive entnahm
er meist dem Comersee, Rom, Florenz und Venedig, sowie den
Golfen von Neapel und Saleiuo. Ihr Hauptverdienst bestand in
der feinen Abstufung und Verschmelzung der Töne sowie der an
die ältere Schweizerschule erinnernden Zierlichkeit und Delikatesse
der Behandlung, Vorzüge, die uns freilich heute veraltet er-
scheinen, die alnr damals um so höher geschätzt wurden, als er
sich in der That seinen ganz eigenartigen Stil ausgebildet hatie.
So war denn in Len vierziger Jahren Corrodi einer der gefeiertsten
Künstler Roms, der, glücklich an eine Landsmännin verheiratet,
in seinem gastlichen Haus fast alle Fremden von Distinktion
empfing, um dessen Arbeiten sich alle gekrönten Häupter rissen,
wie sie in den meisten Galerien zu finden sind. Ebenso war er
viele Jahre lang Vorstand deS Deutschen Künstlervereins, dessen
edler und imponierender Erscheinung sich noch alle damaligen
Besucher erinnern. Denn in dem römischen Fremdengewühl wirkt
das äußere Auftreten entscheidend, besonders wenn es wie hier
der Spiegel einer innerlich ruhigen in sich gefestigten Persönlichkeit
ist. So hatte denn Corrodi unzählige Freunde und keinen Feind,
ward allmählig einer der typischen und beliebtesten Vertreter Alt-
Roms, den selbst die Italiener noch im Jahre 1888 zum Mitglied
der Akademie von San Luca erwählten. Leider verlor er in,
Jahre l8,4 einen höchst talentvollen Sohn durch den Tod, dessen
srühentwickelte Anlagen zu den schönsten Hoffnungen berechtigten.
Doch blieb ihm dafür sein jetzt noch lebender älterer Sohn, der
bekannte Landschaftsmaler Professor Hermann Corrodi, der nur
leider durch den Brand seines Hauses im Jahre 189l die wert-
vollsten Kunnschätze und Sammlungen verlor, zu deren Erwerbung
auch der Vater seit zwanzig Jahren mit beigetragen. Bald darauf
starb diesem auch die durch den Schrecken tiejergriffene Gattin,
mit der er in wenig Wochen die goldene Hochzeit zu feiern hoffte
und ihn selber ergriff die Influenza in lebensgefährlicher Weise.
Nach der Genesung wünschte er die geliebte Heimat noch einmal
zu sehen, der er immer treu geblieben, erlag aber an deren Pforte
in Como einer heftigen Lungenkongesiion, lies betrauert von all
denen, welche diesem biedern Charakter je näher gestanden.

Personal- u. Melier-Nachrichten

(s. 8. Berlin. Bei Schulte Unter den Linden war kurze
Zeit ein neue? Bildvon Fritz Wernerzusehen. Das ist immer-
hin ein kleines Ereignis im Berliner Kunstleben und ein seltenes
dazu, da Werner, wie es bei seiner Malweise kaum anders sein
kann, nur wenig Bilder hervorbringt und zu den rarsten Gästen
auf den Ausstellungen zählt. Das neue Bild Werners hat den
Titel „Am 8. Februar l888"; dargestellt ist der Heimweg des
Fürsten Bismarck aus der Reichslagssitzung jenes Tages, an
dem er so denkwürdige Worte gesprochen hat. Also ein Ber-
liner Straßenbild. In der Mitte der Leipziger Straße der Fürst
über den vom Regen feuchten Asphalt des Fahrdamms aus die
andre Seite schreckend, zu beiden Seiten staut sich die grüßende,
Hüte schwingende, hoch rufende Menge. Darunter neben den
üblichen Berliner Gassentstpen bekannte Persönlichkeiten des
öffentlichen Lebens in sprechendster Ähnlichkeit, wie Gras Herbert
Bismarck, Geheimrat von Rottenburg und die Oifiziere am Ein-
gang des Kricgsministeriums. Hinter dem Fürsten hält ein
Pferdcbahnwagen, dessen Fahrgäste auf den Perron und an die
 
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