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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Donner von Richter, Otto: Von alten und neuen Porträts in London, [1]
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Tovote, Heinz: Erika, [2]: Novelette
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0175

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von Mtto Donner-von Richter — Feuilleton

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Erdglobus auf seinem Gestelle, neben demselben liegt ein Zirkel und ein halbgeöffnetes Büchlein mit arithmetischen
Aufgaben und deutschem Texte, der, wie die Zahlen, so fein und exakt ausgeführt ist, daß man ihn genau
lesen kann. Es ist als eine deutsche Ausgabe der Arithmetik des Peter Ammianus nachgewiesen. Auf der
rechten Seite der Bank liegt eine große, elegante Laute, vier Klarinette in ihrem Lederfutteral und dabei ein
ganz geöffnetes Buch, auf dessen linker Seite die Noten und der deutsche Text des Liedes: „Komm', heiliger
Geist, Herregott, erfüll' mit deinen Gnaden" w. rc. und auf der rechten Seite das lutherische Lied: „Mensch,
willst du leben seliglich" gleichfalls mit der Melodie in bewundernswertester Deutlichkeit und in zierlichster Aus-
führung zu lesen sind. Auch das Originalwerk dieses Büchleins ist im britischen Museum nachgewiesen worden.

Die Seitenlehnen dieser Bank erheben sich bis zu menschlicher Brusthöhe und auf ihnen ruht eine
Tischplatte, bedeckt mit einem reichen orientalischen Teppich, zwischen welchem und der Bankoberfläche der grün-
seidne, damaskierte Vorhang durchsieht, welcher den ganzen Hintergrund des Gemäldes bildet. Auf dieser
Tischplatte erblicken wir links einen Himmelsglobus auf seinem Gestell, auf welchem die Sternbilder und ihre
Namen ebenso fein und leserlich eingetragen sind, wie darunter auf der Erdkugel Länder- und Städtenamen.
Weiter nach rechts hin sind eine ganze Anzahl astronomischer Meßapparate, eine Sonnenuhr und dergleichen
wissenschaftliche Instrumente ausgestellt, alle von der wunderbarsten Feinheit in der malerischen Durchführung.
Kurz, wir haben auf der Bank und der Tischplatte in den aufgestelllen und umherliegenden Gegenständen
gewissermaßen einen Überblick über wissenschaftliche und musikalische Bestrebungen jener Zeit sichtbar vor
uns. Über diese Zeit giebt uns Holbein selbst genauen Aufschluß, denn das Bild trägt seinen vollen Namen
und die Jahreszahl 1533.

(Die Fortsetzung im nächsten Hefte)

Erika.

Novelette von Heinz Tovote (Berlin)

(Schluß)

Nachdruck verboten

/^ines schönen Nachmittags, eine Porträtsitzung war

gerade zu Ende, und ich war dabei, die Pinsel
ausznwaschen — klingelt es draußen.

Nur zu, denke ich, und lasse mich nicht stören.

Da klingelt es zum zweitenmale, und zwar ein
bischen sehr derbe.

Ohne mir die Hände zu trocknen, mache ich die
Thür auf, und die Pinsel in der Hand, frage ich den
Mann der vor mir steht, ziemlich barsch:

— Was wollen Sie denn?

Ter Mensch dreht in offenbarster Verlegenheit seinen
Hut in den Händen herum, guckt mich von der Seite
an, und fragt dann endlich:

— Sind Sie der Maler Herr Erich.

— Jawohl . . . und?

Ich sehe mir den Kunden genauer an. Was der
nur will — betteln? — aber darnach sieht er nicht
aus, ganz anständig angezogen, wie ein Arbeiter in Zivil,
deshalb frage ich freundlicher:

— Was wünschen Sie denn?

— Ick — ick möchte nämlich wat mit Sie bereden.

Na, denke ich, was wird denn das; und lasse
ihn ins Atelier ein, wo er sich ganz verwundert umsteht.

— Ja, sagt er endlich und kratzt sich den Kopf,
sehn Se, ick komme nämlich von wegen die Marie . . .

Nun sehe ich ihn mir denn doch verblüfft an. Was
will denn der Kerl? — Einen Augenblick lang bin ich
versucht, ihn ohne weiteres wieder an die frische Luft
zu setzen. Aber dazu ist es noch immer früh genug.
Erst mal sehn, worauf er hinaus will. Ich sehe ihn
also nur fest an, nicht gerade aufmunternd. Er krümpelt
den Hut immer fester zusammen.

/i L AU

Aus I. L. Herkerichs Ski;;enbuch
 
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