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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Pecht, Friedrich: Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0156

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Rundschau, vom kerausaeber




Aus Lugen Klimschs Skirxenbuch

Rundschau

vom kerausgeber

ie die künstlerische mit der politischen Entwicklung
Hand in Hand geht, oder ihr doch unmittelbar
folgt, das läßt sich selbst bei der Bauernmalerei genau
verfolgen. Von den Niederländern alsbald nach ihrer
Losreißung von Spanien und der Ausbildung ihrer
demokratischen Verfassung erfunden, weil da die Bauern
zuerst als Stand ins Gewicht fielen, ist aber auch da
der Unterschied in der Behandlung, die ihnen ein Teniers
als Hofmann und ein Brouwer oder Ostade angedeihen
ließen, die mitten unter ihnen lebten, schon ein sehr er-
heblicher. Wouvermann vollends zeigt uns dann er-
schreckend, wie sie im Krieg mißhandelt wurden. Das
18. Jahrhundert, wo die Malerei ganz höfisch wird,
kennt dann nur noch die galanten Maskeraden, wo die
Barone und Gräfinnen sich in Schäferkostümen amüsierten,
wie wir das jetzt auf unserm heutigen Fücherbilde von
Klinisch genau dem Watteau nachgebildet finden, der diese
Mode zuerst an der vornehmen Welt im Luxembourg-
garten beobachtete und dann in die Kunst einführte.
Die Romantik unter der Führung der Stael und Georges
Sand verherrlichte dann wenigstens die italienischen
Bauern, wie Schiller im Dell die schweizerischen, und
es ist kein Zufall, daß der Schweizer Leopold Robert
wenigstens jene, zuerst ziemlich idealisiert, in die Malerei
einführte. Gleichzeitig brachten dann zwei andre Schweizer,
Pestalozzi und besonders Jeremias Gotthelf, die Bauern-
poesie nach Schiller in der Litteratur in Aufnahme,
weil eben nur erst in der Schweiz der Bauer gleiche
Rechte mit dem Bürger genoß, und auch der in den
meisten Kantonen erst nach 1830. In Teuschland waren
der Nürnberger Radierer Joh. Ad. Klein und nach ihm
Peter Heß in München die ersten Bauernmaler wenig-
stens nebenher, denen dann Bürckel, Kirner und später
Enhuber folgten. In Wien traten gleichzeitig Wald-

müller, in Berlin Meyerheim mit Bauernbildern auf,
alle nach 1830. Einen rechten Aufschwung nahm die
Bauernmalerei indes erst nach 1848 mit der Befreiung
der Bauern von Hörigkeit, Frohnden und Roboten und
ihrer Gleichstellung mit allen andern Staatsbürgern. Da
erwuchsen rasch nacheinander die Bauern in dem Schwaben
Knaus, dem Schweizer Pfarrersohn Vautier und zehn
Jahre später im Tiroler Alpensohn Defregger, ihre
glänzendsten Schilderen. Aber auch sie sind sehr ver-
schieden in ihrer Anschauung vom Bauernleben, das der
feingebildete Städter Knaus, obwohl von allen dreien
die glänzendste künstlerische Begabung, doch immer ein
wenig von oben herab, immer mit Humor und bisweilen
nicht ohne scharfe Satire, vor allem aber ohne spezifisch
landsmannschaftliches Interesse darstellt, da er die Schwarz-
wälder Hozen mit derselben Wahrheit wiedergiebt, wie
morgen die hessischen oder selbst die Tiroler Bauern.
Ihm ist aber doch der malerische Reiz die Hauptsache,
wie gut er auch die Natur des Bauern im allgemeinen
verstehe, so kommt ihm dessen enger Zusammenhang mit
der umgebenden Natur doch erst in zweiter Linie. Da-
rin unterscheidet er sich gründlich von Millet und Breton,
den großen französischen Banernmalern, bei denen der
Bauer nur Bodenerzeugnis ist und kaum weit über seine
Ochsen hinausgeht. Ganz anders Vautier, der am Genfer-
see mitten unter dem freiheitsstolzen Landvolk erzogen,
zuerst die eigenen Landsleute im Berner Oberland mit
ihrer herrlichen Natur, aber auch mit ihrem vollkommenen
Selbständigkeitsgesühl schildert, das sie zu ganz andern
Menschen macht, als die doch immer noch unter bureau-
kratischem Druck lebenden Hessen und Westfalen. Auch die den
schweizerischen so verwandten alemannischen, d. h. Schwarz-
wälder und schwäbischen Bauern, hat er um so treffender
geschildert, als er sich hier überall vorzugsweise der
 
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