Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

DOI Artikel:
Der Amateur-Photograph
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0339

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Im Melier.

Unser Preisausschreiben.

11 nser Preisausschreiben hat einen Erfolg
^ gehabt, welcher billig überraschen konnte.
Mehr als 1000 Bilder sind uns seitens
unserer Abonnenten übersanvt worden, und
es hat nicht geringer Mühe bedurft, dieses
außerordentlich reichhaltige Material in
passender Weise zu sichten und aus der
großen Fülle des teils Mittelmäßigen, aber
auch teils Guten das Beste auszuwählen.
Durch diese rege Beteiligung ist von neuem
der Beweis geliefert worden, welcher Gunst
sich die Photographie unter den Gebildeten
erfreut und wie tief sie bereits in das all-
gemeine Leben eingedrungen ist. In der
That giebt es heute kaum noch einen Be-
rufszweig, welcher der schwarzen Kunst ent-
raten kann, und besonders die große Gilde
der Künstler ist es, welche immer mehr und
mehr von den gewaltigen Mitteln der
Photographie fruchtbringende Anwendung
macht.

Es hat eine Zeit gegeben, wo mancher
mit Verachtung von der Höhe seiner
Kunst herabsah, mancher vielleicht gar in
ihr eine gefährliche Konkurrentin suchte.
Diese Zeiten sind vorüber. Jeder, der mit
vorurteilsfreiem Blick die Entwicklung der
Dinge überschaut, wird zugeben müssen,
welche gewaltige Hilfe, welche mächtige
Bundesgenossin gerade der Kunst in der
Photographie erwachsen ist. Dem Künstler
spart der photographische Apparat manche
mühevolle Stunde, er ersetzt ihm das Skizzen-
buch bis zu einem gewissen Grade, ja er
giebt ihm Material in die Hand, von einer
solchen Fülle, Wahrhaftigkeit und Lebhaftig-
keit, wie es sonst der eisernste Fleiß, das
größte Genie nicht einheimsen konnte. Es k
ist oft die Frage aufgeworfen, ob nicht
durch die Photographie, welche dem Künstler
die mühsame Arbeit des Zeichnens erleich-

tert, ein gewisser Umschwung in der Kunst
sich geltend gemacht habe, der nicht zu ihrem
Vorteil gereiche. Man hat darauf hinge-
wiesen, daß der junge Künstler, statt sich
eifrig immer wieder und immer von neuem
im Zeichnen zu üben, jetzt sich mühelos
Material sammelt, welches für ihn doch
nicht den Wert besitzen kann, wie die
Früchte eigenster Arbeit.

Unzweifelhaft kann die Photographie
mißbraucht werden. Es ist zu verlockend,
in einem kurzen Augenblick eine Fülle von
Details schwarz auf weiß zu gewinnen,
welche sonst nur durch mühevolle Arbeit
mit vielleicht lange nicht so großer Treue
und Genauigkeit festgehalten werden konnte
Aber diesem Bedenken steht eine andere
Betrachtung entgegen, welche dasselbe im
wesentlichen entkräftet. Das Material,
welches die Photographie liefert, kann nur
von einem Künstler, der die Natur auch
aus eigener Arbeit von Grund aus studiert
hat, wirklich künstlerisch verwertet werden
Einem Stümper wird die Photographie
niemals die Grundlage zu einem künst-
lerischen Bilde liefern können; nur ein
Künstler kann der photographischen Platte
den Geist einhauchen, der ihr zu einer
künstlerischen Auferstehung verhilft.

Unser Preisausschreiben ist von vorn-
herein auf eine gewisse Richtung in der
Photographie zugeschnitten worden, welche j
man vielfach vielleicht mißverständlich als i
künstlerische Photographie anspricht. Unsere
Aufgaben waren so gestellt, daß ihre Lösung !
nur dem glücken konnte, welcher neben der,
Beherrschung der photographischen Technik !

auch noch etwas von einem Künstler in
sich hatte. Wir haben bei der Beur-
teilung der Einsendungen diesen letzten
Punkt wesentlich Ausschlag geben lassen;
wir haben hier und da über technische
Mängel hinweggesehen, wenn wir er-
kannten, daß ein richtiger künstlerisch ge-
schulter Blick das Motiv gewählt und die
einzelnen photographischen Operationen
durchgeistigt hatte. Es sei uns gestattet,
auf unsere Aufgaben und ihre Lösung hier
kurz einzugehen.

Unsere erste Preisklasse stellte die Auf-
gabe eine Momentaufnahme aus freier
Hand, nicht von der See, mit großen Figuren
zu machen. Die Bedingung dabei war,
daß die Schatten durchgezeichnet seien, und
daß das Motiv ein geschlossenes sei. Diese
Aufgabe stellten wir an die Spitze unseres
Preisausschreibens in dem Bewußtsein, daß
sie die größte Schwierigkeiten sowohl in
technischer wie in künstlerischer Hinsicht
berge; in technischer, weil es nur mit sehr
vollkommenen Apparaten unter Ausnutzung
aller photographischen Kunstgriffe möglich
ist, ein wirkliches Motiv mit bewegten
Figuren im Vordergrund zufriedenstellend
wiederzugeben; in künstlerischer Hinsicht,
weil es noch schwerer ist, derartigen Auf-
nahmen einen bildmäßigen Charakter zu
geben. Um ein Bild hier zu schaffen, ge-
nügte es durchaus nicht, die Camera irgend-
wo arbeiten zu lassen, sie mußte vielmehr
mit Benutzung eines günstigen Augenblickes
und mit freiem künstlerischem Blick zur
Anwendung kommen. Daß unsere Auf-
gabe eine schwere gewesen ist, geht einmal

Milchfrauen in Bergen.

Aufnahme von vr. rn. Linde in tzaniburg-Limsbütlel.
 
Annotationen