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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Pecht, Friedrich: Die Münchener internationale Ausstellung von 1892, [10]
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Perfall, Anton von: Bekehrung: Novelette
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0033

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Die INünchener internationale Kunstausstellung von 4392 — Bekehrung

Das erfreulichste Ergebnis dieser so glücklich gelungenen Unternehmung ist indeß ganz und gar nicht
der technische Fortschritt, der sich fast überall zeigt, sondern die unverkennbare Wendung zum Idealismus, die
Rückkehr zum Kultus des Schönen und Edlen, die sich in der Kunst fast aller Völker offenbart, in dem sich ein
Hacker bei den Engländern, wie Fr. Aug. Kaulbach oder Ed. v. Gebhardt bei den Deutschen, Nono bei
den Italienern wie Antokolsky bei den Russen begegnen, während ihn die Franzosen wohlweislich gar nie
aufgegeben haben, denn Ausnahmen wie Courbet oder Millet beweisen ja nur die Regel. Ja die
Wendung zu den idealen Stoffen ist gerade für die Naturalisten wie Morot, Bärand bei den letzteren, Uhde,
Stuck bei den Deutschen, Hacker bei den Britten, Antokolsky bei den Russen charakteristisch, weil sie eben
zeigt, daß die alten unverrückbaren Grundlagen aller Kunst, die Liebe zum Schönen und Edlen, zum Ideal/
immer wieder ihre siegende Gewalt äußern. Denn wenn man jetzt die Götterbilder in die Heimat verpflanzt,
so haben das die Künstler aller Zeiten, Rafael und Rembrandt so gut wie Uhde gethau. Ebensowenig
war die Macht der Tradition zu zerstören, aus der sich der stolze Bau der modernen Kunst allmählich auf-
gerichtet und den ganz zu verläugnen niemand vermag, sondern wo man nur die Vorbilder wechseln, die
Antike und Phidias mit Michel Angelo oder Rafael, diesen mit Rembrandt oder Corregio vertauschen
kann, wie die Landschafter Poussin oder Claude durch Ruysdael oder Paul Potter ersetzten. — Der
Versuch aber, die Malerei neu zu erfinden, ist so ziemlich überall aufgegeben und hat dem berechtigten Streben,
sie durch neue Elemente zu bereichern, Platz gemacht. Besonders erfreulich ist aber auch das Austauchen so
vieler neuer Talente in dieser Ausstellung oder doch die Wendung zu neuen Richtungen bei den Alten, wie wir
ihm hier neben Fr. A. Kaulbach auch bei Marr und Frithjof Smith oder Matiegzek, Egger-
Lienz und Diemer, unter den Landschaftern bei Kubierschky und Mühlig unter den Deutschen, an Horovitz
bei den Ungarn, ganz glänzend aber an Antokolsky bei den Russen und Pochwalsky bei den Polen,
dann Hacker bei den Engländern begegnen.

Während aber die Münchener oder vielmehr die Deutsche Kunst bei diesem Wettkampf aller Nationen
sich jedenfalls als die nach der Seite der Erfindung und Phantasie hin reichste erwies, so droht ein ganz
unnütz und überflüssig vom Zaun gebrochener Streit ihre gesunde Entwicklung dauernd zu stören. Denn diese
beruht ja offenbar auf der engen Verbindung der vorwärts strebenden Jugend mit dem das Errungene zu
wahren suchenden Alter, das der Erfrischung durch diese Jugend ebenso nötig bedarf als diese die Mäßigung
durch die Erfahrung. Aber es ist nirgends mehr als in Deutschland gefährlich, ursprünglich theoretische Kämpfe
auf das praktische Feld zu verpflanzen, da die Verträglichkeit niemals zu unsren nationalen Tugenden gehört
hat und sich dann sofort sehr materielle Interessen hinter die idealen zu verstecken und den Kampf zu vergiften
pflegen. Speziell hat sich die Münchener Schule immer in den ärgsten Gegensätzen bewegt und ihrer gesunden
Entwicklung dadurch nicht wenig geschadet. Wenn sie dennoch heute unläugbar die größte und lebensvollste
in ganz Deutschland geworden ist, so dankt sie das vorzugsweise dem Umstand, daß man diese Gegensätze regel-
mäßig auf der Leinwand auskämpfte, aber sich hütete, den Bestand der Genossenschaft als solcher zu gefährden.
Hoffen wir, daß das auch heute nicht geschehe und daß die erhitzten Gemüter sich bald wieder beruhigen
werden. Einstweilen aber dürfen wir uns ungetrübt der Freude hingeben, die deutsche Kunst aus dem großen
internationalen Ringen so ehrenvoll hervorgehen gesehen zu haben, wie es hier im Glaspalast der Fall war
und noch allemal geschah, wo die Deutschen geeint auftraten.

Bekehrung

Novelette von A. v. pcrfall.

ieses entsetzliche „Beruf" wählen! Wie sie ihn damit
geplagt, die Eltern, die Verwandten! Der Vater
war Offizier — also! Reizt dich das nicht? Die Uniform
wird dir vortrefflich stehen, die Aussichten sind gut,
kriegerisch. — Oder werde Arzt, Beamter, Gelehrter,
was du willst — nur etwas, etwas Bestimmtes, nur

nicht dieses vage geniale Künstlertum! Maler. Dichter.
Künstler überhaupt, das ist das unterschriebene Elend,
dein Talent zu diesen Dingen wird die Freistunden
deines Berufes vortrefflich ausfülleu, dir viel Ver-
gnügen gewähren, aber um Gotteswillen dein Brot
suche nicht darin! —
 
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