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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Pecht, Friedrich: Die Münchener internationale Ausstellung von 1892, [10]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0032

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Die Münchener internationale Kunstausstellung von >8g2 Dom Herausgeber


Inkernakionalrr Skulpturen-Saal der vi. internationalen Kunstausstellung 1892 im Kgl. Glaspalast

zu München

Ruysdael, Everdingen, Brouwer, Francois Clouet, prächtiger Amberger, Reynolds, Pieter de Hooch, Tintoretto
Moya, Terborch u. a. mit köstlichen Skulpturen, Möbels und Gobelins zu einem in seiner unendlich vornehmen
und doch behaglichen Art wunderbar fesselnden Schmuckkästchen gestaltet, das wohl seinesgleichen weit und breit
nicht finden dürste. Denn da haben alle Künste mit einander gewetteifert um es herznstellen, und die Anordnung
ist so außerordentlich geschickt, daß aber auch gar nichts zudringlich herausfällt, man vielmehr die Empfindung
hat, als verstünde sich das ganz von selber, daß man da sich mit einer Anzahl der größten Künstler aller
Zeiten so ganz intim unterhält. Fürwahr, man kann der Kaiserin Friedrich, den Herren Wesendonk, Knaus und
Thiem in Berlin, Thieme in Leipzig, Miller v. Aichholz und Todesto in Wien, v. Lenbach, Or. Schubart,
Fiedler, Hirt und Halbreiter in München, Weber in Hamburg, denen diese unvergleichlichen Schätze gehören,
nicht genug dankbar sein, daß sie sich monatelang von denselben trennten, um uns solchen Genuß zu verschaffen.
Denn als Ganzes finden diese Kabinette, wie gesagt, schwerlich irgendwo in der Welt ihresgleichen, am wenigsten
in unsren Galerien, die aus tausend Gründen es nicht einmal in der Tribüne von Florenz zu solcher Trau-
lichkeit und Liebenswürdigkeit gebracht haben, da, von allem andern abgesehen, Rafael und Michel Angelo
solche Annäherung überhaupt nicht erlauben. Lernen kann aber hier jeder, der Bilder aufstellen will! —

Schlutzbetrachtung

Am Ziele unsrer Untersuchungen angelangt, haben wir zunächst die Hauptergebnisse derselben endgültig
festzustellen und mit ihnen die Fragen zu beantworten, die wir vor Beginn derselben an sie gerichtet. — War
die Ausstellung in ungewöhnlichem Maße geeignet, ein annähernd richtiges Bild des Kunstschaffens aller heutigen
Kulturvölker und damit ihrer idealen Welt wie ihres wirklichen Zustandes zu liefern, so war sie gerade in
dem am belelehrendsten, was sich Gemeinsames aus derselben ergab. Denn es stellte vor allem Eines unwider-
leglich fest: daß sich die Sitten und Anschauungen, das Temperament und die Gefühlsweise der einzelnen Völker
nicht etwa mehr und mehr vermischen, sondern daß diese im Gegenteil bei zunehmender Kultur und Kunst-
fertigkeit ihren Sondercharakter nur immer schärfer ausprägen, — daß es also vorläufig noch nichts ist mit
der kosmopolitischen Kunst. — Gerade die begabtesten Nationen, die Engländer, Italiener, Niederländer, Deutschen,
und selbst die Franzosen zeigen ihre Individualität zur Zeit bestimmter als je ausgesprochen. Daß Ähnliches
aber auch den Russen, Polen, Magyaren gelang, das beweist um so klarer, wie weit wir einstweilen noch von
aller Völkerverbrüderung entfernt sind. Dementsprechend war denn auch ein unbestreitbarer Rückgang der
spezifisch sozial-demokratischen, d. h. das Individuelle bei Menschen und Dingen verwischenden, und nur das
Proletariat verherrlichenden Richtung unsrer Kunst ganz unverkennbar. Kosmopolitisch sieht jetzt eigentlich nur
die Kunst der aus so verschiedenen Rassen gemischten Amerikaner und aus demselben Grunde etwa die der
Österreicher aus. Dagegen hat bei allen Nationen das, was man Pleinairismus nennt, d. h. das genauere
Studium der Wirkungen der Luft und des Lichts auf Menschen und Dingen, unlüugbare Fortschritte gemacht,
wie denn alle technischen Errungenschaften heute allerdings leichter als je vorher Gemeingut werden.

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