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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Donner von Richter, Otto: Von alten und neuen Porträts in London, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0191

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von alten und neuen Porträts in London, von Vtto Vonner-von Richter


Von alten und neuen

WorträtK in London.

von Vtto Doimer-von Richter.

(Frankfurt a. !N.)

(Fortsetzung aus Heft 9.)

6>Levor ich jedoch zu der Schilderung

der Hauptsache, nämlich der beiden
in voller Lebensgröße in dem Bilde
dargestellten Persönlichkeiten, einem ele-
ganten Edelmann in der sompluösesten
Tracht seiner Zeit und einem bescheidenen
Gelehrten übergehe, von welchen sich
ersterer, zur Linken des Beschauers, mit
seinem linken Arme auf die Tischplatte
stützt, der Gelehrte mit dem rechten auf
das entgegengesetzte Ende derselben, muß
ich noch eines seltsamen Gegenstandes
erwähnen, welcher als ein flacher Körper,
etwa wie eine ovale Riesenpalette, schräg
in dem unteren Teil des Bildes die
Bank ihrer ganzen Länge nach begleitend,
an dieselbe angelehnt ist und einen tiefen,
langen Schatten auf den Fußboden wirft.

Auf den ersten Blick ist dieser
Gegenstand, der zur Verschönerung des
Bildes keineswegs beiträgt, gar nicht
zu erkennen. Woltmann (Holbein und
seine Zeit, 2. Aufl. S. 371) hat den-
selben, wie ich nachträglich fand, für
einen Fisch gehalten; in der That sieht
er fast wie ein gewaltiger Turbot aus.
Für mich war derselbe anfänglich auch
unentzifferbar, bis ich durch Betrachten
von allen Seiten, plötzlich, als ich von
rechts den Gegenstand zufällig in den
dazu notwendigen Gesichtswinkel brachte,
erkannte, daß dieser flache Gegenstand
ein auf ein dünnes Brett gemalter
Menschenschädel ist, welchersich in stärkster
perspektivischer, unerkennbarer Ver-
zerrung zeigt, so lange man den richtigen
Gesichtspunkt nicht gefunden hat; ist dies
aber gelungen, so nimmt der Schädel
seine Rundung in erstaunlicher Weise
an. Das Brett ist nach den Schädel-
umrissen ausgeschnitten, wirkt daher
perspektivisch verzerrt wie ein etwas un-
regelmäßiges Oval.

Was soll das nun bedeuten? Die
Frage drängt sich einem jeden Beschauer
auf. Da es, wie erwähnt, keine Ver-
schönerung des Bildes ist, so muß Hol-
bein einen ganz besonderen Gedanken
damit verknüpft haben, und, wie der
Maler in „Künstlers Fug und Recht",

Grundsteinlegung des Rathauses zu Brügge, von A. de vriendt.

Wandgemälde im Rathause zu Brügge.

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