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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Donner von Richter, Otto: Von alten und neuen Porträts in London, [3]
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Barth, Hans: Aus dem Deutschen Künstlerverein in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0217

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1S8 von alten und neuen Porträts in London. — Aus dem deutschen Rünstlerverein in Rom. von vr, Bans Barth.

Lebenswärme, welche alle die Dargestellten durchströmte, so echte Engländer in jeder Faser, als der Admiral
Pulido Pareja von Velasquez ein echter Spanier ist, alle diese großen, hervorragenden Eigenschaften seien ihm
unvergessen! Wäre dem noch jungen Manne ein längeres Leben gegönnt gewesen, er hätte in seiner Weise,
nur durchaus selbständig, Ähnliches leisten können, wie der eben erwähnte große spanische Meister Velasquez!

Aus dem Deutschen Aünstlerderein in kom.

von Or. Bans

L«,

^^rosessor Maurer-Berlin, der seit dem Sturze des

Kabinets Kopf (seit zwei Jahren) die Geschicke des
Deutschen Künstlervereins leitet, hat eine glückliche Idee
gehabt. Er hat nämlich — was unsres Wissens früher
niemals der Fall war — in den Parterrelokalitäten des
Vereinsgebäudcs (kaiarro Lerlupi, Via ckel Leminario 113)
eine permanente Kunstausstellung ins Werk gesetzt,
die ausschließlich für deutsche und dcutschredcnde Künstler
bestimmt ist und die gleichzeitig als dauerndes Emporium
der in Rom wirkenden deutschen Kunst zu betrachten ist.
Die Idee Maurers ist um so freudiger zu begrüßen, als
dadurch der Tourist, dessen Zeit schon durch die Besich-
tigung der Altertümer, Museen und Koryphäen-Ateliers
übermäßig in Anspruch genommen ist und der die große
Mehrheit des Fremdenpublikums bildet, auf diese Weise
in aller Bequemlichkeit auch das Schaffen der jüngeren
Künstler kennen lernt — die Wirksamkeit von Leuten,
die vielleicht kein Bädecker nennt, die aber dennoch manchem
der crbangesessenen Kunstgreise den deati possickentes
weit über sind, auch ohne die milde Sonne kommerzien-
rätlicher oder allerhöchster Mäzenatengunst.

Daß unsre jüngste Generation in der That Etwas
leistet, davon ist uns die Ausstellung im Palazzo Serlupi
ein neuer Beweis, den selbst manche Geschmacklosigkeiten
nicht zn beeinträchtigen vermögen. Unter den etwa
hundert Gemälden und Skulpturen finden sich wahre
Perlen, namentlich in der Skulptur, wo z. B. der Ber-
liner Tuaillon, auf den wir zurückkommcn werden,
ein ganz ungewöhnliches Talent entwickelt. Ebenso in der
Malerei. Ter verehrte Kunstkritiker der Tante »Opinione
hätte also keinen Grund gehabt, wie eine keifende Tau-
tippe alles herunterzureißen, was deutsche Künstler leisten;
denn einmal paßt das schlecht zu dem sonst so anständigen
Ton des genannten Blattes, anderseits hätte der Wackere
doch der üblichen Schundgalerie in der »Lsposirione
ckei culwri« gedenken sollen, allwo noch kein einziges
deutsches Werk figuriert hat!

Beginnen wir mit der Malerei, wo uns sofort
eine Anzahl guter Porträts von E. Fuchs, Ludwig
Krüger u. a. in die Augen fällt. Auch Joseph Kopf
ist von jener sonderbaren Epidemie ergriffen worden,
der Stanffer-Bern und (Pardon!) Max Klinger zum
Opfer gefallen sind. Wie jene, so wird auch er seiner
ursprünglichen Mission untreu, um sich auf einem Gebiete
Lorbeeren zu pflücken, dem er bisher ferne stand. Aber
Kopfs Versuch in der Malerei, dieses duftige Aquarell
(Mädchengesicht), hat nichts Manieriertes, noch Patho-
logisches an sich und läßt nicht darauf schließen, daß der
Schöpfer derselben ein Bildhauer gewesen. In der Land-
schaft seien Fritz Brandt-Berlin (Bilder aus Jschia),
Brioschi-Wien (eine sonnige Tiroler Berglandschaft),
Röder (Villa Borghese), Ziehlke und Genick genannt;

Barth (Rom).

im Genre der Schweizer Rauch mit seinen frischen Cam-
pagnaszenen, auf den etwas vom Geiste des in Olevano
begrabenen alten Otto Brandt übergegangen scheint,
Carlotta Pogert (Chorknabe), Guillery (Tischszene)
und Benedikt Knüpfer mit einigen Ölstudien und zwei
seiner entzückenden Nixenszenen. Auf dem einen Bilde
sehen wir eine Marine mit einer am Strande sitzenden,
vor sich hinträumenden Nixe, auf dem andern eine vom
Wellenspiel dahingeschaukelte, auf dem Rücken liegende
Nymphe, die mit einer Möve spielt. Das schöne nackte
Weib mit dem aufgelösten rotblonden Haare ist in Zeich-
nung und Kolorit ein Meisterwerk und zählt zu Knüpfers
besten Leistungen. Hermine v. Preuschen und Maria
Bödtker stellen beide Blumenstücke von gewohnter Farben-
pracht aus und der Schweizer Hirzel einige sehr hübsche
Radierungen (Villa Falconicre u. a.s.

Am meisten Interesse erwecken jedoch die großartig
phantastischen Kompositionen Max Kl in gers: der am
Klavier sitzende Musiker, der durch seine zauberhaften
Weisen die Meergeister und Nixen aus der Tiefe lockt;
das erhabene Mysterium der Opfcrszene mit dem in
Wolken thronenden Zeus, während im Vordergründe zur
Erde gerissen der Opferstier des Todesstreiches harrt,
und der über eine fürchterliche Sphynx sich neigende
Kronos, von rätselhaften Gestalten umwirbelt — als
Illustration zu Hölderlins Schicksalslied; Johannes der
Täufer mit der üppigen Verführerin, die dem jungen
Aszeten ein strahlendes Diadem darreicht, dann die in
der Meerestiefe auf Delphinen dahinfliegendcn, sich
leidenschaftlich umschlingenden Meeresgottheiten; ein ver-
brecherisches Liebespaar, wie Paul und Franziska von
Rimini:

>()ue' duo, ciie insieme vanno

»L paion si sl vento e8?ere legier!

(Inkevno, V. 74 — 75.)

Es ist eine ganz neue, übermenschliche Welt, ist das ewig
geheimnisvolle Reich des Bildes von Saks, dessen Schleier
der junge Seher einen Augenblick vor uns lüftet. Mir
ist es, als ob Klinger selbst nicht immer das Geheimnis
der Werke dnrchdränge, die seine Hand wie unter Willen
und Führung einer unsichtbaren Macht vollbringt — eine
Art von Medium, das mehr vom Propheten und vom
Somnambulen an sich hat, als vom Künstler. Was
Klinger schafft, ist nicht mehr das bloße Kunstwerk, das
dem bewußten Willen des Künstlers entstammt. Hier
hat nicht der Kritiker, sondern der Psychologe, der Seelen-
arzt, der Theosoph das Wort. Und doch giebt es gott-
begnadete Sterbliche, die jene Rätsel voll und ganz zu
lösen wissen, an denen tagtäglich sich die kunstsinnige
Menschheit und diejenige, die als solche gelten will, die
Köpfe zermartert; so versichert wenigstens die schön-
geistige Geheime Kommissions-, Kommerzien- oder sonstige
 
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