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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Personal- und Ateliernachrichten - Vom Kunstmarkt
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Personal- und Ateliernachrichten

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die Entwürfe für die deutsche Dorfaulage daselbst, sowie diejenige
für die deutsche Abteilung auf der Weltausstellung herzustellen,
und wird sich demnächst nach Chicago begeben. UWi)

tb. Rom. Aus der italienischen Kunstwelt wird uns ge-
schrieben: Im Alter von nur 53 Jahren ist in seiner Villa zu
Precolto der auch weit über die Grenzen seines Vaterlandes
hinaus bekannte Bildhauer und Rat der Brera-Akademie Fran-
cesco Barzag hi einem kurzen schweren Leiden erlegen. Als
Sohn armer Eltern hatte Barzaghi eine überaus harte Jugend
durchzumachen, bis er sich vom Ateliergehilfen zunr selbständigen
Bildhauer durchrang. Schon im Jahre 1856 und 1857 erhielt
der strebsame junge Künstler beträchtliche Prämien. Unter
Strazzas Leitung schuf er dann im Jahre 1859 seine „Giuditta" und
seinen in der Brera-Galerie zu Mailand aufgestellten »Loco domo«.
Mit der „Mosca Cicca" errang der nun zum „gemachten Manne"
gewordene Künstler im Jahre 1869 den großen Prinz Umberto-
Preis, und ihm folgten bei den Kunstausstellungen in Oporto
und Amsterdam goldene Medaillen, bei der National-Ausstellung
von Turin, wo Barzaghi die „Jnnocenza" ausgestellt, der große
Preis des Unterrichtsministeriums. Barzaghi war Ehrenmitglied
der hervorragendsten Kunstakademien Italiens, wie des Auslands;
seine besten Arbeiten waren, außer den obengenannten sein
„Erster Freund" (in der Brera-Galerie), die nackte Frine, der
aus dem Nil gezogene Mosesknabe, Sylvia sich in der Quelle
spiegelnd, ferner die Denkmäler des Dichters Francesco Dall'
Ongaro in Neapel, des Patrioten Tommaseo in Venedig, des
Dichters Carnevali in Bergamo, Victor Emanuels in Genua,
die Verdi-Statue im Atrium des Scala-Theaters und das aus
politischen Gründen nicht zur Aufstellung gelangte Denkmal
Napoleons UI. Besitzer einer 1863 von ihm begründeten großen
Gießerei in Mailand, hat Barzaghi sein Leben als reicher und
hochangesehener Mann beschlossen — ein Los, das gerade in
dem mit Künstlertalenten so reich gesegneten Italien nur wenigen
beschieden ist. — Eine Anzahl neuer Denkmäler wird demnächst
wieder in Italien enthüllt werden: Ein Victor Emanuel-Denkmal
in Spoleto, und in Rom Denkmäler für Quintino Sella, den
großen Finanzrctter seines Vaterlandes, und für den Staats-
mann Terenzio Mamiani. Das von Ettore Ferrari ge-
schaffene Sella-Denkmal erhält seinen Platz vor dem Finanz-
Ministerium in Via venti Settembre, wo es am 20. September
enthüllt wird. Das Denkmal Mamianis dagegen ist eine Arbeit
Beninis und ist für die Piazza Cesarini bestimmt. — Inzwischen
dringt auch wieder Kunde über die famose National-Galerie
in die Öffentlichkeit, von der man noch immer nicht weiß, wo
und wann, resp. ob sie überhaupt ins Leben gerufen werden
wird. Eine ganze Anzahl in Kisten verpakter und der Feuchtig-
keit der Gewölbe im Unterrichtsministerium ausgesetzter Gemälde
harrt bereits einer besseren Bestimmung — da kommt plötzlich
die Stadt Rom mit einem Beschlüsse, welcher die Hcrgabe
des" Ausstellungs-Palastes in der Via Nazionale an den Staat
zur Errichtung einer modernen Staatsgalerie rundweg verweigert.
Trotzdem hat die Regierung uni den mäßigen Preis von
11,900 Lire soeben aus dem Nachlaß Meister Barabinos zwei
Skizzen desselben zu seinen im Munizipal-Palast von Genua
ansgeführten Fresken „La Munificenza" und „Genua empfängt
die Huldigung seiner Kolonien", sowie die erste Skizze des Ge-
mäldes „Carl Emanel I." angekauft. — Wie wir im letzten
Augenblicke erfahren, hat die Regierung für die „Nationalgalerie
.... der Zukunft" mit seltener Liberalität eine Reihe weiterer
Gemälde angekauft. Darunter befinden sich Scipione Vannu-
tellis herrliches Bild „Julias Begräbnis in Verona", wofür
der Preis von 22,000 Frcs. bezahlt worden ist; dann des un-
längst verstorbenen Luigi Serra „Madonna mit S. Francesko
und S. Buonaventura", ferner — außer den bereits an andrer
Stelle genannten Studien und Skizzen Barabinos — ein
nicht näher bezeichnetes Werk des sizilianischen Malers Loi acono.
Die Frage ist nun: Wo gedenkt eigentlich die Regierung all diese
Bilder unterzubringen, da bekanntlich die Grundbedingung jeder
Kunstgalerie (und es braucht nicht einmal eine Nationalgalerie
zu sein), nämlich ein dazu bestimmtes Gebäude, fehlt? Schon
jetzt sollen verschiedene der für die künftige Nationalgalerie seiner-
zeit angekauften und in verschiedenen Magazinen, Gewölben
u. s. w. provisorisch untergebrachten Kunstwerke erheblich gelitten
haben. Michettis „Gelübde" soll z. B. dermaßen unkenntlich
geworden sein, daß, wer es 1883 gesehen, es heute nicht mehr
wieder erkennt. Es wäre also sehr zu wünschen, daß der Staat
daß Roß nicht von hinten aufzäumt und erst die nötigen Räum-
lichkeiten beschafft, ehe er sein Geld für Werke ausgiebt, die dann
in irgend einem Kellerloche zu Grunde gehen.

v.V. Wien. Wieder einer und was für einer! Man
kommt sich wie ein Gcheimschreiber des Lodes vor, verzeichnet
man die Namen aller, welche die Wiener Kunst seit einem Jahr-
zehnt verloren: Makart, Canon, Pcttenkofen, Amerling, Ferstel,
Schmidt, Hansen, Hansch, Holzer, Lausberger, Müller, Emil
Jakob Schindler, der Lctztheimgegangene, der uns am
9. August, wenige Tage nach Leopold Müller, entrissen wurde.
Kaum ein Fünfziger, starb er auf Sylt, der Heilinsel, an Herz-
lähmung, wie Molls Drahtnachricht lautete. Sie wirkte betäubend.
Intimen Freunden Schindlers freilich kam sie nicht so unerwartet.
Sie wußten, daß des Künstlers Nerven schon seit einiger Zeit
von der letzten Kraft zehrten, daß er es mit Heilpfarrer Kneipp
versucht und auch wirklich, scheinbar wenigstens, neue Kraft ge-
wonnen hatte, die wachsbleichen Züge freilich deuteten auf innere
Erschöpfung. Und so kams dann urplötzlich, daß das Herz stille
stand. Wenn je einer, so starb der Landschafter Emil Schindler
an seiner Kunst, vielmehr an den inneren Entwickelungskämpfen
sich zu dieser Kunst durchzuläutern. Schindler war Wiener, lyrisch-
musikalisch veranlagt, ein malender Poet. Seine besten Bilder
sind ein Farbenklingen in Moll, ein Silbertönen zumeist. Intime
Schindlerkenner wissen diese gemalte Musik zu schützen. Zuerst
war Schindler, der die Radiernadel geführt hatte, Kolorist, ein
recht übermütiger, man betrachte nur seine sonnensprühenden
heißen Lacrvma-Bilder bei Leitenberger; wie stark und unmittel-
bar sein Farbensinn, trat sogar hervor, wenn er einfach den
Kohlenstist zur Hand nahm; wer hätte dies nicht bei seinen reiz-
vollen Illustrations-Kartons zu Zedlitz' „Waldsräulein" em-
pfunden? Wie man mit Kohle „malen" kann, zeigte er da.
Dann ward er „Naturalist", ein Farbendichter der Natur. Die
prächtige Kühnheit hatte er aus der Albert Zimmermannschen
Schule herübergenommen und bei den Meistern von Barbizon
auf die höchste Note gestimmt. Der Stilmeister der Landschaft,
der einen so großen Blick in die Natur besaß, der mächtigste
unter den vier Münchener Brüdern Zimmermann, welche sich der
Landschaft ergaben, hat anfangs der sechziger Jahre den ersten
Einfluß auf Schindlers Entwickelung gehabt. Er gründete die
berühmte Wiener Landschaftsschule, in welcher mit Schindler,
Zettel, Robert Ruß, Ditscheiner, Mäszöly, Hlavakek u. s. w. sich
vor allem Begeisterung holten. Das Tüchtige, was sie lernten,
blieb in der Folge in ihrer Kunst disziplinierend haften, wenn
sie auch zumeist — Hlavacek am entschiedensten ausgenommen —
später zu den Franzosen übergingen. Schindler speziell schloß
sich der Rousseauschen Kunst an. Seine hohe Schule des Schaums
war und blieb der Wiener Prater, ohne welchen eine eigentliche
Wiener Landschaftsmalerei gar nicht denkbar ist. Dort fand
Schindler seinen „Silberton", durchforschte sein Malerauge das
metallische Geflimmer der Silberpappel — jenes verachteten
Baumes, der für Schindler eines Tages ein Lorberreis treiben
sollte — die Dämmer- nnd Übergangstöne, deren wunderbare
Tonleiter den uralten Jnselwald durchzieht. Aufhorchend und
aufschauend durchwanderte er die Praternächte im herbstlichen
Nebeldämmer wie im Silberklar der Mondnächte. Das Spiel
des Wassers auf den Schilftümpeln, das im Röhricht gebrochene
Mondlicht, die feuchten Lufttöne der Auen, dies alles lockte ihn
zu immer mehr sich vertiefender Beobachtung. Dann zog es ihn
in die Ferne, nach Dalmatien, dem Quarnero, Venedig, Holland;
aber die Heimat erschloß sich ihm doch immer wieder am Liebe-
vollsten. Freilich diese Heimat malte er wie einer, der draußen
etwas gesehen hat. Seine Kunst wußte die einfachsten Motive
zu beseelen; einer Uferpartie an der Fischa vermochte er einen
ganz eigenen Reiz zu geben; er liebte, kannte und malte gerne
das Wasser, Mühlenbilder, tropfend und schäumend, gelangen ihm
gar wohl. Selten wird cs einen Landschafter geben, welcher wie
Schindler sich von Jahr zu Jahr in Auffassung und Farben-
gebung so bewußt künstlerisch aufwärts bewegte. Im Tou malte
er sich im Laufe der Zeit zu einer erquickenden Feinheit durch,
unsre Graumalcr mögen ihn nur studieren. Wenn ihn, als
Poeten der Palette, eine große Stimmung überkam, gelang ihm
Ergreifendes. So gab er uns das Friedhofbild „Pax" (dalma-
tinisches Klostermotiv), eine Elegie von wahrer Memento-
Stimmung, Böcklinisch in den Seelen - Accorden — die er
freilich seither ganz „umgemalt" hat. Schindler ermalte sich
hintereinander die goldene Karl Ludwigs-Medaille, den Reichel-
Preis, die goldene Staatsmedaille und in München diesmal die
große goldene Medaille. Unsre^Zesitzer von Schindler-Bildern sind
Baron Leitenberger, Altgraf Salm, Eugen v. Miller, Markgraf
Pallavicini, welcher die große Pappcllandstraße erworben hat. Des
Heimgegangenen Schüler — der einzige — war Karl Moll, dessen
schönes großes Bild der Schönbrunner Ruine in der letzten
 
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