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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Mielke, Robert: Die Ausstellung für Wohnungs-Einrichtungen in Berlin, [1]
DOI Artikel:
Stockbauer, Joseph: Die moderne Tapete
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0087

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Die bullst im Hause

Wohnzimmer, von L> Praechtel in Berlin

glückliche Verbindung, die in das stimmungs-
volle Einheitliche der Anlage einen frischen
malerischen Wechsel bringt. Von den beiden
andern Zimmern, deren elfenbeinfarbig
lackierte, reich vergoldete Möbel ..sich im
englischen Geschmack bewegen, ist die Überein-
stimmung der struktiven Leistung mit der
gewählten Kunstform mit großem Geschick
und künstlerischer Verve gelungen. Beson-
dere Anziehung, namentlich auf Damen,
übt das Schlafkabinett mit der wundervollen
Harmonie der rosa und weißen Töne, die
Stoffe, Wand, Decke, Teppiche und Möbel
zu dem reizvollsten Interieur der Ausstellung
machen.

(Der Schluß im nächsten Heft)

Vir moderne Lsperc

nter Tapete im weitesten Sinne versteht
man jeden Wandbehang, jede stoffliche
Wandbekleidung; im engeren Sinn bezeichnet
das Wort die Papiertapete. Die alte Zeit
kannte die Ledertapete und die Webstoff-
tapete, sei es, daß letztere als kunstvoll ge-
wirkter oder gewebter Teppich oder als be-
malte und schablonierte Leinwand sich dar-
stellle. Dann kam die Papiertapete und
im Zusammenhang damit die Lincrusia-!
Walton- und die Gobelinstoff-Tapete; dies
beiden letzteren finden erst in der Neuzeit
erweiterte Verwendung.

Der Vorgänger unsrer Papiertapete ist
das Buntpapier. Die Herstellung und der
Druck der ältesten Papiertapeten erfolgten
auf gleiche Weise wie die des Buntpapieres.
Da nun das Buntpapier früher mit Vor-
liebe dazu benützt ward, Kästchen, Schub-
laden, kleine Truhen und Behälter innen
auszukleben, so machte sich auch in den alten
tapezierten Zimmern — und teilweise noch
bis in unsre Zeit — die Übung geltend,
das Zimmer wie eine Art Kiste auszukleiden
und auszukleben. Diese unkünstlerische Art
ivurde dann zu verdrängen gesucht durch
abgepaßte Bordüren, Eckslücke, imitierte Ge-
sims- und Sockelbilvungen u. dergl., ohne
daß jedoch dieses Streben von durchschlagendem
Erfolg begleitet war.

Wie in Bezug auf die Anordnung der!
Tapeten ging es auch mit deren Musterung.
Man verlegte sich aus „strenge" Muster,
die mit Vorliebe alten Samtstoffen mit
dem bekannten Granatapfelmuster entlehnt
wurden. Trotz aller theoretischen Anprei-
sungen wandte sich aber das größere Publi-
kum davon ab und verlangte mehr heitere,
gefälligere, farbige Muster, vor allem Blumen.

Diesem Zug des Publikums kam mau
fast überall von seite der Fabrikanten
entgegen und mit der Ausbildung einerseits
des Tapetendrucks durch maschinelle Ein-
richtungen und anderseits mit dem gründ-
licherem Studium der alten Stoffe überhaupt,
bekamen unsre Tapeten ein äußerst gefälliges
Aussehen, dem nur der Mißstand des baldigen
Verblcichens der Farben gegenüberstand.

Daß man mit den Papiertapeten im
allgemeinen immer unbefriedigt blieb, das
ist eine bekannte Thalsache. Wenn man
die stofflichen Vorbilder noch so gut kopierte,
und imitierte, wenn man wie Balin in
Paris die Papiere sogar mit feinem, billigem
Seidenstoff überzog und dann preßte, oder
ganze Gobelins imitierte: — dem Zimmer
blieb immer ein pappschachtelartiger Charakter.
Man sann nun auf andres. In Berlin
wurden Hanfgemebe von eigenartiger Be-
schaffenheit bedruckt — die Gobelinstoff-
tapeten — und daitn kam die Lincrusta-
Walton auf, ein im ganzen ganz prächtiges
Surrogat, aber nicht für Papier-, sondern
für Ledertapeten.

Soll die Papier-
tapele gut und richtig
wirken, so müßte nach
meinem Dafürhalten
ein andrer Weg ein-
geschlagen werden.
Sosehr sie Imitation
von Geweben ist, sie
hat doch noch etwas
Eigenes, von den
Geweben formell Ver-
schiedenes. Das Ge-
webe, der Teppich,
der Gobelin, der Be-
hang hat einen selbst-
ständigen Charakter,
eine gewisse Indi-
vidualität, die Pa-
piertapete ist von
Grund aus unselbst-

ständig, abhängig. Sie dürfte daher nur
als Füllung wirken und in solcher Ver-
wendung ihren eigensten Zweck erfüllen.

Ich denke mir die Sache so. Das
Zimmer wird, eine Höhe von drei Metern
angenommen, ungefähr ein Meter hoch bis
zur Fensterhöhe mit Holz vertäfelt. An
den Ecken, zu beiden Seiten der Thüren
und Fenstern und wenn es notwendig er-
scheint, auch in der Mitte, wird die Wand
durch Holzlesenen gegliedert, und darüber,
etwa 60 Zentimeter unter der Decke, wird
ein mehr vder weniger vortretendes Gesims
angebracht, welches auch zur Aufstellung
von Knust- und Nippsachen verwendet werden
kann. Die zwischen den Lesenen, dem Sockel
und dein Gesims entstandenen Flächen können
nun mit Papiertapeten ausgekleidet und mit
kleinen schmalen Leisten umschlossen werden.

Der Vorteil, den diese Anordnung bringt,
ist ein vielfacher. Erstens wirken die Tapeten
in solcher Umrahmung außerordentlich wohl-
thuend und erfüllen ihren eigentlichen Zweck
als Füllmaterial. Diese Füllungen und
Felder lassen sich ohne besondere Mühe
und Kosten reparieren, ändern und neu
machen. Endlich weisen diese Füllungen
von selbst den Bildern im Zimmer ihren
richtigen Plan an, so daß der Bewohner
von denselben und an denselben einen wirk-
lichen Genuß hat. Jedenfalls dürste dieser
Vorschlag des Versuches wert sein. Das
Wenige, was ich in dieser Art gesehen, ist
auch weitaus das Veste gewesen, was in
der Anordnung an Tapeten geleistet wurde.
Die Zimmer sahen außerordentlich wohnlich
und gemütlich aus und unterschieden sich
so vorteilhaft von den ganz mit Papier
ausgekleideten, daß es eigentlich zum Ver-
wundern ist, daß die einzelnen derartigen
Versuche bis jetzt noch so wenig Nachahmung
gefunden haben.

Tisch, von I. Groschkus in Berlin
 
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