Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

DOI article:
Schultze-Naumburg, Paul: Die Bedeutung der illustrierten Zeitschriften für die Kunst
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0135

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Wir könnten in dem Punkte von Amerika lernen. Schwerlich trifft man bei uns ein so gediegen
künstlerisches Familienblatt, wie „Harpers Magazine". Es weht daraus ein so eigener, aber so feinsinniger
Geist, wie es sich kein deutsches Familienblatt rühmen dürfte, obwohl es sich schon seit Jahren kaum wesentlich
verändert hat. Allerdings haben die Herausgeber die Klugheit gehabt, durch fabelhafte Honorare die ersten
amerikanischen und englischen Künstler in ihren Sold zu stellen; aber dafür enthält so ein Band „Harpers
Magazine" auch wahre
Schätze — man denke nur
an Abbeys Shakespeare-
Illustrationen — und nur
wenige Zeichnungen darin,
von denen man behaupten
könnte, daß sie unkünst-
lerisch seien.

Überhaupt, die Zeit
ist wohl nicht mehr allzu-
fern, wo auch in der
Kunst Amerika das gilt,
was es jetzt schon in der
Industrie bedeutet; geben
doch jetzt schon ans unfern
Ausstellungen die Ameri-
kaner den Ton an.

Aus dem oben Ge-
sagten ist nun nicht zu
entnehmen, als wäre den
Verlegern allein die Schuld
zu geben. Es giebt wohl
genug kunstsinnige Leute
unter ihnen, die gern eine
ganz andere Taktik ein-
schlügen; aber da man nur
selten zum Vergnügen Zeit-
schriften herausgiebt, son-
dern die meisten Verfasser
auch davon leben wollen,
so werden sie durch Miß-
erfolge gezwungen, von
dem eingeschlagenen guten
Wege zu lassen und dem
Geschmack des großen
Haufens nachzugehen, was
ja nebenbei den Vorteil
hat, wohlfeiler zu sein.

Die Leser also sind selbst
schuld; wäre nur künst-
lerischer Geschmack und
Interesse da, so wären ge-
wiß auch nur künstlerische
Zeitschriften — man sieht,
das Verhältnis ist ein
reziprokes: denn wie diese
bestimmt sind, den Kunst-
sinn zu heben, so liegt es in der Macht jener, sich durch die Unterstützung derselben die Mittel dazu zu
schaffen. Ob sie sich gegenseitig fördern? Die Zukunft wird es lehren.

Illustration ;u Wilhelm Wüller „Die Post", von G. Fuellhaas

Aus „Blüten und perlen deutscher Dichtung" (siehe S. (05)
 
Annotationen