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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Schulze, Otto: Modernes Tafelsilber
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0245

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Die Amist im Hanse.

i9i

Blumenschale bis zum Schiff und den bizarr-
grotesken figürlichen Schaustücken, den Vasen
und Girandolen. Dann die Eßbestecke bis
zum feingeschwungenen Bowlelöffel.

Die übermäßigen Verirrungen und Ma-
terialvergeudungen haben aufgehört; eine
feine Vornehmheit und Ruhe hat Platzge-
griffen, und Deutschland versieht weit über
seine Grenzen hinaus Börsenbarone, Eisen-
bahnkönige und die Großen der Erde mit
dem Schönsten und Kostbarsten, was über-
haupt darin geleistet werden kann. Dabei
mit zartester Feinfühligkeit für das Metall
und seine Technik, seinen Glanz, seine Vor-
züge und Schwächen, für Zweck und Form
eintretend. Mit Edelmetall darf der Kultur-
mensch nicht prahlen, sonst hätte der Gold-
klumpen auf der Talel den höchsten Wert,
seinen mannigfachen Eigenschaften Rechnung
tragend, läßt er es teilhaben an den Aus-
gaben der bildenden Kunst.

Deutschland ist reich an Meistern der
Silberschmiede- und Treibarbeit, reich an

genialen Entiverfern dafür-weniger

reich an Abnehmern der herrlichen Erzeug-
nisse; aber achtunggebietend erringen wir
durch diese manch glänzenden Sieg im Welt-
handel.

Das in seinen Linien und Ornamenten
so graziöse und flüssige Rokoko und teils
auch das schwerere, aber immer noch genug
bewegte Barock, sind heute die bevorzugten
Stillichtungen im Tafelsilber, während
sonstige, unter dem Namen Tafelaufsatz
lausende Ehrengeschenke aller erdenklichen
Formauswüchse sich im Renaissancestil be-
wegen. Es ist ja auch etwas frohes, lustiges
in den Tafelfreudeu und das Silber ist so
dankbar, besonders sür diese beiden Stil-
richtungen, so modellierfähig und bildsam,
ganz gleich, welcher Technik es unterworfen
wird.

Ohne irgend eine andere Firma zurück-
sctzen zu wollen, bringe ich hier der Ab-
rundung wegen zur Erbauung der Leser
eine Anzahl beachtenswerter Arbeiten aus
der, sich in allen Zeitstürmen, auch während
der Anslandschwärmerei, siegreich behaupteten
Künstlerwerkstatt, Lazarus Posen Wwe. in
Frankfurt am Main. Aus bescheidenem,
schwer umtobten Anfang heraus, hat sich die
Werkstatt zu seltener Freiheit in Formen-
reichtum und durchgebildetster Technik empor-
geschwungen, geleitet von ernstem künst-
lerischen Wollen und opfernder Thatkrast.

Die hier abgebildeten Stücke sind „von
anmutender Schönheit, maßvoll, ohne Über-
ladung, ohne zweckwidrigen Ballast, ohne
beleidigende persönliche Schrullen. Sich an

silberne Vbstschsle.

von Laz. Posen N?we. in Frankfurt a. M.


beste, nie unterzukriegende,
einzig dastehende Vorbilder
eines Meissonnier und Ger-
main unter Wahrung eigen-
ster gesunder Phantasie an-
lehuend — in Deutschland
ist der Silberschmiede Herr-
lichkeit im 18. Jahrhundert
gleich Null, weil die „Mün-
zen" das Silber verarbeiten
in den mißlichen Kriegsver-
hältnissen — zeigen sie uns,
was man von einem fein-
sinnig durchdachten Tafel-
gerät verlangen kann. Auch
den höchsten Anforderungen
und Aufgaben gerecht wer-
dend, halten sie den besten
Pariser Arbeiten das Gegen-
gewicht. Schon die Kost-
barkeit der Stücke verrät,
daß die Firma Laz. Posen
Wwe. sich weitere Gebiete
als das des Vaterlandes
hat erobern müssen, um sich
bemerkbar über das Niveau
des Alltäglichen zu erheben:
Amerika, England, Ruß-
land und Frankreich sind
treue Kunden der Firma.

Viel eingreifender für
den gut bürgerlichen Be-
darf sind die Fabrikate des

Massenvertriebes von
Chnstofle L Cie., Paris
und Karlsruhe. Aber solche
Firmen können friedlich
neben einander hergehen,
das aus dem Geist und
der Hände Arbeit einzeln
geborene Stück spricht zu
uns als Glied der freien
Kette „bildende Kunst".

Meine.Mitteilungen.

— Magdeburg. In der
Mo gdeburgec Museum-a il gelegen-
heil scheint man die Erfahrungen
und guten Beispiele, die andere
Museen wie das Kunstgewerbe-
Museum in Köln und das Ge-
werbe-Museum in Tüsseldors ge-
zeitigt haben, nicht beachten zu
wellen, d. h. erst zu sammeln
und dann zu bauen. Den Magde-
burger Architekten fehlt es an
größeren Aufgaben, und so er-
streben diese mit allen Mitteln t)on

die schleunige Inangriffnahme des
Museumsbaucs. Die Schätze an
Gemälden und kunstgewerblichen
Gegenständen, dieMagdeburg bisher zusammengebracht
hat, rechtfertigen keineswegs die ungeheure Ausgabe
für einen Neubau. Sammeln, sammeln und wieder
sammeln, denn die alten Objekte werden immer rarer
und teurer. Natürlich werten dem späteren Museum
einige Privatsaminlungen nach dem Ableben ihrer
Besitzer zufallen, die nicht von schlechten Eltern sind
— aber in ein Museum kann man auch viel hinein-
stecken. Was sind da 8—loooo Nummern? und
manches aus den jetzigrn Beständen ist doch auch
von ziemlich zweifelhaftem Wert. si6oüs

— Trier. ^Lie wir von glaubwürdiger Seite
erfahren, scheint Trier nunmehr ernstlich gewillt zu
sein, auch etwas für seine immerhin strebsamen
Handwerker und Kunsthandwerker thun zu wollen.
Man plant sür das kommende Jahr die vorläufige
Einrichtung einer kunstgewerblichen Bibliothek mit
Borbildersammlung — und ivenn die Mittel dazu
aufgebracht werben, auch dis Erteilung von geichen-
und Modellierunterricht an mehreren Abenden der
Woche. Dem Laien- und Handwerkcrkreise dürften
hiedurch wesentliche Vorteile erwachsen, und die
arierer Kirchen sind auch keine zu verachtenden Auf-
traggeber. — Trier tritt damit in die Reihe der-
jenigen Provinzialstädte wie: Düsseldorf, Flensburg,

Girsnövlr.

Danzig, Köln, Nürnberg, Magdeburg, Kaiserslautern,
Reichenberg i. B., Straßburg u. a., die ähnliche
Institute lange besitzen. fl 65,8s

Tilterstur.

— Die bekannte „Antichrist sür Innendekoration"
lDarmstadt, Verlag von Alexander Koch, halbjährlich
6 Hefte, Pr. 8 M.) trat mit dem 1. Januar IS93 in
ihren vierten Jahrgang ein. Das sehr reichhaltige
erste Hest enthält eine Fülle von Originalillustrationen
nach M. Wiegand, Ncumeister. M. Zinn, E. Jäcke,
H. Freyberger u. a. m. Ähnlich reichhaltig ist der
Text der Beiträge von Jäck <Der Teppich und seine
Wahl für die verschiedenen Zimmer), H. Schliepmaun
(Luxus und — Luxus), R. Melke <Eine Wohnung
im 20. Jahrhundeit) u. a. in. aufweist.
 
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