Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

DOI Artikel:
"Märchen und Sage": ein Fest der Münchener Akademiker
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0253

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Märchen und Sage. ;y7

Durch unheimliche — pittoreske Schluchten — aus den Stückpforten heraus. Das ist die Gruppe der
„Geben's Acht, daß Sie's G'wölb' net mitnehmen!" Gysis-Schule. So wären die hauptsächlichsten Gruppen
schreit uns der Behüter des Eingangs nach — gelangt genannt, wenn auch hiemit die ganze Dekoration noch lange
man nebenan direkt in die Unterwelt. Ihre Schrecken nicht beschrieben ist. Die Bauten und Felsgruppen sind ja
werden uns in leidlichzahmer Weise durch Nebelbilder alle miteinander wieder malerisch verbunden, riesenhafte
— daher der Name Nebelheim — vorge-
führt; — Otto Seitz-Schule.

Dornröschens Zauberschloß, aufgebaut
von der Malschule Paul Höckers. Wir
durchwandern einen malerischen hohen Thor-
bogen, steigen eine Treppe empor und finden
oben ein schlummerndes, etwas trottelhaftes
Königspaar und nebenan in einem Losament,
das frappant an eine Dienstbotenkammer
zweiter Güte erinnert, unter Spinnweb und
Moder das sehr gesund ausgewachsene Königs-
kind, das eben von einem Prima-Renaissance-
gigerl, dem Prinzen Wunderhold aus dem
Zauberschlaf geweckt wird. Nebenan —

Diez-Schule! — gelangen wir in eine
Höhle, wo von einem fürchterlichen Drachen
mit Glühlichtaugen bewacht, die verzauberte
Prinzessin und ihr Hort der Befreiung
harren. Auch die Tötung des Drachens ist
zu sehen, alle Viertelstunden einmal. Nur
30 Pfennige Entree — hereinspaziert meine
Herrschaften!

Einen Anblick, viel zu zauberisch und
poetisch für die Ausgelassenheit der Masken-
menge um uns her, gewährt das verzauberte
Schloß, das die Schüler des Bildhauers
Eberle aufgebaut haben. Eine winterliche
Vollmondnacht liegt über den romantischen
Rittersitz, blaue, unsichere Lichter spielen in
den Butzenscheiben der Fenster und auf den
Ruinen des verfallenen romanischen Schloß-
flügels, der sich an den gotischen Hauptbau
anlehnt. Im Burghof steht ein Sankt Georg,
der den Drachen tötet — in Wahrheit ein
Maler, der mit seinem Pinsel dem Urbild
eines schriftlichen Kritikers zu Leibe geht.

Der Drache hält Exemplare einiger als be-
sonders kunstfreundlich bekannter Blätter in
der Pfote. An das alte Schloß ist eine
köstliche alte Waldschenke angebant, das
„Wirtshaus im Spessart", Märchenlesern
wohlbekannt. Unheimlich verkommen sieht die
Spelunke aus, aber so wunderbar echt, daß
man gleich das Skizzenbuch, oder, was es ja
heute so oft ersetzt, den Momentapparat
herausziehen möchte, es festzuhalten. Die
Räuber, Mörder und Diebe, welche dies
Hotel bewohnen, gehören im gewöhnlichen
Leben der Raab-und derWagner schule an.

Auch Hauffs „Geisterschiff" fehlt nicht.

Am Maste steht der Kapitän, einen ge-
waltigen Nagel durch die' Stirn getreten,
blutüberronnen, blaß wie ein Leintuch.

Bösartiges Gespenstergesindel bevölkert das Fahrzeug Ungetüme, über deren zoologische Bedeutung auch Vater
und treibt seltsame Hantierung —- u. a. mit einem böS- Brehm schwerlich Auskunft zu geben wüßte, bevölkern
artigen Kritikus, dem sie in reichlichen Quantitäten die Risse und Schluchten der grotesken Gesteinsmassen.
Stroh aus dem zertrümmerten Schädel ziehen. Eine Und nun das Menschenvolk dazwischen! Ich glaube

grelle grüne Fahne leuchtet vom Mast; rotes Licht glüht beinahe, es wäre leichter, die Typen und Märchenfiguren


Eintrittskarte zur maskierten Hrrrenkneixe

der Studierenden der Akademie der bildenden Aünfie zu München am 8. Februar 1893.

von I. Damberger.
 
Annotationen