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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischtea - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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202

Personal- und Atcliernachrichten.

s. 8. Berlin. Tie gegenwärtig beste Dresdener Malerin,
Fräulein Dora Hitz, die sich schon auf der Künstlerinnen-Aus-
stellungim Kunstsalon von Amsler L Ruthardt mit einem Bilde
beteiligt hatte und bei dieser Gelegenheit hier kürzlich besprochen
wurde, stellt sich mit einer größeren Anzahl Bilder bei Schulte
dem Berliner Publikum vor. Ich kenne die Entwickelung von
Dora Hitz nicht, möchte aber aus ihren Bildern schließen, daß
auch sie unter pariserischem Einfluß künstlerisch groß geworden
ist und daß von Deutschen vielleicht Uhde und Liebennann auf
sie eingewirkt haben. Es ist ja schließlich gleichgültig, auf welchem
Boden ein Künstler aufwächst und bei wem er Anleihen macht,
wenn nur das Ererbte, Erlernte und Erschaute zu etwas Neuem
und Selbständigen verarbeitet wird. Einer Frau gelingt das
selten, wenn je einer, so ist es Dora Hitz geglückt. Dora Hitz
hat einen männlichen Charakter, ohne daß damit ein Tadel aus-
gesprochen werden soll, sie ist wohl manchmal etwas nüchtern,
das bewahrt sie aber auch immer vor dem häufigsten Fehler ihrer
Genossinnen, in ihren Bildern Novellenstoffe zu behandeln Ich
habe mir vor Dora Hitz' Bildern die Frage vorgelegt, ob sie
wohl erkennen lassen, daß sie von einer Frau gemalt sind. Bei
ihren weiblichen Porträts — es sind meist nur solche ausge-
stellt— kann man das Unterscheidende der weiblichen Malerei
vielleicht darin finden, daß die äußere Erscheinung stets herb und
unbarmherzig gegeben wird, während der männliche Porträtist
in der Dame schließlich immer das Weib sieht. Auch der mo-
dernste Realist ist der Dame gegenüber, die er zu malen hat,
nickst unerbittlich. Da Dora Hitz männliche Bildnisse nicht aus-
gestellt hat, so läßt sich die interessante Gegenprobe leider nicht
änstellen. In stets gleicher sorgfältiger Technik malt Dora Hitz
in Ocl und in Pastell. Was sie diesmal ausstellt, sind meist
Damen- und Kinderporträts, ausgesührte Bilder, wie das beste
der Dame in roter Blouse, von der vorigen Ausstellung her be-
kannt, und Helle Skizzen. Von größeren Kompositionen ist ein
einziges Gemälde die „Dämmerung", ein breites Bild mit einem
Schafe hütenden Mädchen in einer sanften Landschaft, dieses ein-
mal an ältere französische Vorbilder erinnernd. Dora Hitz erschien
bei Schulte in bester Gesellschaft. Da war zunächst ein neuer
schönster Uh de ausgestellt, der Gang nach Einmaus, in Pastell,
Christus mit den beiden Jüngern über eine grüne Wiese schreitend,
ein Bild von der merkwürdigen Tiefe, die Fr. v. Uhde seinen
Werken in letzter Zeit zu geben gewohnt ist. Der Münchener
Hans Olde erscheint unsres Wissens zum erstenmal in Berlin,
führt sich aber mit seiner „Wintersonne" vortrefflich ein. Es ist
eine große Schneelandschast mit einer Schafherde vor der Hürde,
einem flimmernden hohen Himmel und den blauen Reflexen des
kalten Winterlichtcs auf dem Schnee. Von dem einst so gefeierten
L. Löfftz, den man jetzt so selten auf den Ausstellungen trifft,
hängt ein gutes Pastell bei Schulte, ein junges Mädchen in Blau,
das am Feuster näht. Das große Bild von Hans Wehl „Ans
dem Reichstagbauplatz" ist wohl fleißig, aber recht kleinlich ge-
malt. Die zahlreichen mitausgestellten Studien zeigen, wie schwer-
er schafft. Edgar Meher geht in seinen landschaftlichen Aqua-
rellen doch oft über das Maß und die Aufgaben der Wasser-
farbenmalereien hinaus, wie bei dem großen dunklen See in
einem Felsenthal. Einzelnes ist unleugbar sehr tüchtig. Schließlich
lernen wir bei Schulte zwei sekr interessante Belgier kennen:
Pierre Lyens und David Oyens. Der erste malt Ateliers
und sonstige Interieurs, Genreszenen in Oel und besser in Pastell
(„Widow-Cap"), David unter andern ein sehr flott gemaltes
Vorzimmer eines Zahnarztes, kein neues Thema gerade, aber
modcrn aufgefaßt und ohne die witzelnden Chargen sciner
Vorgänger, und dann noch ein Mädchen, ein Kleid nähend.
Fritz Gurlitt hatte ein jedes Jahr eine Ausstellung von
Werken französischer Maler veranstaltet. Neben einigen alten
Bekannten der früheren Jahre auch manches hier neue und
interessante Stück. So ein echter und nicht anzuzweifelnder
Millet, I'Lglise cle Oreville, ein erfreuliches Bild, aber doch
schwerer und ohne den Tust, den seine berühmtesten Stücke so
geschätzt machen. Millet täls vermag in seine ewigen Heu-
schober auch nicht viel Abwechslung zu bringen. Dettis Taufe
Heinrichs IV. vom Jahre 1885 kann lehren, daß anch in ncuester
Zeit noch in Frankreich Historienbilder gemalt werden, die vor
denen von Carl Becker nichts voraus haben. Ein ungleich
besseres Historienbild ist die Schachpartie von Roh bet, mit
schwärzlichem Schatten. Das beste unter den ausgestellten Bildern
scheint mir L'Hermitles Markt in der Bretagne zu sein.
Der Militärmaler Dctaille ist durch mehrere flotte Aquarelle
vertreten. Sonstige Namen von bestem Klang, wie Trvyon,
Du pro, Daubignh, Bonnat waren in nicht gerade charakte-

ristischen und keineswegs hervorragenden Bildern da. Von Nicht-
Franzosen hatten bei Gurlitt zwei Böcklinschüler ausgestellt, der
Basler Sandreuter mit denselben Bildern wie am Anfang
des Winters bei der Eröffnungsausstellung des Salon Gurlitt,
über die bei dieser Gelegenheit hier die Rede war und der
Münchener Urban, der sich enger als Sandreuter an Böcklin
anschließt. Sein Seegespenst zeigt ein seltsames schillerndes
Schlangenungetüm, das im Mondlicht auf einem Felsen ruht.
Ta Vernier in Rom hat ein gutes Pastell in frischen Farben
ausgestellt, ein flacher Strand in Grün und Rot, dahinter das
Meer mit buntbesegelten Schiffen. Die nordischen Landschaften
von H. Fries-Schwenzen sind matt. In den großen derben
Pastellköpfen von Trolli (Neapel) ist im einzelnen manches
Gute, auch in der Farbe. 087?!

— München. Die für das neue Reichstagsgebäude nach
dem Entwürfe von R. Begas angefertigte Germania ist in der
Werkstätte des Münchener Hofkupferschmiedes Heinrich Seitz voll-
endet und wird demnächst zur Weltausstellung nach Chicago ge-
schickt werden. In Kupfer getrieben, sitzt die Germania in gotischer
Rüstung nach Männerart zu Pferde, in der linken Hand einen
Schild mit dem Reichsadler, in der rechten die Reichssahne haltend.
Ihr Pferd wird zur Rechten am Zügel von einem 4 Meter hohen
Krieger geführt, der aus der rechten Schulter Palme und Schwert
trägt: den linken Zügel hält eine gleich große Viktoria, die Sieg
und Frieden durch die Posaune verkündet. Die Höhe der Germania
bis zur Fahnenspitze beträgt 8,50 Meter. Zur Herstellung dcr
Gesamtgruppe wurden 120 Zentner Kupfer und 100 Zentner-
Eisen (im Innern der Gruppe) verwendet. Das Ganze wurde
mit künstlicher grüner Patina versehen, die nackten Teile dcr
Figuren in leichtem Ton, sodaß die Kupferfarbe warm durch-
schimmert, die Gewandung in dunklerem Grün. Die Kolossal-
gruppe wird in einer Höhe von 18 bis 20 Nietern aus das
Reichstagsgebäude aufgesetzt werde». Zur Verschickung nach
Chicago ist sie in 13 Stücke zerlegt worden. Der Transport
wird fünf Eisenbahnwagen in Anspruch nehmen. ii88vi

4VO. Berlin. Der Lehrer für Kostümkunde an dcr
akademischen Hochschule für die bildenden Künste, Geschichtsmaler
Professor August von Heyden ist durch Verleihung des Roten
Adler-Orden 3. Klasse mit der Schleife und der Königlichen Krone
ausgezeichnet worden. ft87,>l

— Bremen. Ein nachahmenswertes Beispiel von Kunst-
interesse, das an ähnliche Handlungen amerikanischer Bürgcr
erinnert, hat ein Kaufmann zu Bremen, Teichmann mit Namen,
gegeben, indem er 10 000 M. der Kunsthalle zu Bremen zum
Ankauf eines Bildes, 40 000 M. zur Errichtung eines Brunnens
auf dem Domhofe stiftete. Ossss

tt. Karlsruhe i. B. Der hiesige Bildhauer Professor-
Mo est ist mit der Ausführung einer Büste der verstorbenen
Kaiserin Augusta in Carraramarmor beschäftigt, welche die innere
Treppenhalle des der Vollendung entgcgenschrcitenden Kaiscrin-
Augusta-Bades in Baden-Baden zu schmücken bestimmt ist. l>8S7>
— Fr ei bürg. Für die Freiburger Münsterbaulottcrie
sollen Kunstwerke im Gesamtwerte von 25 000 M. und zwar für
20 000 M. Gemälde, für 5000 M. Skulpturen, angetanst werden.
Als Preis sür ein Gemälde sind 300 bis höchstens 1800 M. in
Aussicht genommen. Die Künstler werden gebeten vom 25. März
bis zum 15. April ihre Werke nnzubieten. I>8!wi

— Berlin. Der bekannte Privatdozent an der technischen
Hochschule, tu. Cornelius Gurlitt in Berlin, ist zum Pro-
fessor für praktische Aesthetik an der Hochschule zu Dresden ernannt
worden und tritt sein Lehramt bereits am 1. April an. li«sss
— Berlin. Die Professoren A. von Heyden und
I. Skarbina, welche um ihre Entlassung aus' dem Lehrer-
verbande der K. akademischen Hochschule sür die bildenden
Künste in Berlin nachgekommen sind, scheiden bereits mit
Schluß des Wintersemesters aus. iwiil

— Goslar. Die Wandmalereien im Kaisersaale zu
Goslar sind während des letzten Winters eingestellt worden.
Professor H. Wislicenus ist in Düsseldorf mit den Vor-
arbeiten für die beiden letzten Wandbilder beschäftigt, welche
„Die Zerstörung der Jrminsäule" uud „Karl V. und Luther auf
dem Reichstage zu Worms" darstclleu werden. ll«02I

— München. Der Maler Theodor Hummel in
München hat hier (Theresienstraße 132) eine Malschnle sür
Damen eingerichtet. . lioosi

— Berlin. Professor Sch aper hat das sür den Guß
bestimmte große Denkmals-Modell für das Blücher-Denkmal in
Caub vollendet. Von den auf 60 000 M. geschätzten Kosten
sind 52000 M. bereits zur Verfügung. ftooN
 
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