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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischtea - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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206

Aunftlitteratur und vervielfältigende Kunst. — vom Kunstmarkt.

nicht erkannt. Daher war das Bild, das sie gaben, ein ver-
schobenes. Sie zeigten die Karte von Deutschland im großen
Maßstabe und die Karte Europas im kleinen. Muther giebt in
seinem neuen Werke das gleiche Maß für alle Länder und er
zeigt, daß manche Schätzung, die bisher für die richtige galt,
ungenau ist, daß mancher Strom flacher, mancher Berg kleiner
ist, als man geglaubt. Er ist frei von jenem falschen und ver-
werflichen Patriotismus, der zum Schaden der deutschen Wissen-
schaft seit einiger Zeit bei uns sein Haupt erhebt. Wer, wie er,
sine iru et stuckio mit umfassendem Fleiß und taktvoller Auswahl
die Werke der Litteratur und die Denkmäler der Kunst durchforscht,
kann nicht im Banne enger Vorurteile stehen. Die Darstellung,
die er von dem Entwickelungsgang der neuen Kunst giebt, von
den ersten Ansängern an bis auf die bewegten, vielgestaltigen
Strömungen unserer Tage bezeugt wie weit sein Blick, wie ein-
dringlich sein Verständnis ist, vor allein aber, daß er mit offenen
Sinnen und ohne theoretische Grübeleien Kunst zu erfassen im
stände ist. Das Temperament, die künstlerische Persönlichkeit
zieht ihn an, sie zu ergründen ist sein Ziel. Wie allmählig aus
dem Zwang und dem Schematismus der Schulen die Persönlich-
keiten emporsteigeu, das zu zeigen ist die Quintessenz seiner Dar-
stellung. „Von der Stilnachahmung zur eigenen Naturan-
schauung, von der Antike zum Leben, von der Abstraktion zum
Charakter, vom Typischen zum Individuellen, vom Epigonentum
zur Selbständigkeit, vom Klassizismus zur Klassizität, von den
Schulen zur Persönlichkeit —- das ist der Weg, den die moderne
Kunst in mühevollen Etappen und ruhmvollen Siegen durchlief."
Die frische, niemals ermattende Sprache des Verfassers trägt
viel dazu bei, das Interesse wach zu halten und die zahlreichen,
meist gelungenen Reproduktionen erleichtern das Verständnis er-
heblich - lEt

--- „Allgemeines historisches Porträtwerk." Neue
Ausgabe nach Zeitaltern geordnet. Eine Sammlung von über 600
Porträts der berühmtesten Personen aller Nationen von etwa 1300
bis etwa 1840, nach Auswahl von vr. W. von Seidlitz mit
biographischen Daten von De. H. A. Li er und Or. H. Till-
mann. Phototypien nach den besten gleichzeitigen Originalen.
(München, VerlagSanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals
Friedrich Bruckmann.) Vollständig in 60 Lieferungen ä 4 M.
Lieferung 1. Von dem genannten monumentalen Prachtwerk der
Münchener Verlagsbuchhandlung erscheint soeben eine neue Auf-
lage, deren erste Lieferung uns vorliegt. Diese Publikation ver-
wirklichte bekanntlich zum erstenmale den Gedanken, aus der
großen Menge der von der Vorzeit überlieferten Kunstwerke die
Bildnisse der berühmtesten Personen seit 1300 in hervorragend
guten Reproduktionen zu vereinen, und das Verlagshaus hat,
als die erste Auflage vor Jahren erschien, mit dem ebenso vor-
trefflich geleiteten oder ausgeführten Unternehmen einen durch-
schlagenden Erfolg erzielt. Die neue Auflage weist eine Änderung
auf, die die praktische Brauchbarkeit des Werkes als unerreichtes
Anschauungsmaterial für den Historiker und den Geschichts-
unterricht noch erhöhen wird. Gab die erste Auflage die Porträts
nach dem Stand des Dargestellten geordnet, Fürsten und Staats-
männer, Gelehrte und Männer der Kirche, Künstler und Dichter
u. s. w., so giebt die neue die Porträts der fünf Zeitalter, Huma-
nismus und Reformation, dreißigjähriger Krieg, Vorherrschaft
Frankreichs, franz. Revolution, Befreiungskriege. Hier haben
mir also in Wahrheit eine Geschichte der Neuzeit aus Biographien
in Wort und Bilv von denjenigen, die führende Rollen in ihnen
gespielt haben. U^rss

„Christ ist erstanden!" Eine Festgabe für das christ-
liche Haus. Zehn Darstellungen in Wort und Bild von Leiden,
Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn. Quartformat in
elegantem Einbande. (München, Verlagsanstalt für Kunst und
Wissenschaft vorm. Friedrich Bruckmann. In Prachtband 10 Mark )
Eine Ostergabe, welche die Freude eines jeden christlichen Hauses
sein wird, hat die Berlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft
vorm. Fricdr. Bruckmann in München auf den Büchermarkt just
zur rechten Zeit gebracht. Im Gegensatz zu den üblichen Gold-
schnitt-Anthologien, welche wahllos aufgenommene Gedichte welt-
lichen und religiösen Charakters mit ack lloc gezeichneten Illu-
strationen enthalten, bietet dieses neue durchaus eigenartige Werk
vornehmster Ausstattung die Perlen der christlichen Lyrik eines
Gerok, Hiller, Wessenberg, Garve, Spitta u. a. Sehr zu betonen
ist, daß die Illustrationen nicht Werke pseudo-christlicher Kunst,
bei denen nur der Titel auf eine religiöse Darstellung schließen
läßt, sondern in den zehn in vortrefflichen Phototypien aus-
geführten Blättern fast ausschließlich Meisterwerke und zwar der
wirklich christlichen Kunst eines Deger, H. Hofmann, Ittenbach,

Mücke, Delug u. a. giebt, welche das religiöse Gefühl eines jeden
Christen erbauen und erheben. Würdig und vornehm erscheint
auch der Einband, welcher in einem Halbrund Deschwandens
„Heilige Frauen am Grabe", von einem Lilienzweige um-
rahmt, zeigt.

.1. L. >V. Ein neuer Kupferstich. Als Rubens am
6. Dezember 1630 das sechzehnjährige in jeder Hinsicht liebens-
würdige Mädchen, die Helena Fourment als Weib heimführte,
war sie ihm ein Gegenstand der Verehrung, wie auch seiner Kunst,
indem er ihre zart entwickelte Schönheit als Modell für seine
Kunst benützte und sie oft als Bildnis darstellte oder bei ver-
schiedenen Kunstwerken verwertete. Ein ideales, treffliches Kunst-
werk entstand, als Rubens sein Weib zu einer Meisterin der
Tonkunst umwandelte und, wie Kugler sagt, die üppige Brabanterin
im Momente musikalischer Extase ausprägte. So vereinte sich
eine Doppelgestalt in der Darstellung, da das Bildnis der Frau
in die Darstellung einer heil. Cäcilia überging. Es war ein
Bild entstanden, das der Meister ohne Teilnahme eines Schülers
vollendete. Als reizendes Geschenk ging,das fertig gewordene Bild
in das Oiemach der Frau über, aus dem es nach dem Tode
derselben in andere Hände überging. Schließlich erwarb cs
Friedrich der Große für Sanssouci und zuletzt kam cs in das
Museum von Berlin, dessen Zierde es nun ist. Witdoeck erhielt
von Rubens die Erlaubnis, das Gemälde zu stechen, aber es hat
lange gedauert, bis eine gediegene Kunsthand das Meisterstück
des Malers in gelungener Wiedergabe ebenfalls zu einem Meister-
stück des Grabstichels übertrug. Professor G. Eilers, der schon
viele treffliche Stiche nach berühmten Meistern geschaffen hat, ist
in letzter Zeit mit voller Hingebung und Verständnis, mit Treue
und geübtestem Grabstichel an die Arbeit gegangen und hat keine
Mühe gespart, um durch Anwendung aller Arbeitsmittel den
Charakter der Malerei in allen Lagen verständig wiedcrzugeben.
Dabei ist es ihm gelungen, das sertige Werk sich als Harmonie
und im Charakter einer Malerei darzustcllen. Wenn man das
Originalbild im Museum zu Berlin kennt, so wird man den
Stich sicher bewundern und darin alle Schönheiten des Gemäldes
wiederfinden. Durch Eilers lehnt sich sein Stich lebendig an die
Malerei des Rubens an und ist zu einem Eigentum der Kunst-
welt geworden; jeder Besitzer des Blattes wird Freude darüber
haben. Man kann es aus dem Selbstverläge des Stechers in
Berlin erwerben. lieoH

— Ludwig Petzendorfer, Schriften-Atlas. Eine
Sammlung der wichtigsten Schreib- und Druckschriften aus aller
und neuer Zeit nebst Initialen, Monogrammen, Wappen,
Landesfarben und heraldischen Motiven für die praktischen Zwecke
des Kunstgewerbes. Zweite, vermehrte Auflage. Vollständig in
20 Lieferungen ä 1 M. (Stuttgart, Julius Hosfmann.) Bor
vier Jahren erschien die erste Auflage des trefflichen Werkes,
dem wir damals fast uneingeschränkt Lob gespendet und
das in verhältnismäßig kurzer Zeit vergriffen ist, ein Beweis,
wie das Lob verdient war und die Brauchbarkeit anerkannt
worden ist. Die zweite Auflage, von der sechs Lieferungen uns
heule vorliegen, weist erhebliche Vermehrungen auf und so wird
auch sie schnell Eingang in den Jnteressenten-Kreisen der Schrlst-
steller und Buchdrucker, der Vcrlagsbuchhändler, Schriftgießer,
Dekorationsmaler, Lithographen, Graveure re. finden, für die
alle es reiches Material in sich vereinigt. lisis;

Vom Kunstmsrkk.

— Berlin. Wiederum gelangt eine hervorragend schone
Gemäldesammlung unter den Hammer. Es ist dies die an be-
deutenden Gemälden holländischer Meister ganz außerordentlich
reiche Sammlung H. F. Degens van Kervendonk zu Amsterdam,
welche das Kunstnuklions-Jnstitut von Rud. Lepke im April d. I.
versteigern wird. In weiten Kreisen bekannt sind die Perlen der
Sammlung, Cuyps Gemälde der Münzmeister von Dordrecht,
siebenzehn Portiäts und das Selbstbildnis des Meisters umfassend,
des Palamedes und van de Velde gemeinsames Werk „Lagerfeuer",
ein Kolossalstillleben von Adriaen von Utrecht, eine Madonna
des A. van Dyck, die Mühle von Hobbema und ein Porträt von
Netscher; dann zahlreiche Bilder von Dow, de Waal, A. Pala-
mcdes, Dirk Maes, Jan Wijnants, Weenix, Frans Hals, Honde-
koeter, Codde, Brouwer, Neefs, Jan Vermeer von Delft, kurz
eine auserlesene Sammlung fast ausschließlich holländischer Meister.
Der illustrierte Katalog wird von Lepke gratis versandt. —
Eine Versteigerung einer gewählten Sammlung von modernen
Grabstichelblüttern in Abdrücken vor der Schrift, Remarque- und
Künstlerdrucken findet in demselben Institut am 7. April statt.
 
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