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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Preisausschreiben - Vermischtes - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0278

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Personal- und Ateliernachrichteii.

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Wird der rechts neben ihm stehende langbärtige Gottesgelahrte
nicht die Andersgläubigen auch mit Vergnügen verbrennen? Aber
auch an ächten Pfälzer Physiognomien fehlt es durchaus nicht in
der Versammlung, wie man z. B. einen ganz behaglichen,
rechts vom Rektor hinten lächeln sieht, der sich schon jetzt auf
den ihrer harrenden Frühschoppen freut. Ist es nicht klar, daß
der Kurfürst und Melanchthon immer noch die humansten unter
diesen Humanisten sind? So kann man denn wohl sagen, daß
unser Meister, indem er eine einzelne Formalität schilderte, sie
zu einem vortrefflichen Zeitbild gestaltet hat, wie es ein jedes
ächte Historiengemälde sein soll. — Da aber kann es uns sogar
eine viel lebendigere Anschauung verschaffen, als es die ge-
schriebene Geschichte jemals vermag. IigM

— Innsbruck. Auf der in diesem Jahre stattfindenden
Tiroler Landesausstellung zu Innsbruck wird Franz von
Defregger mit einem großen Historienbilde „Der Tharerwirt
Peter Sigmair von Olang" vertreten sein. Das Gemälde stellt
eine Episode ^us dem Jahre 1809, der Erhebung der Tiroler,
dar, wie der Tharerwirt sich freiwillig den Franzosen stellt, um
seinen Vater, der für ihn mit dem Leben büßen soll, vor dem
Tode zu retten. Die Ausstellung wird über hundert neue Werke
von etwa siebenzig Tiroler Künstlern enthalten. Die Vertretung
der Tiroler Künstler auf der Landesausstellung zu Innsbruck
hat Meister Mathias Schmid übernommen.

—s. Berlin. In Lesser Ury besitzt die Berliner Kunst-
welt eine Begabung, die sich, abseiten des großen Betriebes, nach
und nach zu einer reifen, modernen Persönlichkeit entfaltet hat.
Leicht wäre es diesem Talente gewesen, durch allerlei Geschicklich-
keiten und Palettenkünste seinen Namen in den Mund der Leute
zu bringen; doch ihm war immer die Kunst eine erhebende An-
gelegenheit, die ihm selbst die Not des Lebens leichter machte, —
etwas, mit dem sich nicht spaßen läßt. Ury gehört zu der ver-
schwindend geringen Zahl der Berliner Maler, die sich sehr frühe
und mit Ausdauer draußen umgethan. Er ist durch die Nieder-
lande und Belgien gezogen und hat in Paris gelebt; dann ist
er in München gewesen, auch eine italienische Reise hat ihm, über
alles Galeriestudium hinaus, reiche Motive gewährt. Diesen
Herbst hat er Holstein durchstreift, jene Gebiete, wo auch
der frische Hans Olde so gern weilt. Es ist ein Himmel-
strich, der unsere spürende Jugend wohl reizen mag: Halb
kühl, halb warm, von klarer Feuchtigkeit — in der Atmo-
sphäre viel Farbe. Und Ury hat thatsächlich in den wenigen
Monaten seines Aufenthaltes dort ein bedeutendes Talent der
atmosphärischen Malerei aus sich hervorgebracht. Die Wanderung
des Lichtes hat er vom Aufgang bis zum Niedergange der Sonne
beobachtet und in schwärmenden Pastellstudien festgehalten. Nicht
allein aus einem optisch-wissenschaftlichen Interesse heraus, sondern
in umfassendem Naturgefühle. Er lebt und schwelgt in den Farben,
die ihm die Schauspiele des Lichtes gewähren, — aber jedes neue
Lichtschauspiel ist ihm zugleich auch ein neues Schauspiel der
Landschaft. So tritt auf diesen schnellen, merkwürdigen Notizen
des Augenblickes — es sind bis jetzt etwa zwei Dutzend — die
starke Seele der Natur hervor: Zögernde Sonnen, scheue Dämme-
rungen, das bedrohliche Brüten der Mittagsstimmungen, Todes-
schweigen im Abenddunkel, die salzige Frische am morgenlichen
Meer, das Geflüster des Waldes. . Und alles dieses trägt eine
ganz Persönliche Note, die auf die regeste und individuellste Farben-
empfindung gestimmt ist. US2SI

tb. Rom. Aus römischen Ateliers wird uns geschrieben:
Benedikt Knüpfer, der große Sirenen - Maler, ist in seinem
fast unauffindbaren Atelier über den Zinnen des Palazzo di
Venezia gar fleißig bei der Arbeit. In seinem Turmverließ
dort — uni das ihn mancher Glöckner beneiden könnte — zaubert
er seine süßen Nixen, seine Meerscheusale, seine flimmernden,
schäumenden Wellen auf die Leinwand, nach der Inspiration, die
er sich von Zeit zu Zeit am nahen Strande von Porto d'Anzio
holt. Und, wie gesagt, Knüpfer ruht nicht, denn fünf bis sechs
neue, teils kaum begonnene, teils fast vollendete Gemälde stehen
dort auf der Staffelet. Da fällt uns gleich der flotte Tritonen-
kampf ins Auge, der binnen wenigen Wochen zur Ausstellung
in das Prager Rudolfinum wandern wird. Es ist eine in Ton
wie Komposition grundverschiedene Variante zu dem vom Kaiser
von Österreich angekauftem ähnlichen Werke. Auf einem Felsriffe
sitzt nachlässig mit lang über die schlanke Gestalt herabflutenden
roten Haare eine junge Nixe; träumerisch, wie selbstvergessen
schaut sie in das aufzischende Meer zu ihren Füßen, wo zwei
Tritonen schwimmend um die Gunst der Holden ringen. Der
eine der beiden Unholde ist bereits übel daran, denn die Faust
des andern umklammert seinen Hals und die Kräfte scheinen ihn

zu verlassen. Trotzdem kommt aus dem kalten Gesichtchen der
Umkämpften kein Gefühl des Mitleids zum Ausdruck. Welcher
von beiden auch obsiegen wird, die kleine Nixe kümmert es offenbar
sehr wenig, vorausgesetzt, daß überhaupt einer von ihnen übrig
bleibt! Eine wunderbare, ächt Knüpferisch kühne Skizze zeigt
„Wind und Welle". Durch die wildaufspritzenden Wogen dahin
schießt, auf den Rücken liegend, ein schönes junges Weib — die
Welle; die lustig Lachende umschlingt, von oben über sie dahin-
sausend, ein geflügelter Jüngling — der Wind, lieber beiden
schlagen die Wellen zusammen, flattern kreischend die Möven dahin.
Auf einer andern Skizze sehen wir eine am Ufer träumende, uns
den Rücken zukehrende junge Sirene mit grünem Fischschwanz;
ein Idyll aus der Nixenmelt! Endlich zwei Marinen ohne Fi-
guren, die — irre ich nicht — für Chicago bestimmt sind.
Vielleicht hätten den braven Uankees ein paar Nixen mehr im-
poniert, als Meeresstimmungen, auf denen die Sonne nicht in
Gestalt eines Dollarstücks untergeht. — Das Atelier des im
Sommer in Olevano verstorbenen Otto Brandt ist nun gänzlich
verwaist und geschlossen und doch enthält es an die dreißig fertige
Bilder, die zum Teile zu den besten Arbeiten des trefflichen Genre-
malers gehören. Vergebens frägt man sich, weshalb die Erben
Brandts nicht den zahlreichen Freunden des Verstorbeoen Gelegen-
heit geben, die reizenden Gouachebildchen zu aquirieren? Wie
viele kunstliebende Private und auch Galeriedirektoren würden
nicht mit Freuden ihre Sammlungen aus dem Nachlaß des alten
Brandt bereichern! Inzwischen gehen die römischen Freunde des
Toten, namentlich die Professoren Kopf und Gerhard, damit um,
auf dem Friedhofe von Olevano, wo Brandt begraben liegt, ein
einfaches Denkmal zu errichten. Das Denkmal wird sich unweit
des seinerzeit vom deutschen Reiche gekauften herrlichen Eichen-
waldes von Serpentara erheben, der so viele unsrer deutschen Land-
schafter seit Reinhart, Koch und Preller inspiriert hat. Nur wäre
zu empfehlen, daß die Aufsicht über das Brandtdenkmal nicht in
dieselben Hände gelegt werde, wie die über den deutschen Serpen-
tara-Wald, dessen von einem bestimmten Fonds dotierte Ver-
waltung, wie es heißt, von Capri aus geleitet wird. Warum
nicht lieber gleich von Sizilien oder Tunis aus? U816I

6. Berlin. Die Landes-Kommission zur Beratung über
die Verwendung der Fonds für Kunstzwecke in den preußischen
Staaten hat sich durch Berufung des Kultusministeriums von
Neuem konstituiert. Ihr gehören z. Z. 16 Mitglieder an, von
denen neun Maler, zwei Bildhauer, zwei Architekten, ein Graphiker
und zwei Nichtkünstler sind. Diese beiden letzteren sind der Kunst-
gelehrte und Direktor der königlichen Nationalgalerie, Geheime
Ober-Regierungsrat Or. Jordan und der kaiserliche Botschafter
z. D., wirkliche geheimer Rat von Keudell, Exzellenz. Dieder
Kommission angehörenden Künstler sind s) Maler: Präsident der
Akademie der Wnste, Professor Carl Becker-Berlin, Louis Bokcl-
mann und Professor Eduard von Gebhardt-Düsseldorf, Professor
Fr Geselschap-Berlin, Professor Peter Janssen-Düsseldorf, Pro-
fessor O. Krittle, Paul Meyerheim-Berlin, Professor Max Schmidt-
Königsberg und Professor Anton von Werner, Direktor der aka-
demischen Hochschule für die bildenden Künste Hierselbst, b) die
Bildhauer Professoren Fritz Schaper und I)r. R. Siemering-
Berlin, c) die Architekten: Geheimer Regierungsrat und Vorsteher
eines akademischen Meisterateliers, Professor H. Ende und Baurat
Schwechten-Berlin, endlich der Graphiker: Professor KöPPing
Hierselbst. Die Hauptthätigkeit der Kommission liegt in der Beur-
teilung derjenigen Werke, welche zum Ankauf jür die National-
galerie in Vorschlag gebracht werden, und in der Begutachtung
von Kunstwerken, welche mit Unterstützung aus staatlichen
Mitteln hergestellt werden.

— München. Der in München sehr geschätzte Porträt-
maler Kurt Hermann, dessen breit gemalte, außerordentlich
charakteristische Porträts auf den Münchener Jahresaus-
stellungen berechtigtes Aussehen erregten, und der in letzter Zeit
häufig in Berlin weilte, um dort Porträt-Aufträge auszusühren,
wird, wie wir hören, in diesen Tagen München verlassen, um
in Berlin dauernden Wohnsitz zu nehmen. Mit ihm verliert
die jüngere Münchener Künstlerschaft und besonders die unter
dem Namen der „Sezession" bekannte Bewegung eine ihrer
tüchtigsten Kräfte, zu deren Erwerb man der Berliner Kunst
nur gratulieren kann. Kurt Hermann wird dem Vernehmen
nach in Berlin auch eine Malschule für Damen einrichten.

K. Berlin. Der Bildhauer Emil Hundrieser, Char-
lottenburg, hat, wie verlautet, auf den Antrag der Kunstakademie
den „Professor-Titel" erhalten.

c? Breslau. Das dem schlesischen Museum gehörige Bild-
nis des Kaisers Friedrich von H. v. Angeli wird gegenwärtig

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