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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Hann, Pauline: New-Yorker Kunstbericht: (Frühjahrsausstellung in der Akademie, Leihausstellung im Fine Arts Building)
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0330

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260


MM-Uorker Aunstbertcht.

(Frühjahrsausstellung in der Akademie, Leihausstellung im llme Lrts LailäiaA.)

Von p. Dann.

ehrreich ist es zu betrachten, wie die fortschrittliche
Richtung in der Malerei, Freilicht und Impression,
selbst in der konservativen, von den Himmelsstürmern
als zopfig bezeichnten Akademie mit jedem Jahre mehr
Raum gewinnt. Tie diesjährige Aprilausstellung steht
entschieden unter dem Zeichen der Impressionisten. Der

Preis für das beste Figurenbild wurde einem Gemälde
zu teil, vor welchem sich die Herren von der Akademie
noch vor nicht langer Zeit vermutlich bekreuzt hätten,
den „Sirenen" von Curran: Felsen, Meer und Luft in
seltsam opalfarbenen Tönen, die herannahenden Segel in
bläulichem Dunsthauch verschwimmend, und die Gestalten
der Sirenen, die auf den Felsen verstreut — mich will
bedünken allzuweit auseinander verstreut — stehen, in der
schweren, dunstigen Atmosphäre nur schwach Umrissen,
förmlich mit der Luft verfließend. Von allen Wänden
blicken Studien von Lichteffekten auf den Beschauer herab,
Feuer, Lampenlicht und Sonne streiten um die Herr-

schaft auf der Leinwand. Einer der Sieger ist ein Neu-
ling in der Akademie, oder doch ein Künstler, den erst
die Frühlingsausstellung aus dem Meer der Ungenannten
emportrug, Caliga aus Boston. Er brachte außer einigen
trefflichen Studienköpfen eine Frauengestalt vor dem
Kamin, vom Feuer bestrahlt und mit virtuoser Behand-
lung der Flammenreflexe auf Händen, Ge-
sicht und dem lichtblauen Atlaskleide. Der
jüngere Jnneß erschien mit einem ganzen
Hexensabbath von übrigens gut wiederge-
gebenen Beleuchtungen, ein abziehender Ge-
witterschauer, Regenbogen, durchbrechender
Sonnenschein über einem weiten steinigen
Felde mit Schafen, und einer alten Farmers-
frau, die ihrem gebückten Manne einen offen-
bar willkommenen Brief vorliest, „Nachricht
von dem Jungen". Das Bild streift eine
sich in Neu-England täglich abspielende
Tragödie, die kräftigen Söhne suchen ihr
Glück auf den unbebauten Prairieen des
fernen Westens und überlassen den gebrech-
lichen Alten die Sorge um die heimatliche
Scholle. Ein großes Bild aus dem südlichen
Mexiko von Howard Butler, Landleute
einen Fluß kreuzend, ist bemerkenswert durch
die geschickte Behandlung der Sonnenstrahlen
auf den weißen Gebäuden der Ortschaft.
Als Freilichtbild steht „Ameya", der japa-
nische Zuckerbäcker, am höchsten unter den
Ausstellungsgemälden. Es ist eine japanische
Straßenszene voll Glanz, Sonnenleuchten,
keckem Zugreifen und Humor. Die begehr-
lichen schlitzäugigen Kindergesichter sind köst-
lich charakterisiert. Der Maler, der es ver-
dient, im Gedächtnis behalten zu werden, ist
Robert Blum. Japanische Sittenschilde-
rungen sind schon seit Jahren für den
amerikanischen Maler ein ergiebiges und oft
abgepflügtes Feld, aber die zwei andern
japanischen Bilder dieser Ausstellung von
Weldon, in der säubern, gewissenhaften
Manier der alten Schule gemalt, das eine
einen Koch, den letzten Funken im Herd zur
Flamme anfachend, das andere ein vornehmes
Kind mit Wärterin und Gärtner in einem
Chrysanthemumgarten darstellend, können nicht mit Blums
Zuckerbäcker verglichen werden.

Der Präsident der Akademie, Trood, stellt drei
Sittenbilder aus, alle voll guter Laune, trefflich gemalt,
solid in Farbe und Ausführung. Das Beste darunter
ist ein Dilettant, der bei Lampenlicht Violine spielt und
eine schwierige Passage nicht bemeistern kann. Brown,
der unermüdliche Maler der New-Iorker Straßenjungen,
hat diesmal zwei kleine Stiefelputzer und zwischen ihnen
einen magern ruppigen Köter ausgestellt und „Eine Rose
zwischen zwei Dornen" benannt. Das Bild ist so rein-
lich und zweifelsohne gemalt, daß eine holländische Haus-

Wesir in der Bretagne, von Walter Gay.
 
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