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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Schulze, Otto: Plauderei über weibliche Handarbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0364

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Die Kunst im Hause.

287

Sxihenmuflrr

Doch auch unsre Zeit hat ihre eigenen
Muster- und Modelbücher, und zwei der
besten sind mir soeben beim Schreiben dieser
Zeilen auf den Arbeitstisch gelegt worden,
vr. A. Stuhlmanns Muster für Holbein-
stickerei — doppelseitiger Kästchenstich — sind
im Verlage von W. Spemann, Stuttgart
und Berlin, in tadelloser Ausführung auf
75 Tafeln mit 207 Mustern und Text mit
104 Figuren in Quartausgabe erschienen.
In den klaren Linien und Figuren, durchaus
der einfachen Stichtechnik zusagend, und in
der Wahl der Muster, die bei der dünnen
Fadenwirkung über bescheidene Größenver-
hältnisse nicht hinausgehen dürfen, hat der
Verfasser eine stilsichere Mäßigkeit walten


Muster für Seidenstickerei, Leinrnstickrrei, auch Axplikakion

vom Jahre 1601. Herausgegeben von Dr. Georgens.

(Neu aufgelegt von L. lvasmuth in Berlin, Preis 12 Mk.)

lassen. Wir sind ihm für diese Gabe Tank
schuldig, denn in dem Zusammenstellen und
Verändern gegebener schlichter Einheiten ist
für Schule und Haus ein Lehrgang in
diesem Modelbuch von fühlbar pädagogischen
und künstlerischen Wert geboten, berufen:
Lehrerinnen und den handarbc tenden Mäd-
chen neue Freude für das Musterzeichnen
zu wecken. — Louise Schinnerer, Lehrerin
an der k. k. Fachschule für Kunststickerei in
Wien ließ im Verlage der deutschen Ver-
lagsanstalt — Stuttgart, Leipzig, Berlin,
Wien — ein vornehm ausgestatteles Merk-
chen in 8° erscheinen: Lehrgänge für Weiß-
stickerei und Knüpfarbeit nebst einem An-
hang stilvoller Handarbeiten, dessen zahlreiche
gute Abbildungen von einem anregenden,
unterweisenden Text begleitet sind. Die
Weißstickerei und Knüpfarbeit — Macrame

— ist gegen die farbigen Stickereien etwas
in den Hintergrund gedrängt worden; hoffen
wir, daß das fachkundig und liebevoll durch-
geführte Merkchen in Damenkreisen zugunsten
der guten Sache neue Anhängerinnen werben
ivird.

Aber weit über die
eigentliche Zweckbe-
stimmung zur Aus-
übung einer einzelnen
Technik hinausgehend,
bieten sich dem denken-
den Kopf und dem
findigen Köpfchen un-
zählige Möglichkeiten,
die reiche Örnament-
sprache der Kreuzstich
und Spitzenmuster oder
in Typen gesetzte Mu-
ster — also auf Pa-
tronenpapier gezeichnet

— für die Häkelnadel
zu übersetzen. Die geo-
metrischen Linienspiele

der Reticella- und
Durchbruchmuster
lassen sich auch für das
Filetstricken — ge-
nähte Guipure — für
Filet - Guipure, Ma-
crame — Knüpfarbeit
über Nadeln —, Frivolitäten — Knüpf-
arbeit mit Schiffchen Mer die Finger —,
wie auch für die Hükel-
technik ummodeln
und geben so ganz
neue eigenartige Mu-
sterbildungen, bedingt
durch die jeweilige
Technik. Auch für das
Kostüm lassen sich zu-
sagende Passementerien
daraus ableiten.

Nun noch etwas
über eine große Schat-
tenseite, die den mei-
sten der vorstehend auf-
gezählten Arbeiten an-
hastet, nämlich: das
Anfängen und Nicht-
beenden. Gerade diese
duftigen Faden-
arbeiten unterliegen
grausamen Quälereien
in der über sie ver-
hängten „Ewigkeit".
Ueberall werden sie im
Arbeitskörbchen mitge-
schleppt, um bei Kaffee-
visiten, auch wohl bei

Kaffee- und Bierkonzerten, Anstandsdame
für das rechtzeitige Niederschlagen der
Augen zu bilden. Die wandelbare Laune
zupft und zerrt daran; zerknittert, grau
und schmutzig durch monatelange Minnten-
arbeit führen diese Meterspitzen, Einsätze,
Passen und Parterregardinchen ein elend
verlängertes und verwickeltes Dasein. Oh,
wenn diese Arbeiten mal erzählen sollten —

Uleine Einstellungen.

— Dresden. Die k. Kunstgewerbeschule zu
Dresden veranstaltet in der Zeit vom 16. Juli bis
zum 13. August eine Ausstellung von Mustern sür
Textil-Jndustrie, Tapeten und Vorsatzpapiere in
Buntdruck. Tie Anmeldung hat bis zum I. Juni,
die Einsendung bis zum 15. Juni zu erfolgen. Von
der Staatsregierung sind silberne und bronzene
Medaillen gestiftet worden, ferner gelangen Ehren-
diplome sowie in Geld und Fachwerken bestehende
Prämien zur Vergebung.

— Halle a. S. Das im Heft 10 bekannt ge-
gebene Preisausschreiben des Herrn Verlagsbuch-
händlers Wilh. Knapp: Kneipzimmerentwürfe. wozu
30 Arbeiten einliefen, hat folgendes Ergebnis ge-
zeitigt. Architekt Rich. Dorschfeldt-Magdeburg den

Wüster

dem „Musterbuch
(Neu aufgelegt

für Spitzen und Schnürungen

1. Preis M. 120; Architekt Ad. Bäume-Kopenhagen
und Architekt Karl Müller-Berlin je einen Preis von
75 M., einige weitere geeignete Arbeiten sind von
der Firma angekauft worden.

Titterslur.

Graes M. Architekt. — Der dekorative Holzbau
(Renaissance und Modern) in seinen Einzelheiten ui.d
kleinen Baulichkeiten für Zimmerer, Bautischler und
Baubeflipene: 36 Fol. Tafeln mit erklärendem Texte,
Weimar 1893, Bernh. Friedr. Voigt. M. 9.— Wieder
eine neue Gabe in dem billigen, brauchbaren Ge-
wände aus dem unermüdlichen Verlage von Voigt-
Weimar, der nun fast seit einem Jahrhundert Hand-
werkern und Künstlsrn Lehrstoff und Vorlagenmaterial
in reichster Fülle darbietet. Der Name Graes ist
mit der Verlagsfirma fast verwaisen, Vater und Sohn
geben ihr Bestes aus dem Bereich ihres Schaffens,
und auch die vorliegenden 36 tafeln zeigen uns ganz
den Arbeitsstoff, wie er dem Wissen nnd Können des
einfachen Handwerkers am praklischsten zusagt. Es
ist viel Gutes in diesen tektonischen Zeichnungen,
wenn auch eine Grnppe der Stützen, Säulen und Ge-
bälke nicht ganz dem Holzcharakter gerecht wird,
weil sie zu sehr an das Steinornament anlehnt, manche
Zierraten auch in das Gebiet dev Möbeltischlerei
hinüb er greifen. Sehr beachtenswerte, sogen. Zimmer-
mannsarbeiten weisen die Tafeln 4. 6, 7. 9, 11, 13,
26—28, 30, 31 und 34 auf. Das Werk ist eigentlich
vielseitiger als der Titel verspricht. Der Handwerker
wird manchen Vorwurf direkt verwerten können, und
hierdurch wird es am sichersten seinen Weg als Führer
und Berater in viele Werkstätten finden, nochzumal
der Preis für das ergiebig umfangreiche Werk ein be-
scheidener ist. O. 3.
 
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