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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Feldmann, Siegmund: Die Pariser Salons, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0374

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von Siegln, Feld manu.

2YL

Ausländer zu erwähnen — sicherer gelingen als beffpiels-MUKaiserin Eudoxia ini
weise Paul Meyerheim, dessen Löwe Heuer ein ^grünen Klee gelobt
Parapluie frißt. Der Saaldiener ist schon halb tot vor
Lachen. Mit derartigen Späßen sollte man sich in Paris,
wo man über den guten Ruf der deutschen Kunst doppelt
ängstlich wachen muß, nicht aufspielen. Hingegen macht
Poch walski aus Wien mit zwei allgemein bewunderten
Porträts seinem Vaterlande große Ehre. Namentlich
sein Herr Burzinski ist ein Meisterstück. In diesem
Bildnisse schlägt das Typische durch das Persönliche so
mächtig hervor, daß wir dem Manne sein Sarmatentum
vom Gesichte herablesen würden, selbst wenn wir ihn zu-
fällig im Orinoko badend anträfen. Von den spärlichen
Italienern ist Tito Lessi mit besonderer Anerkennung
zu nennen. Sein „Besuch Miltons bei Galiläi" ragt
über die meisten seiner frühern Arbeiten sowie über die
landläufigen Tifteleien mit dem Haarpinsel durch Breite,

Empfindung und edles Lichterspiel turmhoch hinaus. Das
ist nicht nur eine Feinmalerei, sondern eine feine Malerei
und mir so lieb wie mancher Meissonier.

Der Name Meissoniers ruft mich wieder zu den
Franzosen zurück. Aber wie ich es auch anstelle, ich er-
reiche cs nicht, einige Durchblicke in diesen Wald von
Bildern zu hauen, von den Skulpturen ganz zu schweigen,
die noch immer der Lichtpunkt der Ausstellung sind und
bei denen ich am liebsten gemächlich verweilen wollte.

Seit der Spaltung in der Pariser Künstlerschaft prägt
sich, im Gegensatz zum Salon auf dem Marsfelde, der
Charakter des Salons im Jndustriepalast immer deutlicher
aus. Er ist der Sammelplatz einiger abgelagerter Be-
rühmtheiten und sehr vieler namenloser Mittelmäßigkeiten,

Über die letzteren ist noch nichts, über die elfteren nichts
mehr zu sagen. Denn
daß Bonnat in das Por-
trät seiner Mutter nicht
nur seine Kunst, sondern
auch sein Herz hineinge-
legt und ein Werk von
schönster Intimität ge-
schaffen; daß Henner eine
Nymphe von weißem
Fleisch und goldenem
Haar, Frankens und
Harpignies einige herr-
liche Landschaften ausge-
stellt haben, wird Sie
kaum wundernehmen. Von
den andern Oberbonzen
sind diesesmal Vollon, Ge-
rome, Merson, Maiguan
und Detaille ausgeblie-
bcn, Aime-Morot und
Cormon mit kleinen
Schlachtenbildern, Jules
Lefebvremit zwei sehens-
werten, uninteressant ge-
malten, aber verblüffend
gezeichneten Porträts und
Jean-Paul Laurens
mit zwei Historien er-

mit dem Kirchenbann", über den
wird. Ich kann in dieses Lob
nicht mit einstimmen. Laurens hat sich in der Figur
seines Helden gänzlich vergriffen, Johannes Chrysostomos,
der nach den Vorschriften Ciceros von Libanius heran-
gebildete Prediger, war ein weltgewandter Abbe der ost-
römischen Regence und dürste kaum wie ein toller Affe
auf seiner Kanzel herumgesprungen sein. Bouguereau
hat wieder ein „Liebesopfer" von seiner Chromowalze
abgezogen (echter Goldrahmen, der Käufer erhält einen
Kolporlageroman als Gratisprämie) und Luminais einen
Haufen „Verzweifelte Amazonen" beigesteuert. Sie sind
verzweifAt, weil Luminais sie gemalt hat. Benjamin
Constant ist mit zwei Porträts vertreten, von denen
das eine, Lady Vincent, ganz dekorativ behandelt ist und
die Dame barfuß auf einem Throne, eine Statuette der
Minerva haltend, zeigt. Das erinnert an die Clara
Siddon von Josua Reynolds, von dem man immerhin
etwas lernen darf.

Schließlich sei festgestellt, daß die Kriegs-, Gloire- und
Revanchemalerei nach wie vor üppig gedeiht und daß das
Nackte diesesmal — noch nackter ist. In der großen
Anzahl mehr oder minder geschickt verwerteter Akte fallen
jedoch nur die Bilder von Franc-Lamy, Bellanger.
Collin, Maillart und Henry Royer angenehm auf.
Eine andre nackte „Maschine" von großem Umfang und
mit vielen Figuren, Calbets „Musik", ist für das Kasino
eines Seebades an der Westküste bestimmt. Das schadet
nichts, ich gehe im Sommer nach Tirol.

(Der II, Artikel in dem nächsten Hefte,)

schienen, von denen eine:
„Der hl. Johann-Chry-
sostomos bedroht die

Lirbrsopser. von lv, A, Bouguereau,

Salon der Lhamps-Ll^sees in Paris 1893.
 
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