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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Barth, Hans: Die Nationale Kunst-Ausstellung in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0413

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Von Vr. Hans Barth.

Erlebnisse eines liebedürstenden alten Herrn aus der
Rokokozeit, der sich bei einem niedlichen Zöschen soeben
eine schallende Abfertigung geholt hat, von Frangia-
more; die kegelnden, beziehungsweise bocciaspielenden
Süd-Tiroler Pfäfflein vor einer mit dem Riesenbildnis
eines krumbeinigen Christoforus geschmückten Kapelle, von
Gilardi. Höchst drollig wirkt die Tragödie vom Hühner-
hofe, „des Küchleins Tod", von Nono — um das eben
gestorbene Tierchen sammelt sich die Schar der übrigen
Küchlein mit furchtsamen Staunen, das geradezu etwas
Menschliches an sich hat.

Vergessen wir endlich nicht eine anmutige Dame
im Empirekostüm vor dem Spiegel, von Giuseppina
Vannutelli, ferner Joris' immer trefflich charakteri-
sierte Szenen aus dem italienischen Volksleben (Barbier
und Melonenverkäufer), Jrollis etwas allzubunte und
theatralische, aber flott gezeichnete sizilianische Wirts-
haus-Szene (»Cavalleria rusticanar), Ferragutis
soziales Riesenbild arbeitender Taglöhner und Capriles
vom Reisigtragen ausruhendes Mädchen, das die goldene
Medaille erhalten hat. Unseren ersten Preis erkennen
wir übrigens weit mehr dem „Gewissen" Cesare
Laurentis zu, das trotz der großen Einfachheit des
Stoffes auf jedermann (nur nicht auf die hochweise Jury)
einen tiefen Eindruck macht. Im Scheine einer düster
flackernden Laterne an irgend einer menschenleeren Seiten-
gasse steht in einen Pelzmantel gehüllt eine Dame, eine
elegante, stattliche Erscheinung; neben ihr und dringend
auf sie einredend ein Herr, der die behandschuhte Rechte
der schönen Frau gefaßt hat. In dem vom Gaslicht
beleuchteten Gesicht der noch immer Widerstrebenden
kommt der ganze Seelenkampf zum Ausdruck, den sie in
diesem entscheidenden Augenblick durchkämpft. Ein Werk,
von nicht nur hoher künstlerischer, sondern auch Psycho-
logischer Bedeutung. — Unserem Prinzip getreu erzählen
wir dem Leser auch von einer mit der goldenen Medaille
ausgezeichneten Sudelei Brancaccios, der durch ein
planloses Gemengsel schmutziger Kleckse den Fischmarkt
von Neapel darstellen will; von einem gleichfalls prämi-
ierten, acht waschblaueu Strand von Massaua von C a m-
marano und endlich — kulturhistorisches Unikum! —
von einem zu Leder eingeschrumpften, splitternackten
Heiligen Faustinis, der.die Zeitung, vermut-

lich den damaligen »blonlteur cke Borne«, studiert.

Im Porträt sind hervorzuheben ein trefflich darge-
stellter Kardinal Jose Benll iures, ein treues Bildnis
Jakob Moleschotts von Helene Richter und drei gute
Pastelle (Damenprofile) von Boccardo. Noch mehr
interessieren uns indessen die Porträts eines Herrn und
einer jungen römischen Dame, scharfe Kohlenzcichnungen
des genialen Emil Fuchs und die entzückenden Pariser
Federskizzen (Damen und Kinder) von Traversari.
Erwähnen wir noch einen graziösen Fächer mit Thee-
rofen und Flieder (Tempera) von Nina Galli, einige
Blumenstücke von Hermine von Preuschen und Maria
Bödtker, sowie die eines Zeuxis würdigen, saftigen
Trauben von Luigi Monteverde, so ist unsere Schil-
derung der hauptsächlichsten Gemälde erschöpft.

Über die Skulptur nur wenige Worte. Einmal
ist unser Raum aufs äußerste beschränkt und zum andern

stehen die 193 hier ausgestellten Nummern im allge-
meinen nicht auf der Höhe der Gemälde. Neben einigen
guten Porträts, beziehungsweise Büsten, von Genua,
Dies, Gehrt, Cauer, Seeböck, Kopf, Emil Fuchs
verdienen noch Erwähnung: Monteverdes Tod, der
ein junges üppiges Weib, das Leben, umkrallt — eine
drastisch wirkende Gruppe; ferner Buemis verstoßener

Bildnis. Von Harry Finney.

Salon der Lhamps Ll^sees in Paris 4893.

Engel, der im ohnmächtigen Zorne die Faust nach oben
ballt; Ercole Rosas jagende Bacchantin, Cencettis
entzückende „Unschuld". In übermäßiger, weit mehr für
eine Kun st gew erbe-Ausstellung passender Weise thut
sich endlich die leichte Ware der Bronzcstatuelten und
Nippes hervor, die freilich nicht dazu beitragen, uns mit
dem verhältnismäßigen Mangel an skulpturischen Werken
auszusöhnen, der die Nationale Kunstausstellung kenn-
zeichnet.
 
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