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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Die Münchener Künstlerhefte im Sommer 1893
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0415

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Die Münchener Aiinstlerfeste.

329

Das Schiff der Rvsenkönigin. Rünstlersest zu Feldafing.

Aufnahme von ). Seil ing in München.

pold mit den üblichen drei Hainmerschlägen dem Stein
die Weihe gab.

Der Abend des 3. Juli vereinte die Künstlerge-
nossenschaft und etwa fünfzehnhundert Festgäste in den
mächtigen, reich geschmückten Räumen des Salvator-
kellers, wo Musik, Deklamation, dramatische Vorführ-
ungen und Tanz den Abend ausfüllten. Der Hinter-
grund des Saales war in einen phantastischen uralten,
von Waldwildnis durchwuchcrten Keller verwandelt, in
welchem Waldgeister und Kunstmusen ein spukhaftes
Spiel trieben, welchem das Münchener Kindl, von den
Repräsentantinnen der bildenden Künste zum Feste ge-
laden, ein Ende schuf, indem es die Künste ansprach:
Von allem was mein eigen
Gabt ihr das Beste mir,

Ich will euch schützen und ehren;

Ihr seid mein Stolz und Zier!

Hier heißt es: Treue um Treue,

Hier heißt es: Gunst um Gunst!
vereint sei stets zum Besten
München und seine Kunst!

Fröhlichsten Beifall erntete eine von Hosmusiker
Meuter komponirte musikalische Scene, welche im Laufe
des Abends vorgeführt ward und das Eindringen des
Humors in eine mittelalterliche Stadtratssitzung schilderte,
gewürzt mit launigen Anspielungen auf künstlerische und
städtische Tagesfragen. Bis lange nach Mitternacht
hielten die Gäste in den tannendurchdufteten Räumen
aus, in welchen sogar eine kleine Kunstausstellung etab-

liert war, deren einzelne Stücke während des Abends zur
Verlosung gelangten.

Den zweiten Festtag eröffnetc die Enthüllung des
Schwind-Dcnkmals. Jahrzehnte sind verflossen, seit
Moriz von Schwind seinen zauberkräftigen Stift aus
der Haud fallen ließ, jenen Stift, der deutsches Märchen
und deutsche Sage zu verkörpern verstand, wie es vor
und nach Schwind nimmer geschehen. Jetzt endlich
konnte die Stadt München, wo der Meister gelebt und
geschaffen hatte, sein Denkmal erstehen sehen. Auf der
nördlichsten der Isar-Inseln hat es seinen Platz gefunden;
auf einem reizenden stillen Landsitze, überragt von
rauschenden Baumkronen, umduftet von Blüten. Und
die Jsarwellen, die rastlos vorübergleitcn, murmeln dem
unvergeßlichen Toten ihre Grüße.

Der letzte und glänzendste Teil der Festlichkeiten
entfaltete sich bei dem Ausfluge nach Feldafing. Jene
Terrasse zwischen Feldafing und der Roseninsel, wo einst
König Maximilian II. sein Prachtschloß zu erbauen ge-
dachte, war zum Festplatz gerichtet, aus Waldbäumen
Zelte, Tribünen, Tanzboden hergestellt, eine flüchtige
grüne wimpelumwehte Stadt gebaut. Mächtige Wagen-
züge brachten von Mittag an tausende und abertausende
von Teilnehmern nach diesem einzig schönen Orte, den
wirklich die Natur zum Festplatz schuf. Im reichsten
Sonnenglanze, von sanftem Ostwinde gekühlt, lag der
blaue See und über ihm in schleierhafter Schönheit das
Gebirge. Dazu rauschende Musik und tausende von
festlich geschmückten Menschen — die ganze elegante
Well von München.

Gegen vier Uhr nachmittags landete die Galeere,
welche den Regenten trug, an der improvisierten Landungs-
brücke; elastischen Schrittes stieg der hohe Herr, umbraust
von den Klängen der Volkshymne, den von goldenen
Viktorien gesäumten Weg hinauf zur Hoftribüne. Kaum
hatten die Hochrufe geendet, so verkündeten Trompeten-
fanfaren den Beginn des Festes. Erwartungsvoll spähte
die tausendköpfige Menge in den See hinaus. Und nun
bog hinter einem Landvorsprunge langsam heransteuernd,
ein märchenhaftes phantastisches Bild in den Gesichts-
kreis: ein zerklüftetes schwimmendes Felseneiland, mit
gigantischen Korallenästen und Seesternen geschmückt,
umlagert von Nymphen, Nereiden, Tritonen und sonstigem
Wasservolk. Gezogen ward dieses barocke Gebilde
von einem riesigen Seeungeheuer. Auf dem Gipfel des
schwimmenden Felseneilands aber stand der Seegeist, in

Der Einzug Waldmeisters. Rüuftlerfest zu Feldafing.

Di- Sonst für Alle VIII. §2
 
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